Ex-Bundesratssprecher über BersetDiese Bevorzugung ähnelt «einer Art Korruption»
sda/aru
29.1.2023
Obwohl er in den vergangenen Tagen durch Negativ-Schlagzeilen glänzte, erfreut sich Gesundheitsminister Alain Berset grosser Beliebtheit bei der Bevölkerung. Doch der ehemalige Bundesratssprecher Oswald Sigg teilt gegen den Gesundheitsminister aus.
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29.01.2023, 13:18
29.01.2023, 14:38
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Alain Bersets Popularität in der Bevölkerung ist trotz der Corona-Affäre gross. Das zeigt eine repräsentative Umfrage, die das Forschungsinstitut Sotomo im Auftrag der «NZZ am Sonntag» durchgeführt hat.
Berset gilt in der Bevölkerung als drittsympathischster Bundesrat. Vor ihm liegen nur Mitte-Bundesrätin Viola Amherd und SP-Magistratin Elisabeth Baume-Schneider.
Doch über 80 Prozent erachten die Indiskretionen zumindest als unangebracht. 37 Prozent der Befragten bezeichnen die Weitergabe vertraulicher Informationen aus dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) als eine «gravierende Verfehlung», für 46 Prozent bedeuten sie eine «unschöne Regelverletzung». Der Rest sieht sie als «normale Kommunikationsarbeit».
Auch die Schuldfrage für die möglichen Leaks ist in der Bevölkerung ziemlich deutlich geklärt: 64 Prozent glauben, dass Bersets Ex-Kommunikationschef Peter Lauener für die grössten Verfehlungen verantwortlich ist. Nur gerade ein Drittel (36 Prozent) sieht in der Umfrage den Fehler bei Berset.
37 Prozent machen sogar den Ringier-CEO Marc Walder für die grössten Verfehlungen in Bezug auf die Corona-Leaks verantwortlich. Dieser stand gemäss CH Media während der Pandemie in engem E-Mail-Kontakt mit Lauener. Wie nun die «Schweiz am Sonntag» berichtete, soll Walder deswegen im Haus Ringier an publizistischem Einfluss verlieren.
Das Unternehmen bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass der Verwaltungsrat entschieden habe, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die ein neues publizistische Leitbild erarbeiten soll. Darin soll «expliziter als bisher verankert» werden, dass der Chefredaktor der «Blick»-Gruppe, Christian Dorer, publizistisch an Verleger Michael Ringer rapportiere.
Oswald Sigg: «Berset in jedem Fall mitverantwortlich»
Kommerziell berichte Dorer an die CEO der «Blick»-Gruppe, Ladina Heimgartner. Die publizistische Oberleitung liege bei Verwaltungsratspräsident Michael Ringier, der seit jeher die oberste publizistische Verantwortung trage.
In den Augen von Ex-Bundesratssprecher Oswald Sigg ist Berset in jedem Fall mitverantwortlich für die Krise. Er halte die Geschichte im Moment für eine der grössten staatspolitischen Krisen des Landes, sagte Sigg im Interview mit der «NZZ am Sonntag». Die Bevorzugung eines einzelnen Mediums würde er sogar als eine Art Korruption bezeichnen, ein Tauschgeschäft: «Es fliessen Informationen, dafür gibt es wohlwollende Berichterstattung», sagte Sigg.
Und diese habe dann möglicherweise auch die Entscheidungen des Bundesrates beeinflusst. Denn wenn etwas auf der Titelseite des Blick stehe, dann könne das Gremium ja fast nichts anders entscheiden. Etwas vom Schlimmsten an der Geschichte sei, dass nun der Eindruck der Kungelei von Politik und Medien entstehe. Das schwäche die Medien und die Demokratie.
Für Sigg ist es plausibel, dass Berset von den Indiskretionen nichts gewusst hat. Doch das spiele gar keine Rolle. Denn ein Bundesrat als Vorgesetzter müsse im Bild sein, was sein Pressechef mache und wie er arbeite. Und wenn er das nicht gewusst habe, dann sei das eben auch sein Problem.
Zwar dürfe man nicht vergessen, dass Berset das Land durch die Corona-Krise geführt habe. Doch für Sigg ist auch klar, dass der Gesundheitsminister auch wegen dieser positiven Berichterstattung in den Ringier-Medien während der ganzen Pandemie so gut da stand. Nun sei der Schaden angerichtet und diese Affäre werde ihm sicher mehr schaden als alle anderen vorher.