Geldnot oder Corona-Skeptiker? Das Motiv von Bergers Entführer gibt weiter Rätsel auf

gbi

11.4.2022

Zur Entführung des nationalen Impf-Chefs Christoph Berger werden weitere Details bekannt: Ob der Täter wirklich politische Motive verfolgt hat, wird angezweifelt. 

gbi

Nachdem am vergangenen Freitagabend bekannt wurde, dass Christoph Berger Ende März in der Gewalt eines Kidnappers war, schien das Tatmotiv auf der Hand zu liegen: Der Täter müsse aus dem Lager der radikalen Massnahmen-Skeptiker*innen stammen. SRF meldet am Montag unter Verweis auf eigene Recherchen Zweifel an dieser Darstellung an. 

Gemäss dem Bericht habe der Entführer, ein 38-jähriger Deutscher, bei mindestens einer geschäftlichen Werbeaufnahme für sein Start-up darauf geachtet, dass die Corona-Massnahmen eingehalten worden seien. Auf allen Bildern habe der Sicherheitsabstand eingehalten und Schutzmaske getragen werden müssen, habe SRF von einer involvierten Person erfahren.

Dass der Entführer mit finanziellen Problemen zu kämpfen gehabt habe, bestätigte ein Informant SRF: Mit seinem Unternehmen habe er kein Geld verdient. Auch Berger selbst hatte in einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung festgehalten, der Täter habe ihn während rund einer Stunde in seiner Gewalt gehabt und einen «substanziellen» Geldbetrag gefordert. «Es standen also einzig wirtschaftliche Interessen des Täters im Vordergrund. Bezüge zu meiner Rolle als Präsident der Impfkommission machte der Täter dabei nicht», erklärte Berger. 

Dem «Tages-Anzeiger» hatten dagegen mehrere Informanten gesagt, dass der Entführer wohl coronaskeptisch eingestellt und nicht geimpft gewesen sei. Zudem soll ein Geschäftspartner von ihm an Demonstrationen von Massnahmen-Gegner*innen teilgenommen haben und Verschwörungstheorien vertreten haben. Seine mögliche Verwicklung in die Entführung ist ungeklärt – der Mann wurde gemäss SRF von der Polizei festgenommen und verhört.

Der Entführer selbst wurde am Abend des 6. April bei einem Polizeieinsatz in Wallisellen von der Polizei erschossen. Er besass gemäss Polizeiangaben mehrere Waffen und soll davor seine 28-jährige Partnerin erschossen haben. 

Zugriff in der Tiefgarage

Auch zum Polizeieinsatz in Wallisellen gibt es neue Details: Laut einem Bericht des «Tages-Anzeigers» vom Montag wartete die Polizei dem Täter und seiner Freundin in einer Tiefgarage auf. Nachdem der Mann seine Freundin erschossen habe, sei er selbst durch eine oder mehrere Polizeikugeln getötet worden. Was für Irritation sorgte, war demnach, dass den beiden im Nachhinein noch Handschellen angelegt worden seien.

Der Zeitung bestätigten Polizisten aber: Solange die Gefahr bestehe, dass ein Täter noch zur Waffe greifen könnte, würden auch schwer verletzten Personen Handschellen angelegt. Dies sei kein ungewöhnliches Vorgehen.

Ob der Polizeieinsatz korrekt durchgeführt wurde, wird untersucht.