Georgia, Trump und die Partei«Was er terminieren wird, sind die Republikaner»
Von Philipp Dahm
7.12.2022
Demokrat Warnock gewinnt Senats-Stichwahl in Georgia
Der demokratische Amtsinhaber Raphael Warnock hat die mit Spannung erwartete Senats-Stichwahl im US-Bundesstaat Georgia gewonnen und damit die Mehrheit der Partei von Präsident Joe Biden im Senat gestärkt.
07.12.2022
Nachdem auch Donald Trumps Kandidat in Georgia versagt hat, bekommt der Ex-Präsident von den US-Konservativen immer mehr Gegenwind. Selbst Fox News greift den 76-Jährigen inzwischen frontal an.
Von Philipp Dahm
07.12.2022, 17:41
Philipp Dahm
Es ist schon ungeheuerlich, was Stuart Varney da über Donald Trump am Tag der Stichwahl in Georgia sagt. Nicht wegen des Inhalts, sondern weil der Moderator von Fox News wie sein Sender bis dato nicht als Kritiker des Ex-Präsidenten aufgefallen ist. Im Gegenteil.
Doch nun tönt Varney vollkommen anders. Trump «scheint seinen eisernen Griff auf die [Republikaner] zu verlieren», kommentiert der 74-Jährige. Er habe noch «Hardcore-Anhänger», doch viele der 74 Millionen, die ihn zuletzt gewählt haben, würden sich abwenden.
24 der Kandidaten, die Trump ausgesucht hat, sind bei den Midterms gescheitert, rechnet Varney vor – allen voran Mehmet Oz und Kari Lake. «Und kurz vor der heutigen Wahl spricht er darüber, Teile der Verfassung auszusetzen», nervt sich der konservative Moderator, den daran vor allem eines stört: «Das spielt den Demokraten direkt in die Hände.»
Fox News host gets real, destroys Donald Trump in epic smack down. (Video: Fox News) pic.twitter.com/TlzV3rrvTE
Sollte Raphael Warnock die Stichwahl in Georgia gewinnen, würde das die demokratische Mehrheit im Senat ausbauen, die es dann einfacher hätten, Richter*innen und andere Offizielle zu berufen, warnt Varney. Aber: «Wenn Walker gewinnt, wird Trump alles für sich beanspruchen. Garantiert! Wenn Walker verliert, wird Trump Walker die Schuld geben.»
Walker «monatelang» zur Kandidatur gedrängt
Heute wissen wir, dass Varneys Albtraum wahr geworden ist: Herschel Walker hat seine Niederlage gegen Warnock bereits eingeräumt. Für die Demokraten ist der Sitz so wichtig, weil ihre Mehrheit im Senat mit 50 Sitzen hauchdünn gewesen ist. Der 52. Sitz ist der Grund dafür, dass Demokraten wie Joe Manchin aus West Virginia, der sich als Querulant in der eigenen Partei entpuppt hat, nicht mehr so viel Gewicht haben.
Um so ein Szenario zu verhindern, wollte Donald Trump Herschel Walker bei der Stichwahl unterstützen. Doch sein Wahlkampfteam entschied sich dagegen – notabene auch, um so ein Szenario zu verhindern: Die Partei-Strategen befürchteten, dass Trump-Auftritte dem republikanischen Kandidaten im ohnehin engen Rennen eher schaden.
Dass Warnock die Abstimmung gewinnt, kann aber nicht überraschen – so oder so. Denn Walker ist eine unglückliche Wahl: Seine Kampagne ist von Skandalen gespickt. Er hätte niemals antreten dürfen, doch sein Sohn schreibt, Trump habe seinen Vater monatelang zur Kandidatur gedrängt.
Trump: «Unser Land steckt in grossen Schwierigkeiten»
«Jeder, der ein Gehirn hat, hat [Herschel] angefleht: ‹Mach das bitte nicht. Das ist zu dreckig, du hat eine irre Vergangenheit›», stellt es der 23-Jährige dar. Sein Vater habe nicht gehört. Dabei habe die Partei «ihn vor allem deshalb aufgestellt, weil er dieselbe Hautfarbe wie sein Gegner, aber ausser Football keinen anderen Hintergrund hat. Ein langweiliger, alter Republikaner hätte gewonnen.»
Republicans, we say we don’t play “identity politics” and then you ran this man mainly because he was the same skin color as his opponent with no background other than football. A boring old Republican could have won.
Und was sagt Donald Trump dazu? Bisher wenig. Nur so viel: «Unser Land steckt in grossen Schwierigkeiten. Eine schöne Bescherung.» Und das schreibt der 76-Jährige auf seiner Plattform Truth Social komplett in Grossbuchstaben.
Dabei ist er es, der in Schwierigkeiten steckt: An ein und demselben Tag verliert sein Protégé die Stichwahl – und seine Trump Organization wird in allen 17 Anklagepunkten der Steuerhinterziehung schuldig gesprochen. Das Urteil ergeht allerdings nicht gegen den Ex-Präsidenten persönlich, der Rekurs eingelegt hat und das Ganze als «Hexenjagd» abstempelt.
Bringt Georgia Trump zu Fall?
Es ist ja nicht der einzige juristische Ärger: Gegen Trump wird wegen verschwundener geheimer Regierungsdokumente, wegen des Sturms aufs Kapitol, wegen versuchter Wahlmanipulation in Georgia und wegen Diffamierung ermittelt.
Beim letztgenannten Fall geht es um Jean Carroll: Die Journalistin sagt, sie sei in den 90ern von Trump vergewaltigt worden. Der konterte, sie lüge und wolle lediglich ihr Buch verkaufen. Nun klagt sie wegen Rufschädigung. Zuletzt eckt der New Yorker an, als er mit dem Antisemiten Nick Fuentes und Ye alias Kanye West zu Abend isst, bevor er die Verfassung der USA angreift.
The biggest loser tonight isn't Herschel Walker. It's Donald Trump.
Zusammen mit dem Wahl-Debakel wird das den Konservativen langsam offenbar zu viel. «Nach den Midterms und nach dem, was 2020 passiert ist, wird Georgia womöglich als der Staat in Erinnerung bleiben, der Donald Trump endlich gebrochen hat», sagt der konservative Kommentator Scott Jennings bei CNN. Georgia «ist kein Staat, den die Republikaner verlieren sollten».
«Trump gibt den Republikanern einen Vorgeschmack»
«Jeder Republikaner in diesem Land sollte Donald Trump verantwortlich machen», pflichtet ihm Geoff Duncan bei. Er ist der stellvertretende Gouverneur Georgias. Sein Boss ist Brian Kemp, den Donald Trump angegriffen hat, weil der republikanische Gouverneur die Wahlergebnisse des Staates nicht anfechten wollte.
Trump kontert mit einem parteiinternen Gegenkandidaten, doch der verliert gegen Kemp ebenso wie die demokratische Herausforderin bei der jüngsten Gouverneurswahl. Es sind Typen wie Kemp, die jenen Konservativen Mut machen, die den Ex-Präsidenten hinter sich lassen und neu anfangen wollen.
Doch totgeschrieben wurde Trump schon oft – und immer wieder hat er die Medienn Lügen gestraft. Nun wenden sich allerdings die eigenen Leute gegen ihn. «Mister Trump gibt den Republikanern einen Vorgeschmack darauf, was sie bekommen, wenn sie ihn für 2024 wieder nominieren», schreibt das konservative «Wall Street Journal».
«Seine Präsidentschaftskampagne ist keinen Monat alt, und schon mit einem Antisemiten und Rassisten zu Abend gegessen, während er fordert, wieder als Präsident eingesetzt zu werden – auch wenn das die ‹Terminierung› von all dem aus der Verfassung voraussetzt, was im Weg steht», heisst es weiter. Fazit: «Was er terminieren wird, sind die Republikaner.»
Gericht verurteilt Trump-Firma wegen Plänen zum Steuer-Betrug
Die «Trump Organization» betreibt Hotels, Golfplätze und andere Immobilien auf der ganzen Welt.