Gotthard-Entgleisung Bericht zeigte Mängel an Güterzügen schon 2019 auf

aru

15.8.2023

Nach der Entgleisung eines Güterzuges im Gotthard-Basistunnel bleibt die Strecke für den Personenverkehr vorerst gesperrt.
Nach der Entgleisung eines Güterzuges im Gotthard-Basistunnel bleibt die Strecke für den Personenverkehr vorerst gesperrt.
Quelle: SBB/Keystone

Vergangene Woche entgleiste ein Güterzug im Gotthard-Basistunnel – und legt den Güterverkehr seither lahm. Nun stellt sich heraus, dass der Bund bereits früher auf Mängel hingewiesen hatte.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das «angestrebte Sicherheitsniveau» werde bei Güterzügen «noch nicht erreicht»: Zu diesem Schluss kommt ein Bericht des Bundesamts für Verkehr bereits 2019.
  • Vergangene Woche entgleiste im Gotthard ein Güterzug. Noch immer liegen 16 Wagen an der Unfallstelle und es ist unklar, wann der Tunnel wieder befahren werden kann.
  • Was zu der Entgleisung führte, ist noch unklar. Die Tessiner Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen.

Nach Betriebskontrollen im Jahr 2019 stellte das Bundesamt für Verkehr fest, dass das angestrebte Sicherheitsniveau noch nicht erreicht sei. Im entsprechenden Bericht heisst es, dass die Qualitätsansprüche, welche sich die Branche selber gesetzt und in einem europaweit anwendbaren Vertrag festgehalten habe, zu einem beträchtlichen Teil nicht erreicht würden.

Wie die Zeitungen von CH-Media schreiben, seien bei den Zügen mangelhafte Bremssohlen entdeckt worden. Auch Löcher in den Planen der Ladeeinheiten sowie Mängel an den Rädern wurden festgehalten.

Nach den Kontrollen kündigte das Bundesamt 2019 an, dass es die Zusammenarbeit mit ausländischen Aufsichtsbehörden verstärken werde. Ein Jahr später kritisierte das Amt erneut, dass die Branche ihre Aufgaben noch nicht erledigt hätten.

Ursachen liegen bei den Verladeterminals

«Die Ursachen für viele der festgestellten Mängel liegen bei ungenügenden Abläufen in Verladeterminals im Norden oder Süden der Alpen oder bei Zwischenstationen im Ausland», heisst es weiter.

Vergangene Woche entgleiste im Gotthard-Tunnel ein Güterzug, der von Italien nach Deutschland unterwegs war. Noch ist unklar, welches Unternehmen den Zug führte und wer der Halter des Wagens war, bei dem ein Rad brach. Untersucht wird derzeit auch, wann der besagte Wagen das letzte Mal gewartet wurde. 

Vonseiten der SBB gab es am Montag noch weitere schlechte Nachrichten: So kann der Tunnel nicht wie geplant wieder am Mittwoch eröffnet werden, da 16 Wagen noch immer an der Unfallstelle sind. Insgesamt entgleisten 25 der 30 vorhandenen Güterwagen.

Noch liege auch keine vollständige Übersicht über das Ausmass der Zerstörung beim Tunnel vor. Aus diesem Grund könne man noch nicht sagen, wann der 57 Kilometer lange Tunnel wieder geöffnet werden könne.

Am Mittwochnachmittag wollen die SBB über die weiteren Folgen des Unfalls für den Zugverkehr auf der Gotthard-Linie informieren.

Eine halbe Stunde länger bis ins Tessin

Der Personenverkehr wird nun auf der alten Gotthard-Strecke geführt, was zu längeren Reisezeiten führe. Im Inland verlängert sich die Reisezeit um eine halbe Stunde, bei internationalen Reisen sind es bis zu zwei Stunden.

Die alte Route kann ausserdem nicht vom kombinierten Güterverkehr mit Container und Lastwagen benutzt werden, da der Tunnel dafür nicht hoch genug ist.

Ein Teil des Güterverkehrs weicht auf die Strasse und ein Teil auf die Lötschberg-Simplon-Achse aus. Dies genüge aber nicht: «Zahlreiche Güterzüge sind im In- und Ausland abgestellt. Die Kapazitäten in der Schweiz sind inzwischen erschöpft.»

SBB: «Bei Entgleisung wurden gewaltige Kräfte freigesetzt»

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Bei der Entgleisung eines Güterzugwagens im Gotthard-Basistunnel sind am Donnerstag laut Angaben der SBB-Verantwortlichen gewaltige Kräfte freigesetzt worden. Der Güterzug sei mit rund 100 km/h gefahren, sagte Rudolf Büchi, stv. Leiter Infrastruktur.

11.08.2023