Markus Ritter als Amherd-Nachfolger? Jetzt übernehmen die Bauern die Macht in Bern

Dominik Müller

30.1.2025

Markus Ritter traut sich das VBS zu

Markus Ritter traut sich das VBS zu

Die Mitte des Kantons St. Gallen hat am Dienstag den 57-jährigen Nationalrat und Präsidenten des Schweizer Bauernverbands Markus Ritter für den Bundesrat vorgeschlagen. Am 21. Februar beschliesst die Mitte-Bundeshausfraktion das offizielle Ticket. Im Interview mit Keystone-SDA nimmt Ritter Stellung.

28.01.2025

Die Bauern sind die schlagkräftigste Lobby im Bundeshaus. Mit Markus Ritter könnte bald ein weiterer Vertreter von ihnen im Bundesrat sitzen. Woher rührt die Macht der Landwirte?

Dominik Müller

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Bauern sind im Parlament stark vertreten und gewinnen auch im Bundesrat an Einfluss.
  • Mit Markus Ritter könnte bald ein weiterer Landwirt in die Landesregierung aufsteigen.
  • Politologe Oliver Strijbis sieht den politischen Erfolg der Bauern unter anderem in deren hohen Ansehen in der Bevölkerung begründet.
  • Für den Berner Nationalrat und Bio-Bauer Kilian Baumann rührt das grosse Interesse der Bauern an der Politik von der Abhängigkeit der Agrarbranche vom Staat her.

Mehr als 20 Bäuerinnen und Bauern sitzen in National- und Ständerat. Hinzu kommen dutzende weitere Parlamentarier*innen, die zwar keinen Hof haben, aber dennoch mit der Landwirtschaft verbandelt sind – etwa in Form eines Mandats in einer Agrar-Organisation oder einer Mitgliedschaft in einem Bauernverband.

52 Parlamentarier*innen mit einem Bezug zur Landwirtschaft zählt die Plattform Lobbywatch. So stark ist kein anderer Sektor im Bundeshaus vertreten.

Der Einfluss der Bauern reicht bis in die Landesregierung. Die SVP stellt mit dem Weinbauern Guy Parmelin und dem Agronomen Albert Rösti gleich zwei Landwirte im Bundesrat. Auch SP-Bundesrat Beat Jans ist ausgebildeter Landwirt und Umweltwissenschaftler. Seine Parteikollegin Elisabeth-Baume Schneider ist auf einem Bauernhof aufgewachsen und als Hobby-Schafzüchterin tätig. Und mit Mitte-Nationalrat Markus Ritter hat nun der oberste Bauer im Land gute Chancen, die Nachfolge von Viola Amherd anzutreten.

«Die Bauern sind politisch sehr gut organisiert»

Woher rührt die Macht der Bauern? Für Politologe Oliver Strijbis stehen insbesondere zwei Aspekte im Fokus: «Die Bauern sind politisch sehr gut organisiert», sagt er zu blue News. Der Schweizerische Bauernverband (SBV), den Ritter präsidiert, funktioniere sehr gut. Die Mitglieder agieren untereinander solidarisch.

Nationalrat Markus Ritter ist am Dienstag von der Mitte des Kantons St. Gallen als Kandidat für den Bundesrat nominiert worden.
Nationalrat Markus Ritter ist am Dienstag von der Mitte des Kantons St. Gallen als Kandidat für den Bundesrat nominiert worden.
Bild: Keystone

Nebst der organisatorischen Ebene spiele auch die Wahrnehmung der Landwirte eine zentrale Rolle: «Die Schweizer Identität hängt stark mit dem Bild des tüchtigen Bauern zusammen. Die Landwirtschaft wird hierzulande sehr positiv wahrgenommen», sagt Strijbis.

Die meisten Schweizer*innen, die in urbanen Gebieten leben, haben gemäss Strijbis einen positiven Eindruck der Bauern. «Es herrscht die Vorstellung: ‹Die machen etwas Wichtiges für unser Land.›» In umgekehrter Richtung sei das nicht unbedingt der Fall.

Einstieg via Gemeindepolitik

Der Berner Nationalrat und Bio-Bauer Kilian Baumann sieht einen weiteren möglichen Ansatz: «Auf kommunaler Ebene stellen sich oftmals Landwirte für ein politisches Amt zur Verfügung.» Auf diese Weise erfolge der Einstieg in die Politik.

Das Engagement komme nicht von ungefähr: «Die Agrarbranche ist in der Schweiz vom Staat abhängig, daher kommt das grosse Interesse an der Politik», sagt Baumann zu blue News.

Keine Subventions-Kürzungen mit Ritter im Bundesrat 

Am Dienstag ist Markus Ritter von seiner St. Galler Kantonalpartei offiziell als Bundesrats-Kandidat nominiert worden. Gelingt ihm die Wahl, wären die Personen mit landwirtschaftlichem Hintergrund in der Landesregierung in der Überzahl.

«Die Bauern sind im Parlament bereits sehr stark vertreten. Das erhöht die Chancen, auch in den Bundesrat gewählt zu werden», sagt Oliver Strijbis.

Heisst konkret: Markus Ritter kann bei der Wahl wohl auf die überparteilichen Stimmen seiner Bauernkolleg*innen zählen.

Mit einem Bundesrat Ritter würden landwirtschaftliche Themen auf dem politischen Parkett wohl zusätzlich Schub bekommen. «Es würde ihnen zumindest sicher nicht schaden», sagt Strijbis. So dürfte insbesondere die Position der Bauern betreffend Direktzahlungen gestärkt werden: «Es gäbe mit Sicherheit keine Mehrheit im Bundesrat, die an den Subventionen der Bauern schrauben würde.»

CVP Mitte Bundesräte seit 1960
CVP Mitte Bundesräte seit 1960