Grosser Rat BE Abgeschwächter Gegenvorschlag zu Berner Solarinitiative unter Dach

zc, sda

4.9.2024 - 16:21

Die Solarinitiative der Grünen beschäftigt die bernische Politik seit Jahren. (Symbolbild)
Die Solarinitiative der Grünen beschäftigt die bernische Politik seit Jahren. (Symbolbild)
Keystone

Im Kanton Bern kann das Volk nach jahrelangem Hin und Her über die Solarinitiative und einen Gegenvorschlag entscheiden. Der Grosse Rat hat am Mittwoch einen abgeschwächten Gegenvorschlag mit 107 zu 26 Stimmen bei 20 Enthaltungen verabschiedet.

Für die Mitte-Rechts-Mehrheit liegt damit ein mehrheitsfähiger Kompromiss vor, der auch den Hauseigentümern zugemutet werden könne. Für die Ratslinke handelt es sich um einen zahnlosen Papiertiger.

Laut Gegenvorschlag soll es bei Dachsanierungen keine Solarpflicht geben. Hauseigentümer sollen bloss melden müssen, ob sich die Dachflächen für die Solarenergienutzung eignen würden. Der Rat schwächte zudem die Spielregeln bei neuen Wohnbauten ab. Kleine Dachflächen sollen von der Solarpflicht befreit werden.

«Eingriff ins Privateigentum»

Die Initiative der Grünen empfiehlt der Rat mit 79 zu 73 Stimmen zur Ablehnung. Sie verlangt eine Solaranlage nicht für Neubauten, sondern auch für bestehende Bauten, sofern sich die Dach- und Fassadenflächen eignen.

Das geht dem bürgerlichen Lager deutlich zu weit. Die Initiative stelle einen massiven Eingriff ins Privateigentum dar, sagte Markus Aebi namens der SVP-Fraktion.

Eine Solarpflicht bei Renovierungen könnte ihm zufolge dazu führen, dass Dächer gar nicht saniert würden, weil die Investitionen nicht tragbar seien. Peter Haudenschild (FDP) warnte davor, dass bei einer Pflicht zu einer teuren Solarlösung das Geld für Dämmungen fehlen könnte. Dann sei energietechnisch gar nichts gewonnen.

Hauseigentümer sollten auch in Zukunft selber entscheiden, was für sie die beste Lösung sei, sagte Dominik Blatti (EDU). Der Gegenvorschlag gehe zwar weniger weit als die Initiative, hole aber das Optimum heraus, befand Simon Ryser (GLP).

Angebot ausgeschlagen

Anders sahen das die Ratslinke und die EVP. Eine blosse Meldepflicht bei Dachsanierungen bringe wenig. Sie fördere eher die Bürokratie als die Sonnenenergie, kritisierte Jan Remund (Grüne).

Trotzdem seien die Initianten bereit, über einen Rückzug des Begehrens nachzudenken, wenn der Rat einen Kompromiss beschliesse: Die Solarpflicht solle nur für grosse Gebäude mit über 300 Quadratmetern Gebäudefläche gelten.

Die Mitte-Rechts-Mehrheit schlug das Angebot aus. Der angebliche Kompromiss sei ein Kernstück der Initiative, sagte SVP-Sprecher Aebi. Werde er angenommen, werde der bernische Hauseigentümerverband (HEV) das Referendum ergreifen, drohte der HEV-Präsident und Mitte-Grossrat Francesco Rappa. Der Antrag scheiterte mit 80 zu 73 Stimmen.

Solarpflicht für Parkplätze

In den Gegenvorschlag aufgenommen wurde dank der bürgerlichen Mehrheit eine Solarpflicht für Parkplätze im Freien, die für die Solarenergienutzung geeignet sind und der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Die Linke und die EVP kritisierten dies als reines Störmanöver.

Parkplätze seien gar nicht Teil der Initiative. Deshalb gehörten sie auch nicht in den Gegenvorschlag. Die Ratsmehrheit war hingegen der Meinung, in diesem Bereich liessen sich gut zusätzliche Solarflächen schaffen.

«Viel zu wenig»

SP und Grüne zogen am Ende der rund vierstündigen Debatte ein bitteres Fazit. Die Initiative sei von Anfang an sabotiert worden, sagte etwa David Stampfli namens der SP/Juso-Fraktion unter Verweis auf das jahrelang Gezerre um einen Gegenvorschlag. Was nun vorliege, sei ein ziemlich mutloser Kompromiss der bürgerlichen Parteien. Ziel des Deals sei ein doppeltes Nein bei der Volksabstimmung.

Wenn es um die Versorgungssicherheit gehe, könnten Hausbesitzer offensichtlich nicht in die Pflicht genommen werden, sagte Beat Kohler (Grüne). Der Gegenvorschlag sei «ein My mehr als nichts, aber viel zu wenig».

Unzufrieden zeigte sich auch die EVP-Fraktion. Deren Sprecherin Tabea Bossard-Jenni sagte, aus dem erhofften Meilenstein sei ein Kieselstein geworden. Das Parlament verkenne die Zeichen der Zeit.

Sprecher der bürgerlichen Parteien wiesen die Vorwürfe zurück. Sie betonten wie auch das rotgrüne Lager, sie freuten sich auf den Abstimmungskampf.

zc, sda