Rechte Randale nach Bluttat Neue Welle der Gewalt in mehreren britischen Städten

dpa

4.8.2024 - 15:39

Über 90 Festnahmen nach Randale in Grossbritannien

Über 90 Festnahmen nach Randale in Grossbritannien

Über 90 Festnahmen nach Randale in Grossbritannien

04.08.2024

Grossbritannien kommt nicht zur Ruhe. Es gibt neue heftige Krawalle und Zusammenstösse zwischen Rechtsextremen und der Polizei. Letztere warnt vor Folgen für ihre Ermittlungsarbeit.

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mit antimuslimischen Krawallen haben Ultranationalisten in mehreren britischen Städten schwere Schäden angerichtet und Polizisten verletzt.
  • Landesweit wurden nach Polizeiangaben mehr als 90 Menschen festgenommen.
  • Die Behörden rüsten sich für weitere Ausschreitungen, die als Reaktion auf eine Bluttat mit drei erstochenen Mädchen vor einer Woche gelten.

Nach neuen gewaltsamen Protesten von Rechtsextremen in Grossbritannien hat ein führender Polizeiverband vor möglichen Folgen für die Strafverfolgung von anderen Verbrechen gewarnt. Es sei zu beobachten, dass Beamte von ihrer Routinearbeit abgezogen würden, um gegen die Ausschreitungen vorzugehen, sagte die Vize-Vorsitzende der Police Federation von England und Wales, Tiffany Lynch, am Sonntag der BBC. Doch während dies geschehe, müssten Verbrechensopfer leider hinnehmen, dass an ihnen verübte Verbrechen nicht untersucht werden könnten.

 Ein Mann schwingt ein Holzstück vor einer demonstrierenden Gruppe. Bei nationalistischen und antimuslimischen Protesten in Grossbritannien infolge der Messerattacke von Southport ist es stellenweise zu neuen Ausschreitungen gekommen.
 Ein Mann schwingt ein Holzstück vor einer demonstrierenden Gruppe. Bei nationalistischen und antimuslimischen Protesten in Grossbritannien infolge der Messerattacke von Southport ist es stellenweise zu neuen Ausschreitungen gekommen.
Bild: Michael Holmes/PA Wire/dpa

Am Samstag kam es an zahlreichen Orten in Grossbritannien zu heftigen Krawallen, die offenbar von einem tödlichen Messerangriff auf Kinder ausgelöst wurden, die im Küstenort Southport an einem Tanzkurs teilnahmen, der als Taylor-Swift-Mottoevent beworben worden war. Drei Mädchen im Alter von sechs, sieben und acht Jahren kamen ums Leben, acht Kinder und zwei Erwachsene wurden bei der Attacke vom Montag verletzt. Ein 17-Jähriger wurde als Tatverdächtiger festgenommen und des dreifachen Mordes sowie zehnfachen versuchten Mordes beschuldigt.

Randalierer greifen Rettungskräfte an

Falschmeldungen im Internet über die Identität des jungen Mannes fachen offenbar die Wut unter Anhängern ultrarechter Ideologien an. So kursieren etwa Gerüchte, wonach es sich bei dem mutmasslichen Täter um einen Muslim und Asylbewerber handele. Laut der Polizei wurde er in Wales geboren, seine Eltern stammen aus Ruanda. Angaben zu seiner Religionszugehörigkeit lagen nicht vor. Verdächtige unter 18 Jahren werden eigentlich im Königreich nicht identifiziert, doch ordnete der zuständige Richter überraschend an, dessen Namen zu nennen, um unter anderem der Verbreitung von falschen Informationen entgegenzuwirken.

Beamte der nordirischen Polizei (PSNI) sperren eine Strasse nach einer anti-islamischen Demonstration vor dem Rathaus infolge der Messerattacke von Southport. In sozialen Medien hatte sich nach der Bluttat am 29.07.2024 das Gerücht breitgemacht, bei dem Täter handele es sich um einen muslimischen Asylbewerber. 
Beamte der nordirischen Polizei (PSNI) sperren eine Strasse nach einer anti-islamischen Demonstration vor dem Rathaus infolge der Messerattacke von Southport. In sozialen Medien hatte sich nach der Bluttat am 29.07.2024 das Gerücht breitgemacht, bei dem Täter handele es sich um einen muslimischen Asylbewerber. 
Bild: David Young/PA Wire/dpa

Doch ebbten die Krawalle nicht ab. An zahlreichen Orten spielten sich am Samstag Szenen der Gewalt ab – von der nordirischen Hauptstadt Belfast über Liverpool im Nordwestengland bis Bristol im Südwesten. Die Merseyside Police meldete etwa, dass sich rund 300 Personen an Ausschreitungen in Liverpool beteiligt hätten. Das Erdgeschoss der Spellow Lane Library Hub – ein vor allem für Bedürftige errichtetes Bibliotheks- und Gemeindezentrum – sei verwüstet und Brand gesteckt worden. Randalierer hätten dann Feuerwehrleute daran zu hindern versucht, das Feuer zu löschen. Ein Geschoss sei auf den Wagen der Einsatzkräfte geworfen und dabei eine Heckscheibe zertrümmert worden.

Dutzende Festnahmen

Der Bürgermeister des Grossraums Liverpool, Steve Rotheramn, sprach später von einer Attacke, die nicht nur dem Gebäude, sondern «unserer Gemeinschaft an sich» gegolten habe. Es sei «eine Beleidigung für jene Familien, dich noch trauerten und die Überlebenden, die noch damit ringen, den Angriff vom Montag zu verarbeiten».

Es gab Dutzende Festnahmen, Polizisten wurden verletzt. Es kam auch zu Zusammenstössen zwischen Ultranationalisten und Gegendemonstranten, die gegen Rassismus protestierten. Es dürfte weitere Festnahmen geben, zumal die Behörden noch Aufnahmen von Überwachungskameras, Material von Körperkameras von Beamten sowie Inhalte in sozialen Medien prüften. Für diesen Sonntag wurde mit weiteren Protesten gerechnet.

dpa