EU-RahmenabkommenBerns neuer Unterhändler soll stärker auf den Tisch hauen
tafi
11.10.2020
Der Bundesrat will wohl mit einem Unterhändler in die Nachverhandlungen über das EU-Rahmenabkommen gehen. Im Gespräch ist Mario Gattiker, der in Brüssel mehr Härte zeigen soll als Roberto Balzaretti.
Der Bundesrat will laut der «SonntagsZeitung» einen neuen Chef-Unterhändler für das EU-Rahmenabkommen. Die Zeitung beruft sich dabei auf eigene Recherchen, wonach voraussichtlich Chefunterhändler Roberto Balzaretti nicht mehr nach Brüssel entsandt werden solle. Am vergangenen Mittwoch hatte ihn Aussenminister Ignazio Cassis zwar für die anstehenden Gespräche mit der EU noch vorgeschlagen.
Das Echo im Bundesrat sei aber äusserst verhalten gewesen, erzählten mehrere unabhängige Quellen dem Blatt. Es herrsche die Meinung vor, dass es einen Unterhändler braucht, der gegenüber der EU mehr Härte an den Tag lege. Als Alternative sei Mario Gattiker, Staatssekretär für Migrationsfragen, im Gespräch.
Balzaretti zu nachgiebig
Der Karrierediplomat Balzaretti sei zu nachgiebig gewesen. So habe er in der ersten Runde der Nachverhandlungen unter anderem Abstriche beim Lohnschutz akzeptiert. Damit habe Balzaretti eine rote Linie überschritten heisst es gemäss «SonntagsZeitung» in Bundesbern.
Man wolle nunmehr einen Unterhändler nach Brüssel schicken, der gegenüber der EU-Kommission selbstbewusster auftritt, «einen Mann, der mehr Härte signalisiere». Schliesslich gehe es nicht um kosmeticshe Anpassungen des Vertrages, sondern um Nachverhandlungen.
Wer den Bundesrat in Brüssel am Verhandlungstisch vertreten soll, wird am Mittwoch entschieden. Mario Gattiker stünde laut «SonntagsZeitung» derzeit ganz oben auf der Kandidatenliste. Er kenne das Dossier Personenfreizügigkeit ausgezeichnet und gilt als deutlich weniger kompromissbereit, als Aussenminister Cassis und der derzeitige Unterhändler.
Teilweise Härte
Das schient notwendig, denn der Bundesreat will bei der EU den kompletten Schweizer Lohnschutz «immunisieren». Damit fänden EU-Regeln und allfällige Urteile des Europäischen Gerichtshofes keine Anwendung auf die entsprechende Schweizer Gesetzgebung. Zudem können Lohnschutzmassnahmen unabhängig von der EU weiterentwickelt werden. Auch bei der Unionsbürgerrichtlinie zeichnet sich ein entsprechendes Verhandlungsmandat ab.
Ganz aufschnüren wolle man in Bern das Rahmenabkommen aber nicht. So stünde die Streitschlichtung nicht infrage. Diese Provokation wolle man im Bundeshaus vermeiden.