Schutz vor Coronavirus Ewige Frage nach Schutzmasken – was gilt denn jetzt eigentlich?

Von Julia Käser

31.3.2020

Während in österreichischen Supermärkten neu Maskenpflicht herrscht, zweifelt der Bund an der Wirksamkeit dieser Massnahme. In der Wissenschaft ist man sich uneinig – und die SVP bringt Forderungen an.  

Es gibt keine Frage, die Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) in den letzten Wochen häufiger beantworten musste als jene nach den Atemschutzmasken. Vermögen sie Ansteckungen mit dem Coronavirus nun vorzubeugen oder nicht?

Kochs Standpunkt ist klar. Entsprechend sagte er an einer Medienkonferenz vom Dienstag: «Eine Schutzmaskenpflicht löst das Problem nicht, das kann ich Ihnen sagen.» Anders sieht das der österreichische Kanzler Sebastian Kurz. In unserem Nachbarstaat gilt seit Kurzem eine Maskenpflicht in Supermärkten. Einkaufen darf die Bevölkerung nur noch mit Mund- und Nasen-Schutz.

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Nicht so in der Schweiz: Personen mit Masken sieht man beim «Poschte» nur vereinzelt. Doch der österreichische Entscheid hat die Frage nach einer Maskenpflicht hierzulande weiter beflügelt. Auch dass erste Engpässe und Importschwierigkeiten beseitigt wurden, scheint einen Einfluss auf die Debatte zu haben. 

In der Politik werden denn auch erste Stimmen laut, die eine Maskenpflicht zumindest teilweise für sinnvoll halten. Die SVP fordert nun gar überall dort eine allgemeine Tragpflicht von Schutzmasken, wo es zu Kontakt zwischen Menschen kommt. Die entscheidende Frage bleibt: Vorausgesetzt, es gäbe bald genug Masken für alle – was würden sie helfen?

Maske zum Fremdschutz geeignet – nicht zum Eigenschutz

Die Expertinnen und Experten geben sich uneins. Christian Drosten, renommierter Virologe der Berliner Charité, verweist im «NDR»-Corona-Podcast darauf, dass es in der wissenschaftlichen Literatur keine bis kaum Beweise dafür gebe, dass das Tragen einer herkömmlichen Maske dem Eigenschutz diene.



Anders sehe es – und da scheint man sich in der Wissenschaft einig –, beim Fremdschutz aus. Laut Drosten lässt sich das wie folgt erklären: Niest eine Person, gelangen unzählige kleinste Tröpfchen in die Luft – sogenannte Aerosole. Trägt sie eine Maske, fängt ebendiese die grösseren Tröpfchen erfolgreich auf. Die feineren Aerosole jedoch entwischen trotz Schutz vor Nase und Mund.

Nun sind diese herumfliegenden Tröpfchen gemäss Virologe Drosten derart fein, dass sie von sich in der Nähe befindenden Personen seitlich durch eine Maske eingeatmet werden können.

An dieser Stelle schliesst sich der Kreis: Herkömmliche Atemschutzmasken reichen nicht aus, um das Einatmen von feinsten Aerosolen zu verhindern – und sind gemäss dieser Erklärung zum Eigenschutz vor einer Ansteckung kaum geeignet.

Weniger Berührungen im Gesicht durch Schutzmasken 

Marcel Salathé, Epidemiologe der ETH Lausanne, widerspricht Koch und Drosten. Gegenüber der «NZZ» gibt er an, er erwarte, dass das Tragen von Schutzmasken in naher Zukunft auch hier vermehrt zum Alltag gehören werde. Laut Salathé ist aus wissenschaftlicher Sicht im Grunde genommen klar, dass dies das Virus bremsen könne. 

Zwar dürfe man nicht erwarten, dass eine herkömmliche OP-Maske einen perfekten Schutz biete, aber: «Allein die Tatsache, dass ich mir weniger an Mund und Nase fasse, wenn ich eine Maske trage, verringert das Ansteckungsrisiko», so der Epidemiologe. 

Dem wiederum stehen Argumente von BAG-Experte Koch gegenüber, mit denen er im Nachrichtenmagazin «10vor10» begründete, wieso die Schweiz Schutzmasken nur für Erkrankte und Gesundheitspersonal empfiehlt.



Trage man eine Maske, so Koch, habe man das Gefühl, besser geschützt zu sein. Das aber veranlasse gewisse Personen wahrscheinlich dazu, andere Vorsichtsmassnahmen weniger strikt einzuhalten. Etwa, dass man sich die Hände seltener wasche, oder Distanzen nicht eingehalten würden. «Das Distanzhalten ist aber nach wie vor der bessere Schutz.»

Chinesischer Forscher bezeichnet Masken-Verzicht als falsch

Und wie sieht es im internationalen Umfeld mit offiziellen Empfehlungen aus? Schliesslich ist das Maskentragen gerade in China, wo das Coronavirus erstmals auftrat, weit verbreitet. Nicht vergessen sollte man hierbei jedoch, dass das Tragen einer Maske im asiatischen Raum auch während der saisonalen Grippe-Zeit geläufig ist.  

Unabhängig von dieser Tatsache äusserte ein führender chinesischer Forscher gegenüber dem Wissenschaftsmagazin «Science», der grösste Fehler Europas im Kampf gegen das Coronavirus sei der Verzicht auf eine verbreitete Maskenpflicht. 

Das Virus übertrage sich hauptsächlich über Tröpfchen, die unter anderem beim Sprechen entstünden. «Viele Menschen weisen asymptomatische oder prä-symptomatische Infektionen auf.» Sie würden ihre Erkrankung also gar nicht bemerken und nicht auf Kontakt zu anderen verzichten. Trügen sie keine Maske, komme es sehr schnell zu einer Ansteckung. 

Doch auch diese Meinung wird angefochten: Gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schliesslich sollten nur Erkrankte eine Maske tragen. Den restlichen Menschen wird davon abgeraten. 

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