Sprengstoff-Attacken auf Bancomaten Die Täter kommen in Dreier- und Vierer-Gruppen

tsha

21.6.2021

Aufräumarbeiten nach der Sprengung eines Bancomaten der Raiffeisen in Novaggio TI (Archivbild): Die Genossenschaftsbanken werden besonders häufig Opfer von Anschlägen.
Aufräumarbeiten nach der Sprengung eines Bancomaten der Raiffeisen in Novaggio TI (Archivbild): Die Genossenschaftsbanken werden besonders häufig Opfer von Anschlägen.
Bild: Keystone

In der Schweiz werden immer wieder Bancomaten gesprengt. Manche Bankhäuser rüsten nach – und verschärfen das Problem oft nur noch weiter.

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Es ist ein Thema, über das die meisten Banken nur ungern reden. Weil es ihnen unangenehm ist, aber auch, weil Sicherheitsbedenken dagegensprechen, sich öffentlich allzu detailliert zu äussern: In der Schweiz werden, wie auch andernorts in Europa, immer wieder Bancomaten geknackt. Wobei «knacken» harmloser klingt, als es ist. Denn mit den Methoden der Panzerknacker aus den Micky-Maus-Comics hat das Vorgehen der Bancomaten-Räuber wenig zu tun: Statt Brecheisen ist meist Sprengstoff im Spiel.

Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, kam es hierzulande zuletzt wieder zu vielen Fällen von Bancomaten-Sprengungen. Allein in den vergangenen fünf Wochen schlugen die Täter demnach dreimal zu. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 45 Überfälle gezählt, ein Jahr zuvor waren es 56. Noch 2018 lag die Zahl mit 18 Überfällen auf Bancomaten deutlich niedriger.



Zugenommen hat seitdem nicht nur die Gesamtzahl der Attacken auf die Maschinen, auch die Methoden haben sich verändert. Sprengungen mit Gas oder Sprengstoff sind heute Standard, der klassische Weg – das Aufbrechen des Automaten mit Werkzeug – kommt laut einer Zählung des «Tages-Anzeigers» hingegen immer seltener vor.

Viele Angriffe scheitern

Laut Bundesamt für Polizei (Fedpol) ist von der neuen Brutalität der Bancomaten-Räuber ganz Europa betroffen: die Niederlande, Deutschland, Italien, Österreich, Frankreich, Rumänien und Spanien. «Die Herkunft der Täter ist breit gefächert», heisst es im Fedpol-Jahresbericht von 2020. «Sie stammen aus dem Balkan, aus Frankreich, Rumänien, Moldawien und Nordafrika.» Die Kriminellen würden in Dreier- oder Vierergruppen auftreten, so die Ermittler weiter.



Um Bancomaten in die Luft zu sprengen, setzen die Täter laut Fedpol «gewöhnliches Schwarzpulver ein, aber auch unkonventionellen Sprengstoff», etwa Triacetontriperoxid, das aus Ammoniumnitrat und Aceton hergestellt wird. Viele Angriffe scheitern allerdings, was darauf schliessen lässt, dass manchen Tätern der richtige Umgang mit den Sprengstoffen Probleme bereitet. «Die Angriffe brauchen Vorbereitung und Planung», erklärt Fedpol-Sprecherin Anne-Florence Débois dem «Tages-Anzeiger».

Raiffeisen besonders betroffen

Von den Angriffen ist in der Schweiz ganz besonders die Raiffeisenbank betroffen, die mehr Bancomaten besitzt als die Konkurrenz; 60 Prozent der Attacken, die bekannt werden, richten sich gegen Automaten der Genossenschaftsbank. «Das Sicherheitsteam von Raiffeisen Schweiz analysiert die aktuelle Sicherheitslage detailliert und leitet daraus allfällige Massnahmen ab», teilt die Bank auf Anfrage von «blue News» mit. Man stehe «in regelmässigem Kontakt mit der Polizei und Bancomat-Lieferanten, um weitere Sicherheitsmassnahmen umzusetzen», die Sicherheitsstandards seien «branchenüblich und auf dem aktuellsten Stand».

Über Details schweigt sich die Raiffeisen aus – «aus sicherheitstechnischen Gründen», wie ein Sprecher erklärt. Laut «Tages-Anzeiger» greifen aber immer mehr Banken zu Gegenmassnahmen, etwa, indem sie ihre Automaten explosionsgeschützt aufrüsten. Das führe allerdings bisweilen auch dazu, dass die Täter mehr Sprengstoff verwendeten, der zu grösserer Zerstörung führe – ein Teufelskreis.

In Nussbaumen AG schlugen die Täter Anfang Mai zu.
In Nussbaumen AG schlugen die Täter Anfang Mai zu.
Bild: Kapo Aargau

Wie es aussieht, wenn Täter zu besonders rabiaten Methoden greifen, zeigte sich erst unlängst in Nussbaumen AG. Anfang Mai sprengten Unbekannte einen Automaten der Aargauischen Kantonalbank in die Luft, bevor sie mit einer unbekannten Menge an Bargeld und mutmasslich auf einem Roller vom Tatort flohen. Bei der Bank sowie in der Einkaufspassage, in der sich diese befindet, «entstand ein grosser Sachschaden», so die Kapo – Bilder vom Tatort zeigen massive Verwüstungen.