Forderung an Bundesrat Blumen als Grundversorgung? – «Vernichte pro Tag 10'000 Stück»

Von Julia Käser

3.4.2020

Tausende von Blumen muss Schnittblumenproduzent Stefan Isler täglich wegwerfen – und das, obwohl die Nachfrage in der aktuellen Krise eigentlich gross sei. 
Tausende von Blumen muss Schnittblumenproduzent Stefan Isler täglich wegwerfen – und das, obwohl die Nachfrage in der aktuellen Krise eigentlich gross sei. 
Bild: Keystone

Ein Zürcher Blumenproduzent fordert den Bundesrat dazu auf, Blumen zur Grundversorgung zu zählen. Trotz grosser Nachfrage werfe er täglich Tausende von Schnittblumen weg. 

«Sehr geehrter Herr Bundesrat Parmelin, passen Sie bitte die Verordnung 2 Coronavirus so weit an, dass Blumen und Pflanzen auch zur Grundversorgung gehören» – so verlangt es eine kürzlich gestartete Petition. Mehr als 30'000 Personen haben sie bereits unterzeichnet.

Der Mann hinter der Forderung ist Stefan Isler, Schnittblumenproduzent aus der Region Zürich. Pro Tag muss er momentan rund 10'000 Blumen wegwerfen. Vernichten. Sein zentrales Anliegen: Hofläden, Gärtnereien, Blumengeschäfte und Grossisten sollen trotz Krise Blumen anbieten dürfen.

Trotz breiter Unterstützung ist Islers Petition wohl an die falsche Adresse gerichtet. So verweist man beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), dem Bundesrat Guy Parmelin (SVP) vorsteht, auf das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Dieses bestimme über die entscheidende Verordnung 2.

Richtiger oder falscher Adressat hin oder her – die Blumen blühen, und sie verblühen ungesehen. «Die Leute wollen Blumen, aber wir können sie nicht verkaufen», so formuliert es Isler gegenüber «Bluewin». Seit Beginn des Notstandes habe er unzählige Reaktionen zum Verkaufsstopp erhalten ­– einer der Gründe dafür, dass er die Petition lanciert habe. 

100'000 Osterglocken für Lieferung vorbereitet – und nun?

Gerade in dieser schwierigen Zeit könne ein bunter Blumenstrauss ein Stück Freude und Natur in die eigenen vier Wände holen – und somit dafür sorgen, dass sich die Menschen in ihrer Wohnung wohlfühlten. 

Die Höhe der finanziellen Einbusse, die sich durch die Krise für seinen Betrieb ergeben, kann der Blumenproduzent zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau abschätzen. Das hänge auch davon ab, wie sich die Situation weiterentwickle.

Statt Zahlen nennt Isler ein Beispiel: «Nächste Woche hätten wir einem Grossisten 70'000 Osterglocken liefern müssen. In diesem Rahmen haben wir 100'000 Stück produziert.» Was nun mit diesen Blumen passiert, ist offen. Lange aufbewahren liessen sich die Osterglocken nicht. «Je nach Kapazität kann man die Ware im Kühler drei bis vier Tage frisch halten, aber danach ist Schluss.»



Ein grosser Lichtblick sind die Bestellungen vom Fachhandel. Isler betont, wie froh er darüber sei, im Kleinen viel Solidarität zu erfahren. «Gärtnereien und Blumengeschäfte aus der Region, die nun Heimlieferungen anbieten, bestellen ihre Ware plötzlich bei uns. Seit der Krise haben wir so sogar neue Kundinnen und Kunden verzeichnen können.» 

Unterstützung aus der Politik

Islers Petition findet auch in der Politik Anklang. «Bei Pflanzen, Kräutern und Blumen handelt es sich um verderbliche Ware. Der Bund sollte sie wie Nahrungsmittel behandeln und das Verkaufsverbot lockern – lieber heute als morgen», fordert Marianne Binder, CVP-Nationalrätin, gegenüber «Bluewin». 

In der Branche würden 50 Prozent des Umsatzes im Frühling gemacht – nun müssten Blumen tonnenweise kompostiert werden. Auch kreative Lösungen wie Heimlieferdienste würden bedingt helfen.

«Mit den Lieferungen, die einige Blumengeschäfte und Gärtnereien jetzt anbieten, kann nur ein Bruchteil der Ware vertrieben werden», erklärt die Nationalrätin. Da das Parlament seine Session abgebrochen habe und momentan nicht tage, könne sie leider nicht mit einem Vorstoss tätig werden – «engagieren kann ich mich trotzdem.»



Gärtnerverband: «Verkaufsverbot trifft Grüne Branche hart»

«Gärtnerische Produkte sind verderbliche Ware, so entstehen hohe Verluste», sagt auch Martina Hilker, Leiterin Kommunikation und Politik vom Gärtnerverband Jardin Suisse. Das geltende Verkaufsverbot treffe die Betriebe der Grünen Branche hart. 

Einerseits verlangt man bei Jardin Suisse, dass landwirtschaftliche Produktionsmittel wie etwa Gemüse- und Kräutersetzlinge oder Steckzwiebeln in sämtlichen Kantonen auch für den Hobbygärtner zum Verkauf zugelassen werden. Damit werde die inländische Versorgung gesichert.

Und: «Wir setzen uns auch dafür ein, dass Zierpflanzen als Frischeprodukt verkauft werden können – natürlich immer unter Einhaltung der geltenden Schutzmassnahmen», so Hilker zu «Bluewin».

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