Zero Covid-Strategie Die chinesische Bevölkerung verliert allmählich die Geduld

twei

7.11.2022

China sucht sein Heil nach wie vor in der Zero-Covid-Strategie – doch wie lange noch?
China sucht sein Heil nach wie vor in der Zero-Covid-Strategie – doch wie lange noch?
Bild: Keystone/EPA/Filip Singer

Die Bevölkerung hat längst genug von Chinas Zero-Covid-Strategie. Auch aus der Wirtschaft hat es es zuletzt Negativmeldungen gegeben. Aber reicht das, um die Regierung von ihrer strikten Linie in der Corona-Bekämpfung abzubringen?

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An den Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) über die Neu-Infektionen mit dem Coronavirus hat es lange Zeit kein Vorbeikommen gegeben. Mittlerweile aber sind Meldungen zum Coronavirus hierzulande nur noch Nebensache, zuletzt sanken die Fälle beträchtlich.

Ganz anders ist die Lage in China. Dort lautet das Mittel zur Corona-Bekämpfung der Pandemie weiterhin: Zero-Covid. Und doch verspürte die chinesische Bevölkerung zuletzt laut eines Berichts des «Tagesanzeiger» so etwas wie Hoffnung, dass die Regierung von ihrem knallharten Kurs samt strikter Lockdowns selbst bei geringen Fallzahlen abweicht.

Anlass zum Optimismus gab der Peking-Marathon, an dem am vergangenen Wochenende 30'000 Menschen teilnahmen. An Tests war zwar kein Vorbeikommen, aber immerhin: Im Gegensatz zu den Vorjahren wurde die Sportveranstaltung von der politischen Führung abgenickt.

Strenge Lockdowns: Medizinische Hilfe kommt zu spät

Die erfolgreiche Durchführung des Marathons war aber nicht das einzige Zeichen für Aufbruch. Hinweise auf eine Lockerung der Corona-Massnahmen sorgten auch für eine sichtbare Entspannung an der Börse.

Erfolgsmeldungen könnte die chinesische Wirtschaft gut gebrauchen. Ständige Lockdowns bremsen die Produktivität und lösten Lieferschwierigkeiten aus. Im Oktober gingen die Exporte erstmals seit zwei Jahren zurück.

iPhone-Produktion stockt wegen Lockdown in Fabrik in China

iPhone-Produktion stockt wegen Lockdown in Fabrik in China

Corona-Restriktionen in einer Fabrik in China haben derzeit einen deutlichen Rückgang der Produktion von Apples iPhone zur Folge. Die Fabrik des Zulieferers Foxconn im zentralchinesischen Zhengzhou operiere mit «erheblich reduzierter Kapazität».

07.11.2022

Dazu scheint die Bevölkerung die Geduld mit dem Null-Covid-Kurs der Regierung zu verlieren – auch, weil zuletzt tragische Todesfälle die Durchsetzung neuer Lockdowns begleitet hatten. Unter anderem liess ein dreijähriges Kind sein Leben. Die erforderliche medizinische Hilfe blieb aus, weil der Wohnkomplex aufgrund eines Lockdowns abgesperrt war.

Via Social Media machten Videos vom Firmengeländer des Apple-Zulieferers Foxconn die Runde. Nach der Ankündigung, das Unternehmen setze einen Lockdown durch, flüchteten Menschen über Zäune und machten sich mit Koffern und Habseligkeiten über Felder aus dem Staub.

Schlagzeilen machte in der vergangenen Woche auch das harte Eingreifen der Einsatzkräfte im Disneyland Shanghai. Nach einem positiven Testergebnis schlossen die Betreiber während des laufenden Betriebes alle Ein- und Ausgänge – ohne jede Ankündigung. Raus kamen nur diejenigen Besucherinnen und Besucher, die einen Negativtest vorzeigen konnten.

Chinesische Regierung dämpft Erwartungen

Auch der Alltag aller Arbeitstätigen in China ist wegen der strengen Testvorschriften lästig. Jeder Gang ins Büro oder zu Einkaufen erfordert einen Test. Nur langsam lockert die Regierung die Vorschriften: Seit kurzem gibt es keine PCR-Testpflicht für Zugreisen und Inlandsflüge mehr.

Unzufriedenheit in der Bevölkerung und empfindliche Auswirkungen auf die Wirtschaft reichen der Regierung aber offensichtlich nicht, um von Zero-Covid abzurücken. Entgegen jüngster Gerüchte, die Politik berufe ein Gremium für zuverlässigere Lieferketten ein, betonte die Regierung nun, an den Restriktionen festzuhalten. Rekordfallzahlen im Zeitraum der letzten sechs Monate lassen ein Umdenken in weite Ferne rücken.

Menschenleben stünden an erster Stelle, liess eine Mitarbeiterin der nationalen Gesundheitsbehörde am Wochenende verlauten. Zero-Covid beinhalte wirtschaftliche und gesundheitliche Effektivität und beuge gegen Einschleppungen aus dem Ausland vor.

Eine Frau wird auf das Corona-Virus getestet: In China gibt es nach wie vor Lockdowns.
Eine Frau wird auf das Corona-Virus getestet: In China gibt es nach wie vor Lockdowns.
Bild: Keystone/AP/Ng Han Guan

Bringt ein neuer Impfstoff die erhoffte Lockerung?

Diese unmissverständliche Durchhalteparolen aus chinesischen Regierungskreisen lassen Analysten mit geteilten Meinungen zurück. Optimisten gehen von einer Abkehr von Zero-Covid «nicht vor März 2023» aus, laut der Nachrichtenagentur AFP sei dagegen mit einem «langen Prozess zu rechnen».

Als Beschleuniger für eine Rückkehr zurück zur Normalität könnten Forscher agieren, die an mRNA-Impfstoffen arbeiten. In Shanghai werden zwei Fabriken in die Höhe gezogen, die Kapazitäten von zwei Milliarden Impfdosen jährlich versprechen. Von den jüngsten Entwicklungen verspricht sich China, den Rückstand auf die verbotenen Vakzine von Moderna und Pfizer aufzuholen – und die Impfskepsis im Land dank eines einheimischen Produktes zu verringern.