Appell an Bundesamt Avenir Suisse sieht Ineffizienz bei IV

tl, sda

13.4.2021 - 07:49

Avenir Suisse will die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Kantonen optimiert sehen. (Symbolbild)
Avenir Suisse will die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Kantonen optimiert sehen. (Symbolbild)
Bild: dpa

Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse bescheinigt der Invalidenversicherung in einer Studie Ineffizienz. Nun sei das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) gefordert, Doppelspurigkeiten zu vermeiden. 

24 Milliarden Franken pro Jahr kosten Heilung, Eingliederung und Berentung von Menschen mit Behinderung nach einer Schätzung der Denkfabrik Avenir Suisse. Wie Kosten gesenkt und Kommunikationsdefizite, Fehlanreize sowie Doppelspurigkeiten vermieden werden können, legt sie in einer Studie dar, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Die Bedeutung von Invalidität für die Systeme der sozialen Absicherung habe sich während der Corona-Krise verschärft, besonders im Bereich der psychischen Erkrankungen. Dies schreibt die nach eigener Darstellung klassisch liberale Denkfabrik Avenir Suisse mit Sitz in Zürich anlässlich der Präsentation ihrer Studie «Eingliedern statt ausschliessen: Gute berufliche Integration bei Invalidität lohnt sich».

Mit vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) zur Verfügung gestellten Zahlen will Avenir Suisse aufzeigen, wie die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Kantonen optimiert werden kann.

Davon würden nicht nur Erkrankte, sondern auch private und staatliche Leistungsträger profitieren, so Avenir Suisse. Neben der Invalidenversicherung (IV) seien private Akteure (Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Ärzte), private Institutionen (Krankentaggeldversicherer, Pensionskassen) und oft weitere staatliche Einrichtungen wie die Arbeitslosenversicherung oder die Sozialhilfe involviert.

Für die Avenir-Suisse-Studie wurden Personen von sechs Kohorten (2010–2015) vier Jahre nach ihrer Anmeldung bei der IV analysiert. Die Betrachtung pro Anmeldung statt pro Einwohner klammert soziodemografische Unterschiede zwischen den Kantonen aus und fokussiert auf die steuerbaren Aktivitäten der IV-Stellen.

Deutliche Unterschiede zwischen Kantonen

Die Studie zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Kantonen. So sind die Rentenquoten – das Verhältnis der zugesprochenen Renten pro Anmeldung – in der Romandie und im Tessin mindestens 27 Prozent höher als in der übrigen Schweiz, im Kanton Genf sogar um 41 Prozent. Die Differenzen spiegeln laut Avenir Suisse die Auslegungen des Bundesrechtes durch die kantonalen IV-Stellen und zum Teil durch die Kantonsgerichte. Sie seien aber auch das Resultat unterschiedlicher Eingliederungsstrategien.

Weiter zeige sich, dass die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Jura und Zug mehr als dreimal so viel ausgeben pro Massnahmenbezüger wie das Tessin. Doch nicht nur die Beträge pro Fall variierten stark, sondern auch die Zahl der Bezüger und der Integrationserfolg. So sei die Erfolgsquote in den Kantonen Solothurn und Wallis deutlich tiefer als im Kanton St. Gallen.

Bundesamt für Sozialversicherungen gefordert

Avenir Suisse fordert das Bundesamt für Sozialversicherungen auf, als Aufsichtsorgan die Gründe für diese Unterschiede zu untersuchen und die Basis für Vergleiche bei psychischen Krankheiten mit einer einheitlichen Nomenklatur zu legen. Um die Mittel effizienter einzusetzen, sollte ein Kostendach für alle beruflichen Massnahmen pro IV-Stelle, gestützt auf die Anzahl Anmeldungen pro Jahr, festgelegt werden, dies analog zur Regelung in der Arbeitslosenversicherung, schreibt die Denkfabrik.

Als Vorbild nennt Avenir Suisse den Kanton Aargau, wo aus Sicht der Denkfabrik Doppelspurigkeiten zwischen der IV, der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe zugunsten der Patienten überwunden werden. Unter dem Namen «Kooperation Arbeitsmarkt» bündelten die Ämter dort ihre Dienste unter einem Dach und vereinfachten so die Schnittstellen mit den Erkrankten und den Arbeitgebern.

Die kantonalen Parlamente und Regierungen seien gefordert, so Avenir Suisse, die Ziele und die Form der Zusammenarbeit zwischen den Institutionen zu überprüfen und an die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Letztlich gelte es, von föderalen Erfolgsmodellen zu lernen.

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