Corona-Leaks Berset gibt Kontakte zu Ringier-Chef zu und schiesst gegen GPK

sda

30.11.2023 - 04:44

Kontakte zum Ringier-CEO ja, aber keinen Austausch von vertraulichen Informationen will Gesundheitsminister Alain Berset während der Corona-Pandemie gepflegt haben. (Archivbild)
Kontakte zum Ringier-CEO ja, aber keinen Austausch von vertraulichen Informationen will Gesundheitsminister Alain Berset während der Corona-Pandemie gepflegt haben. (Archivbild)
Keystone

Gesundheitsminister Alain Berset hat Kontakte mit dem CEO des Ringier-Konzerns während der Corona-Pandemie zugegeben, beharrt aber darauf, dass nichts Vertrauliches ausgetauscht wurde. Der Bundespräsident schiesst zudem scharf gegen die GPK.

«Ich hätte eine ergebnisoffene Untersuchung erwartet», sagt Berset in einem «Tamedia»-Interview. Aufgabe der Geschäftsprüfungskommission des Parlaments (GPK) sei es, systemische Verbesserungen vorzuschlagen. Doch der Bericht lese sich wie der Versuch, zu beweisen, dass sämtliche Indiskretionen aus dem Innendepartement gekommen seien.

«Ich halte gleich zu Anfang fest, dass ich in meinem Departement keine Amtsgeheimnisverletzungen toleriere», betont Berset.

«Selbstverständlich wusste ich, dass es Kontakte zum Ringier-CEO gab», sagte er weiter. Teilweise sei er auch dabei gewesen. Dazu müsse man verstehen: Die Verwaltung habe immer Kontakte zu Kreisen, die von Entscheiden betroffen sind oder Inputs geben können.

«Selbstverständlich lese oder kontrolliere ich die E-Mails meiner Mitarbeitenden nicht.»

Alain Berset

Bundesrat

Im GPK-Bericht seien Zehntausende E-Mails im Detail untersucht worden. «Es gibt kein einziges Element darin, dass die These stützt, dass Informationen für eine Vorabberichterstattung genutzt worden wären», sagte Berset weiter. Im Gegenteil: Es werde klar, dass diese Kontakte mit dem Ringier-CEO – «einem CEO, der uns ein Netzwerk bringen konnte» – eine völlig andere Qualität gehabt hätten als ein Kontakt mit einem Medienschaffenden.

Auf die Frage, ob er wusste, dass sein Kommunikationschef vertrauliche Informationen vorab mit dem Ringier-CEO geteilt habe – zum Beispiel Entwürfe von Medienmitteilungen – antwortete Berset: «Ich habe davon während der Untersuchung erfahren. Gewusst habe ich es nicht.»

Im GPK-Bericht steht, es sei nur beschränkt nachvollziehbar, weshalb Bundesrat Berset angesichts der vielen Indiskretionen und Kontakte zwischen seinem Kommunikationschef und dem Ringier-CEO keine Massnahmen ergriffen habe. Berset wiederholt, es habe gute Gründe für die Kontakte zum Ringier-Chef gegeben.

Er fährt fort: «Selbstverständlich lese oder kontrolliere ich die E-Mails meiner Mitarbeitenden nicht.» Und selbstverständlich habe sein Departement Massnahmen gegen Indiskretionen ergriffen und als einziges Departement mehrfach Strafanzeige eingereicht, so Berset weiter.

Bersets Familie wurde bedroht

Alain Berset argumentiert im Gespräch mit dem Tages-Anzeiger, die Indiskretionen seien gar nicht in seinem Sinn gewesen. Wenn im Voraus eine Massnahme bekannt worden sei, die er vorgeschlagen habe, dann sei der Druck auf ihn massiv gestiegen. Es habe Drohungen gegen seine Familie gegeben, die im direkten Zusammenhang mit der Berichterstattung über ihn gestanden hätten, so der Bundesrat.

Auf Nachfrage präzisiert er: «Es wurde konkret meine Familie bedroht, mit einem Ultimatum, ich solle bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einen Vorschlag öffentlich verzichten.» Die Namen seiner Kinder und seine Privatadresse seien erwähnt worden. «Und jetzt wird allen Ernstes insinuiert, ich hätte irgendwie selbst Indiskretionen organisiert?»

Solche Vorfälle hätten ihn schwer belastet, erzählt er weiter. Zweimal habe er seinen Mitarbeitenden gesagt: «Ich kann nicht mehr, der Preis ist zu hoch.» Beide Male hätten sie dann eine Lösung gefunden.

Berset gibt sich überzeugt, dass die Indiskretionen seine Arbeit erschwert hätten. Und nicht, wie viele geschrieben haben, seinen Ideen im Voraus Schub verliehen haben. Die Indiskretionen hätten die Kommunikation der Massnahmen gestört und seine Position geschwächt, argumentiert der Innenminister.

Rücktritt schon lang geplant

Das Vertrauen innerhalb der Landesregierung sei inzwischen wieder hergestellt, so Berset. Im Januar habe es tatsächlich unter den Vorwürfen gelitten.

Ob er wegen der GPK-Untersuchung zu den Corona-Leaks seinen Rücktritt angekündigt habe, wollen die Medienschaffenden abschliessend wissen. Alain Berset verneint dezidiert. Er habe von Anfang an gesagt, dass er acht oder zwölf Jahre Bundesrat bleibe. Nun tritt er am Ende seiner dritten Legislatur ab. 

Im Übrigen sei er überzeugt gewesen, dass die GPK in seinem Departement nichts finden würde, was ihm zum Vorwurf gemacht werden könne. «Ich wusste ganz genau, was dieser Bericht über mein Departement zeigen kann und was nicht. Ich hatte nie Angst davor.»

sda