Politologe über Berset «Das wird so oder so Spuren hinterlassen»

Von Alex Rudolf

26.1.2023

Corona-Leaks: Berset im Schlagabtausch mit den Journalisten

Corona-Leaks: Berset im Schlagabtausch mit den Journalisten

Bundespräsident Alain Berset hatte keine Kenntnis von Indiskretionen zwischen seinem ehemaligen Kommunikationschef und Medien während der Corona-Pandemie. Das sagte Berset am Mittwoch dem Bundesrat, wie Bundesratssprecher André Simonazzi am Mittwoch mitteilte.

25.01.2023

Alain Berset befindet sich im Auge des Sturms und bleibt seelenruhig. Was kommt noch auf den Bundespräsidenten zu und inwiefern hat der Skandal Parallelen zum Fall Kopp? Ein Politologe ordnet ein.

Von Alex Rudolf

26.1.2023

Er wisse von den Indiskretionen nichts, beteuerte Bundespräsident Alain Berset an der Medienkonferenz vom gestrigen Mittwoch. Daraufhin löcherten ihn die Journalisten mit Fragen über die angebliche Standleitung, die sein Kommunikationschef Peter Lauener zum Ringier-CEO Marc Walder gehabt haben soll.

Gemeinsam mit Bundesratssprecher André Simonazzi hält sich Berset daraufhin zurück mit deutlichen Aussagen. Die Frage bleibt: Rückt ihn dies in ein vorteilhaftes Licht oder nicht?

«Es ist nicht unproblematisch, wenn er nichts gewusst hat», sagt Georg Lutz, Politologe der Universität Lausanne, auf Nachfrage von blue News. Denn nun müsse er sich die Frage gefallen lassen, warum er nichts gewusst habe. Zumal Lauener einer seiner engsten Mitarbeiter gewesen sei.

Indiskretionen kein Alleinstellungsmerkmal

Wie wirkte Berset auf den Politologen? «Wie immer: ruhig, selbstbewusst. Und mit viel Kontrolle darüber, was er wie sagen will und was nicht», sagt Lutz.

Was geschieht nun? Handelt es sich bei den Corona-Leaks um einen ausgewachsenen Polit-Skandal? Für eine Beurteilung sei es noch zu früh, sagt Lutz. Denn es komme darauf an, was die diversen Untersuchungen ergeben würden.

«Meist stolpert man in solchen Situation nicht über den direkten Vorwurf, sondern über den Umgang damit.»

Georg Lutz

Politologe der Universität Lausanne

Schliesslich sei es möglich, dass durch die Arbeit der Geschäftsprüfungskommissionen noch andere Medien und Departemente ins Blickfeld geraten. «Indiskretionen sind kein Alleinstellungsmerkmal des Innendepartements oder der Ringier-Medien.»

Und zudem komme es auch darauf an, wie Berset mit dem Ergebnis umgehe. «Meist stolpert man in solchen Situation nicht über den direkten Vorwurf, sondern über den Umgang damit», sagt Lutz.

Letztmals trat mit Elisabeth Kopp eine Person aus dem Bundesrat zurück, weil der öffentliche Druck zu gross geworden war. Lassen sich diese beiden Fälle vergleichen?

Hält der Kopp-Vergleich stand?

Ja und nein, sagt Lutz. Ja, weil es beim Fall Kopp ebenfalls um eine Indiskretion gegangen sei und der politische und mediale Druck sehr hoch waren. Nein, weil es bei Kopp direkt um ein Familienmitglied ging und somit um ein persönliches Interesse.

Zur Erinnerung: Mehrere Finanzskandale rückten Hans Kopp, den Ehemann der Bundesrätin, in ein schiefes Licht. Eine Woche bevor die Öffentlichkeit über die Ermittlungen informiert wurde, trat Kopp aus dem Verwaltungsrat einer Firma zurück, was Misstrauen schürte.

Schliesslich behauptete «Le Matin», Hans Kopp habe Informationen aus dem EJPD erhalten, was die Bundesrätin später auch zugab. Sie habe ihren Mann aber aufgrund von Gerüchten und nicht aufgrund von Aktenkenntnissen gewarnt, was nicht problematisch sei. Dennoch gab sie ihren Rücktritt per Ende Februar 1989.

«Der Druck auf Kopp stieg, weil man ihr vorwarf, den Anruf zu lange verschwiegen zu haben. Zudem stand auch der Gesamtbundesrat nicht mehr hinter ihr, was bei Berset nicht der Fall ist», sagt Lutz.

Egal, wie sich die Lage noch entwickelt. Kann sich Berset von diesem Skandal überhaupt noch erholen? «So oder so wird das Spuren hinterlassen, wie Alain Berset in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird», sagt Lutz.

Auch im Westschweizer Fernsehen wirkte Berset ruhig

«Die Frage ist, ob der Druck so hoch wird, dass Herr Berset sich entscheidet zurückzutreten. An dem Punkt sind wir im Moment nicht.»

Wahrlich ist dieser Punkt noch nicht erreicht. Bei seinem Interview mit Alexis Favre von der Diskussionssendung «Infrarouge» des Westschweizer Fernsehens RTS am Mittwochabend wirkte Alain Berset ruhig.