Propagandaschlacht Warum die US-Ausschreitungen China in die Karten spielen

tsha

4.6.2020

Nach dem Tod von George Floyd kommt es in den USA seit Tagen zu Demonstrationen und Ausschreitungen – die chinesische Propagandamaschinerie kann ihr Glück kaum fassen.

Während in den USA seit Tagen Tausende Menschen auf die Strasse gehen, um gegen Polizeigewalt zu demonstrieren, und gleichzeitig die Republikaner um Präsident Donald Trump den Zorn der Bürger noch befeuern, freut sich China diebisch.

Seit Tagen kennt die Pekinger Propaganda nur ein Thema: den Tod des Schwarzen George Floyd, der starb, nachdem ihm ein weisser Polizist minutenlang sein Knie in den Nacken gedrückt hatte.

Die chinesischen Kommentatoren geben sich entsetzt über diesen Akt der Gewalt, nutzen ihn aber gleichzeitig für ihre eigene Agenda. Der Tenor: Wie kann der Westen es wagen, sich über angebliche Polizeigewalt in Hongkong zu echauffieren, wenn in den USA Polizisten unschuldige Menschen töten, am helllichten Tage, auf offener Strasse, aus blankem Rassismus?



Seit Monaten schon gehen in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong die Bürger auf die Strasse, um gegen den wachsenden Einfluss Pekings zu demonstrieren.

Seit der chinesische Volkskongress dann vor wenigen Tagen grünes Licht gab für ein neues Sicherheitsgesetz, sehen viele das Ende der bisherigen Ein-Land-zwei-Systeme-Regelung gekommen; die USA kündigten an, Hongkong seinen bisherigen Sonderstatus zu entziehen. Ein Schritt, der die chinesische Wirtschaft empfindlich treffen würde. Begründet wurde das auch mit dem bisweilen rabiaten Auftreten der Hongkonger Polizei.

Wie hier in Santa Monica kommt es in den USA derzeit immer wieder zu Zusammenstössen zwischen der Polizei und Demonstranten.
Wie hier in Santa Monica kommt es in den USA derzeit immer wieder zu Zusammenstössen zwischen der Polizei und Demonstranten.
Bild: Keystone

Böse Kommentare

«Die Anwendung von Gewalt bei den Protesten durch die Polizei von Hongkong war viel milder und zurückhaltender als das, was derzeit in den USA passiert», heisst es nun in einem Kommentar des chinesischen Propagandablatts «Global Times».

Das Vorgehen der US-Polizei sei schon immer so brutal, vor allem, wenn es um die Behandlung Schwarzer Menschen gehe. Genüsslich zitiert der englischsprachige Ableger der Parteipostille «Renmin Ribao» Zahlen zu US-amerikanischer Polizeigewalt, die belegen sollen, dass dort alles viel schlimmer sei als in Hongkong.

In einem weiteren Artikel unterstellt die «Global Times» Donald Trump, er wolle mit seiner Hongkong-Politik von den Problem daheim ablenken: von Corona und von den Protesten gegen den Tod von George Floyd.

Tatsächlich fällt es in diesen Tagen schwer wie selten zuvor, die USA als den Leuchtturm der Menschenrechte und der Demokratie zu sehen, als der sich das Land seit Jahrzehnten stilisiert. Was freilich nichts an der Verlogenheit der chinesischen Propaganda ändert.

Rassismus in China

Auch in China ist Rassismus allgegenwärtig, vor allem gegen Schwarze Menschen. So lebt in der südchinesischen Stadt Guangzhou seit Jahren eine grosse afrikanische Community, vor allem aus Nigeria, sie seit Jahren gegen Benachteiligung und Rassismus kämpft.

Nachdem die Fremdenfeindlichkeit in der Corona-Krise zuletzt noch zugenommen hatte, drückte sogar die Afrikanische Union ihre «extreme Besorgnis» über die Diskriminierung von Afrikanern in Guangzhou aus. Das chinesische Aussenministerium sah sich schliesslich genötigt, offiziell zu versprechen, gegen den Rassismus vorzugehen.

Deutlich brutaler freilich ist das Vorgehen der chinesischen Regierung gegen die eigenen ethnischen Minderheiten, die zuletzt bei der Tagung des Nationalen Volkskongresses einmal mehr ihre bunten Trachten präsentieren durften: In Tibet etwa wird die lokale Kultur seit den 50er-Jahren blutig unterdrückt, in der muslimisch geprägten Provinz Xinjiang sollen sich eine Million Menschen in Umerziehungslagern befinden.



Und schliesslich verschweigt die chinesische Propaganda eines: Die Amerikaner haben es in der Hand, wer in Zukunft im Weissen Haus sitzen soll. Weiter Donald Trump, der aus den Unruhen Profit schlägt, weil ihn die schwarzen Amerikaner sowieso nicht wählen, die republikanischen Wähler sein hartes Vorgehen aber schätzen – oder doch ein gemässigterer Politiker, der eint, statt zu spalten? In Hongkong hingegen haben die Menschen diese Wahl nicht – es ist Peking, das stets das letzte Wort hat, nicht das Volk.

Zufrieden sein kann die chinesische Propaganda dennoch: Am heutigen 4. Juni spricht niemand über das, was vor 31 Jahren am Tian'anmen-Platz in Peking geschah – alle Augen sind auf die USA gerichtet.

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