Bundesratskandidaten Jans und Pult «Dieses Mal achtet die SP darauf, dass es ein Schwergewicht wird»

Von Gil Bieler

25.11.2023

Damit wollen die Bundesratskandidaten Beat Jans und Jon Pult punkten

Damit wollen die Bundesratskandidaten Beat Jans und Jon Pult punkten

Die SP schickt den Baselstädter Regierungspräsidenten Beat Jans und den Bündner Nationalrat Jon Pult in die Bundesratswahlen am 13. Dezember. Die Fraktion schlägt sie als Nachfolger von Bundesrat Alain Berset vor, wie die Partei am Samstag mitteilte.

25.11.2023

Die Würfel sind gefallen: Der Basler Regierungspräsident Beat Jans und der Bündner Nationalrat Jon Pult sind die Bundesratskandidaten der SP. Wer hat in diesem Duell die Nase vorne? Ein Politikexperte ordnet ein. 

Von Gil Bieler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die SP setzt bei der Nachfolge des zurücktretenden Bundesrats Alain Berset auf ein Zweierticket. 
  • Im internen Wettstreit haben sich der Basler Regierungspräsident Beat Jans und der Bündner Nationalrat Jon Pult durchgesetzt.
  • «Eine gute Auswahl», findet der Politgeograf Michael Hermann. Im Gespräch mit blue News erklärt er, weshalb er die beiden gleichauf sieht und weshalb sie sich durchgesetzt haben. 
  • Ausserdem erläutert er, die SP habe Lehren aus der Wahl von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider vor einem Jahr gezogen.

Es hat lange gedauert, aber das Zweierticket steht: Die SP schickt Beat Jans und Jon Pult ins Bundesratsrennen. Das gab die Partei am Samstagnachmittag in Bern bekannt. 

Aus einer Sechsergruppe an Kandidierenden hat die Bundeshaus-Fraktion am Ende dieses Duo nominiert. Die Ausmarchung dauerte dabei länger als erwartet: Ganze 18 Wahldurchgänge waren nötig, das Resultat konnte den Medien erst nach 15 Uhr verkündet werden statt zur Mittagszeit. 

Wie schätzt ein Politik-Experte das Zweierticket ein? blue News hat bei Michael Hermann, Politgeograf und Leiter des Meinungsforschungszentrums Sotomo, nachgefragt.

Beat Jans und Jon Pult seien jene beiden Kandidaten, die auch er als Favoriten auf dem Zettel hatte, sagt Hermann am Telefon: «Das ist eine gute Auswahl. An der Kompetenz der beiden Kandidaten können die anderen Parteien nichts aussetzen.»

Routiniert gegen Shootingstar

Der Routinier gegen den Shootingstar der Partei, so liest sich das Duell auf dem Papier. Beat Jans ist seit 2021 Basler Regierungspräsident und sass davor zehn Jahre im Nationalrat. «Er bringt einen riesigen Erfahrungsrucksack mit», attestiert ihm Hermann.

Jon Pult gelang erst vor vier Jahren der Sprung nach Bern, zudem ist er mit 39 Jahren einiges jünger als der 59-jährige Jans. Kein Nachteil für den Bündner, glaubt Hermann: «Pult ist einer der intelligentesten und begabtesten Politiker in der SP-Fraktion.»

Gewählt wird der Nachfolger von Bundesrat Alain Berset aber nicht von der SP, sondern von allen Mitgliedern von National- und Ständerat. Also primär von den anderen Parteien. Welcher Kandidat die Nase vorne hat, darauf mag sich Hermann nicht festlegen.

Zur Person
Michael Hermann ist Geschäftsführer des Forschungsinstituts Sotomo. (Archivbild)
KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Michael Hermann ist Geograph und Politikwissenschaftler. Er ist zudem Leiter der Forschungsstelle Sotomo.

Von Jans heisse es, dass er wegen seiner Vorstellungen, wie die Landwirtschaft umgebaut werden müsse, beim mächtigen Bauernverband auf Skepsis stosse. Der Basler hat hier viel Fachwissen vorzuweisen, hat eine Lehre als Landwirt und eine Ausbildung zum Agrotechniker absolviert, ehe er an der ETH Zürich Umweltnaturwissenschaften studierte.

«Jon Pult wiederum könnte den genau gleichen Kreisen zu Europa-freundlich sein.» Es sei ein Kopf-an-Kopf-Rennen, in dem Beat Jans aber mit seiner Regierungserfahrung trumpfen könne. «Die Frage bei Pult ist, ob es ihm die anderen zutrauen, ein solches Exekutivamt zu stemmen.»

Wie kann es überhaupt sein, dass Pult nach erst einer Legislatur im Nationalrat so viele erfahrenere Gegner*innen überholen konnte? «Erstens ist er mit 39 Jahren nicht so jung, wie es immer heisst», findet Hermann. Pult habe aber den Nachteil, dass er aus einem Bergkanton komme, der nur fünf Nationalratssitze stellt. «Seine nationale Karriere kam daher verzögert in Gang. Wäre Pult ein Zürcher, sähe das anders aus.» Dennoch habe er sich schon vor seiner Zeit als Nationalrat landesweit einen Namen gemacht.

18 Wahlgänge waren nötig

Bemerkenswert ist, dass es 18 Wahldurchgänge brauchte, bis sich die SP-Fraktion auf dieses Duo einigen konnte. Jans setzte sich erst im zehnten Wahlgang durch, Pult im achten Wahlgang. Als letzte stachen sie die Berner Regierungsrätin Evi Allemann respektive den Waadtländer Nationalrat Roger Nordmann aus.

In diesem langen Prozedere erkennt Hermann kein Indiz für Grabenkämpfe. Vielmehr hätten die internen Wahlregeln alles in die Länge gezogen. «Hätte die SP jene Kandidaten oder die Kandidatin mit wenigen Stimmen jeweils rascher rausgekippt, wäre alles schneller gegangen.»

Evi Allemann als einzige Frau im Startfeld hat den Sprung aufs Ticket nicht geschafft. Dabei hatten viele Beobachter*innen im Vorfeld argumentiert, dass sich die SP das als erklärte Gleichstellungspartei nicht leisten könnte. «Da zeigt sich, dass die Fraktion anders tickt», sagt Hermann. «Statt solcher Identitätsfragen ging es um die Überlegung, wer die Politik der SP im Bundesrat am besten vertreten kann. Wer ist am durchsetzungfähigsten in solch einem Gremium?»

Lehren aus der Wahl von Baume-Schneider gezogen

Hier habe die SP wohl auch Lehren aus der Wahl vor einem Jahr gezogen, als es um die Nachfolgerin von Simonetta Sommaruga ging. Zur Erinnerung: Die Parteispitze wollte damals nur Frauen zur Kandidatur zulassen, wogegen der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch erfolglos protestierte und kandidierte.

«Die SVP bekam damals einen Albert Rösti als Bundesrat durch, der jetzt als starker Gestalter auftritt. Bei der SP setzte sich Elisabeth Baume-Schneider durch, eine Hinterbänklerin, die mehr aus Sympathie gewählt wurde – oder aus Antipathie gegenüber ihrer Konkurrentin Eva Herzog», sagt Hermann. Die Lehre daraus: «Dieses Mal hat die SP darauf geachtet, dass es ein politisches Schwergewicht wird.»

Letzte Chance vorbei für Jositsch

Für Daniel Jositsch dürfte der Traum von Bundesrat nun endgültig ausgeträumt sein. War es die wirklich letzte Chance für den Zürcher Ständerat? «Die letzte Chance wäre es gewesen, wenn er sich im letzten Jahr zurückgehalten hätte», urteilt Hermann.

Würde er von Politiker*innen anderer Parteien als wilder Kandidat gewählt, wäre das ein regelrechter Affront gegenüber der SP. 

SP-Bundesratsrennen: Alle Kandidat*innen im Interview

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Fünf Männer und eine Frau wollen für die SP in den Bundesrat. Welche Chancen rechnet sich Daniel Jositsch aus? Hat Evi Allemann die Stimmen der Frauen auf sicher? blue News bat alle sechs zum Kurzinterview.

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