Skandal am Unispital Zürich Wie sich Interessenkonflikte bei Medizinern verhindern lassen

uri

10.6.2020

Herzchirurgen bei einem Eingriff. (Symbolbild)
Herzchirurgen bei einem Eingriff. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Der neueste Skandal am Universitätsspital Zürich zeichnet ein problematisches Bild vom Verhältnis von Ärzten zur Industrie. Eine solche Kooperation ist laut Experten wichtig – sie fordern aber klare Regeln. 

Der Direktor der Klinik für Herzchirurgie am Zürcher Universitätsspital (USZ), Francesco Maisano, fungierte zugleich als Arzt, Forscher und Unternehmer – und sieht sich nun dem Vorwurf ausgesetzt, diese Bereiche unzulässig vermischt zu haben. Experten halten die Nähe der Wissenschaft zur Wirtschaft indes für notwendig, plädieren aber für verschiedene Massnahmen, um ähnliche Fälle zu verhindern.

Maisano ist derzeit in seiner Funktion beurlaubt. Er soll bei Patienten neuartige Implantate einer Firma eingesetzt haben, an der er selbst beteiligt ist. Auch wird ihm vorgeworfen, wissenschaftliche Publikationen über die Implantate geschönt und gegenüber der Zulassungsbehörde Swissmedic irreführende Angaben gemacht zu haben.

Notwendige Kooperation 

Die Universität Zürich hat gegen den Mediziner inzwischen ein Verfahren wegen Verdachts auf Unlauterkeit in der Wissenschaft eingeleitet und auch die Zürcher Staatsanwaltschaft befasst sich mittlerweile mit der Frage, ob ein Anfangsverdacht für strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorliegt.



Interessenkonflikte sind in der Medizin allgegenwärtig – Skandale häufig. Und das nicht zuletzt, weil die Unternehmen und die Wissenschaft oft eng miteinander verknüpft sind. Allein in der Schweiz beschäftigt der wichtige Medtech-Bereich annähernd 60'000 Personen und setzt 15,8 Milliarden Franken um, wie die NZZ berichtet.

Trotz der Skandale halten Experten, wie Christian Gerber, Verwaltungsratspräsident des Balgrist Campus – in dem Forscher, Mediziner, Entwickler und Industrie zusammenarbeiten –, die Kooperation für unumgänglich. Schliesslich bräuchten Forscher, wenn sie ihre Ideen in Produkte umsetzten wollten, nicht nur das Know-how der Industrie, sondern auch viel Geld. Und das gebe es so an den Universitäten eben nicht, wie er der NZZ erklärte.

Regulierung und Transparenz gefordert

Laut Gerber ist es richtig, wenn Ärzte finanziell am Erfolg eines Produktes beteiligt sind, an dem sie mitgewirkt haben. Früher hätten Industrieunternehmen «ein Vermögen mit den Ideen von Ärzten verdient, während die Mediziner leer ausgingen», erklärte er der Zeitung. Zudem fliesse ein grosser Teil der Gelder auch an die Universitäten, an denen die Wissenschaftler angestellt seien.

So ist laut NZZ an der Universität Zürich etwa geregelt, wie Einnahmen von bis zu einer Million Franken aufgeteilt werden: Die Erfinder, die entsprechende Forschungsgruppe und die Universität erhielten je ein Drittel der Summe.

Allerdings brauche es weiterhin Regulierung und Transparenz bei der Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaftlern. Darin sind sich zwei von der NZZ befragte Experten einig: Peter Holzach, ehemaliger Chefarzt Chirurgie und Orthopädie im Spital Davos und Mitglied der Akademie Menschenmedizin, und Francesco Siccardi, CEO der Tessiner Medizintechnikfirma Medacta.

Die Frage des Egos

Holzach hält klare Regeln und einen Vertrag mit der öffentlichen Institution, an der der Forscher angestellt ist, für zwingend notwendig. Ausserdem müssten die «Einkünfte transparent gemacht und deklariert werden».

Laut Siccardi müssten die Verträge ebenfalls so ausgestalten sein, dass ausgeschlossen werde, dass die Mediziner Lizenzgebühren erhielten, wenn sie oder ihr Team das eigene Produkt einsetzen würden.

Einen wichtigen Problempunkt fernab der monetären Interessen sieht Christian Gerber hingegen bei der Persönlichkeit von einigen Medizinern. Gerade bei Chirurgen seien einige «sehr von sich überzeugt und wollten zeigen, dass sie ein erfolgreiches Produkt entwickelt hätten». In diesen Fällen spiele auch das Ego eine grosse Rolle. Bei der Besetzung von Chefposten müsse die entsprechende Institution deshalb unbedingt auch den Charakter der Bewerber in Betracht ziehen.

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