Doris Leuthard «Die Defizite beim BAG haben mich nicht überrascht»

sda

10.5.2021 - 06:48

Die ehemalige Bundesrätin Doris Leuthard ist heute Präsidentin der Swiss Digital Initiative. (Archivbild)
Die ehemalige Bundesrätin Doris Leuthard ist heute Präsidentin der Swiss Digital Initiative. (Archivbild)
Bild: Keystone/Salvatore Di Nolfi

Die schleppende Digitalisierung in den Schweizer Behörden überrascht Alt-Bundesrätin Doris Leuthard nicht. Es bestehe ein grosser Nachholbedarf.

Die Schweiz hat es sich zum Ziel gemacht, Vorreiterin bei der Digitalisierung werden. In der Corona-Pandemie stehen der Bund und die Kantone aber gerade in Sachen digitale Verwaltung in der Kritik. «Die Defizite beim Bundesamt für Gesundheit haben mich nicht überrascht», sagt die ehemalige Bundesrätin Doris Leuthard (Mitte). «Die digitale Verwaltung kam nie richtig zum Fliegen.»

Sie kenne das aus ihrer Zeit im Bundesrat, sagte Leuthard in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Es gebe zwar Ämter mit guter Informationstechnologie (IT), aber bei anderen harze es. Und: Der Föderalismus helfe nicht unbedingt.

Leuthard forderte, die Mängel, die sich mit der Pandemie gezeigt hätten, als Chance zu sehen. «Wir müssen dieses Schiff auf Kurs bringen, und da ist der Bundesrat gefordert.» Bund und Kantonen rät sie, sich ehrgeizigere Ziele zu setzen. «Wir haben schon zu viel Zeit verloren.»

Leuthard ist Präsidentin der 2019 gestarteten Swiss Digital Initiative (SDI). Die Initiative will Unternehmen weltweit zur Übernahme von ethischen Verhaltensregeln in der digitalen Welt bewegen.



Zu wenig Koordination

Nach Leuthards Auffassung müsste eine Expertengruppe aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik die Prioritäten für die kommenden Jahre und auch ein Budget festlegen. Die Schweiz unternehme zwar vieles, aber es gebe zu wenig Koordination, stellte Leuthard fest. «Wir müssen Nischen suchen, bei denen wir vorne mitspielen wollen», sagte sie weiter. Dort müsse Gas gegeben werden.

In der Bevölkerung gebe es die Befürchtung, dass letzten Endes Technologiekonzerne wie Google oder Amazon den «digitalen Raum allein beherrschen», so Leuthard. Deshalb sei das Interesse an Schweizer Fachleuten und Schweizer Lösungen gross. Ebenso fordert Leuthard Verbesserungen bei der Bildung. Die Kantone sollten jedem Kind sollte bis in zwei oder drei Jahren den Zugang zu einem Laptop oder einem Tablet sichern. «Das sollte in der reichen Schweiz doch kein Problem sein.»

Doris Leuthard trat Ende 2018 aus dem Bundesrat zurück. Sie stand zu Beginn ihrer Amtszeit dem damaligen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) vor und wechselte danach ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek).

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