Impfstoff-Lücke «In der Pflicht stehen hier in erster Linie die Hersteller»

Von Philipp Dahm

20.4.2021

Der Wille ist da, allein, es fehlt der Glaube? Wohl eher: Die Bereitschaft ist da, aber es fehlt an den Dosen. Die Impfkampagne in der Schweiz stottert. Bern bleibt zuversichtlich, die Kantone beklagen eine erschwerte Planung. 

Von Philipp Dahm

Die Versorgung mit dem Impfstoff stottert – nicht erst seit heute. Schon Anfang des Jahres hakte es bei mehreren Herstellern mit den versprochenen Lieferungen.

Mitte Februar warnt die Bündner Kantonsärztin bei SRF, dass die anvisierten Ziele womöglich verfehlt werden: «Ich fürchte, es wird Herbst.» Im März hat sich der Bundesrat dann erneut versichern lassen, dass die Hersteller ihre Liefermengen einhalten wollen.

Alain Berset betonte damals, ob der Impfplan eingehalten werden könne, hänge auch von der Impfbereitschaft ab. Und was passiert im April? Schon wieder Lieferausfälle, schon wieder gerät das Impfregime durcheinander – und schon wieder wird das Problem kleingeredet.

Diesmal ist es der Hersteller Moderna, der seine Zusagen nicht einhält: 200'000 Dosen weniger werden im Mai ausgeliefert, haben die Experten des Bundes heute bekanntgemacht. Das hat Folgen, verdeutlicht der oberste Kantonsarzt. «Nun müssen die bereits eingeplanten Erstimpfungen reduziert oder gestoppt werden», erklärt Rudolf Hauri heute.

«Andauerndes Umdisponieren»

Der Grund: Die zweite Dosis für jene, die schon die erste bekommen haben, geht vor. Neben der Verzögerung führt das zu organisatorischem Aufwand: «Lieferschwankungen führen zu einem andauenden Umdisponieren und damit letztlich auch zu einer Verlangsamung der Impfgeschwindigkeit.»

(Von links) Bundesrat Alain Berset, die Walliser Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten und der Walliser Regierungspräsident Christophe Darbellay am 25. März bei einer Führung durch die Fabrik BioArkII beim Schweizer Pharma- und Biotech-Unternehmen Lonza, das den Moderna-Impfstoff herstellt.
(Von links) Bundesrat Alain Berset, die Walliser Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten und der Walliser Regierungspräsident Christophe Darbellay am 25. März bei einer Führung durch die Fabrik BioArkII beim Schweizer Pharma- und Biotech-Unternehmen Lonza, das den Moderna-Impfstoff herstellt.
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Nora Kronig vom BAG sieht die Schweiz dennoch auf Kurs. Sie erklärt, dass von Moderna 5 Millionen Dosen im zweiten Quartal bezogen werden sollen. 800'000 seien im April geplant gewesen. Die fehlenden 200'000 Dosen sollen in den kommenden beiden Monaten nachgereicht werden.

Dass der Zeitplan durcheinandergebracht wird, sieht Kronig nicht. Auch nicht mit Blick auf Impfstoffe wie jener von Curevac, die noch nicht zugelassen sind und deshalb immer noch nichts zum Impfportfolio beitragen. Auf die Frage, wie die Agenda noch eingehalten werden solle, antwortet sie, optimistisch stimme sie – Déjà-vu – die hohe Impfbereitschaft. 

Engpässe «erschweren die Impfplanung»

«Kurzfristige Anpassungen von Liefermengen erschweren die ohnehin schon sehr komplexe Impfplanung in den Kantonen», umreisst Tobias Bär von der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren auf Anfrage von «blue News» das Problem. «In der Pflicht stehen hier in erster Linie die Hersteller.»

(Von rechts) Patrick Mathys, BAG, Nora Kronig, BAG, Christoph Berger, Präsident Eidgenössische Kommission für Impffragen EKIF, und Martin Ackermann, Präsident National COVID-19 Science Task Force am 20. April 2021 bei der Medienkonferenz in Bern.
(Von rechts) Patrick Mathys, BAG, Nora Kronig, BAG, Christoph Berger, Präsident Eidgenössische Kommission für Impffragen EKIF, und Martin Ackermann, Präsident National COVID-19 Science Task Force am 20. April 2021 bei der Medienkonferenz in Bern.
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Die Kantone hätten ihre Hausaufgaben gemacht, sagt Bär: Diese «wären derzeit in der Lage, rund 95'000 Impfungen pro Tag durchzuführen. Mitte Mai werden gemäss derzeitiger Planung rund 125'000 Impfungen pro Tag möglich sein, bis Mitte Juni kann die Impfkapazität noch einmal etwas gesteigert werden.»

Die GDK hat die Hoffnung aber offenbar nicht aufgegeben. «Bei kontinuierlichen Lieferungen und möglichst frühzeitigen Bestätigungen seitens der Hersteller bleibt das Ziel, allen Personen bis Ende Juni eine erste Impfung anbieten zu können, realistisch», glaubt Bär – auch wenn das Ziel womöglich nicht in allen Kantonen gleichzeitig erreicht werde.