Orbans Fidesz-Partei gewinnt Wahlen in Ungarn
Viktor Orban hat sich zum Sieger der Wahlen in Ungarn erklärt – zum vierten Mal in Folge. Seine nationalkonservative Partei Fidesz erhielt 53,1 Prozent der Stimmen. Das Oppositionsbündnis unter Führung von Peter Marki-Zay kam auf 35 Prozent.
04.04.2022
Nach zwölf Jahren an der Macht feiert Viktor Orban einen weiteren deutlichen Wahlsieg. 53 Prozent der Ungarn und Ungarinnen gaben seiner nationalkonservativen Fidesz ihre Stimme. Der EU stehen damit weitere Konfrontationen ins Haus.
Wer Viktor Orban kennt, weiss, dass Ungarns starker Mann alle Register der Machtausübung beherrscht, im tiefsten Inneren aber unsicher sein kann. Vor dem Wahlgang am Sonntag rechnete er zwar mit einem vierten Sieg in Folge, liess aber dennoch Zweifel durchblicken. So warf er im letzten Fernseh-Interview der Opposition ziemlich sinnbefreit «Wahlbetrug» vor, weil sie über legal zugängliche Telefondaten SMS-Botschaften an Wähler verschickt hatte.
Als am Sonntagabend die Teilergebnisse eintrudelten und schon recht bald einen massiven Wahlsieg der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz vermuten liessen, schien es, als ob Orban es kaum fassen konnte. Als er vor der Budapester Veranstaltungshalle, die als Schauplatz der Wahlparty diente, vor seine Fans trat, überschlug sich seine Stimme vor Triumphgefühlen.
«Wir haben einen gewaltigen Sieg errungen. Einen so gewaltigen Sieg, dass man ihn sogar vom Mond sieht, aber von Brüssel aus ganz gewiss», rief er in die jubelnde Menge. «Gewaltige internationale Kraftzentren» hätten sich gegen die Fidesz-Partei gestemmt. Es sind die üblichen Verdächtigen: «Brüssel» – das heisst die EU-, der ungarischstämmige US-Investor und Demokratie-Förderer George Soros («Onkel Gyuri»), die «internationale Linke» und die internationalen Medien.
Schockierte Herausforderer
Zerknirscht, vom Ausmass der Niederlage schockiert, zeigte sich Orbans Herausforderer Peter Marki-Zay. Der Spitzenkandidat des erstmals bei dieser Wahl angetretenen Oppositionsbündnisses «Ungarn in Einheit» stellte sich im Budapester Stadtwäldchen seinen Anhängern. «Unter ungleichen Bedingungen, mit zusammengebundenen Beinen, mit einer Lanze im Rücken sind wir in diesen Kampf gegangen», erklärte er das Unfassbare. «Doch wir haben nicht gewonnen.»
Sieger in der Politik haben viele Freunde, Verlierer bleiben hingegen allein. Dem Auftritt Marki-Zays assistierte kein einziger der Vorsitzenden der sechs Bündnisparteien. Stattdessen reihte der parteilose Konservative und bekennende Katholik seine Frau und sieben Kinder hinter sich auf. «Wir bleiben hier, wir setzen uns für jeden ein, wir bleiben der Macht auf den Fersen», sagte er. Experten erklärten indes seine politische Karriere für so gut wie beendet.
Orban sieht sich wiederum in jeder Hinsicht bestätigt. «Sein Triumphalismus wirft einen ominösen Schatten voraus», meinte der Politologe Andras Biro-Nagy in der Wahlsendung des Internet-Fernsehkanals Partizan. «Wir werden eine Fidesz-Politik sehen, die voll unter Testosteron steht.»
Verschärfte Konfrontationen mit der EU möglich
In der Aussenpolitik könnte das vor allem verschärfte Konfrontationen mit der EU bedeuten. Wegen Verstössen gegen die Rechtsstaatlichkeit arbeiten die Brüsseler Institutionen daran, dem Land die EU-Fördermittel zu kürzen oder zu entziehen. Es besteht der Verdacht, dass ein Teil der EU-Gelder in korrupte Kanäle fliesst und damit zur Stabilisierung des «Systems Orban» beiträgt.
Zugleich hat sich Orban in den vergangenen Jahren mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verbündet, der ein ähnliches System betreibt, finanziert nicht durch EU-Gelder, sondern durch die Einnahmen aus Rohstoffverkäufen. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine brachte Orban in eine prekäre Situation.
Die EU-Beschlüsse zur Verurteilung Russlands und zur Bewaffnung der Ukraine trug der Ungar halbherzig mit. Bislang vermied er es aber, den Kremlherrn offen als Aggressor zu benennen. Damit steht er in EU und Nato isoliert da. Sein Wahltriumph mag ihm vorerst Genugtuung verschaffen. Wie weit diese ihn auf der internationalen Bühne tragen wird, erscheint ungewiss.
SDA, smi
Von Gregor Mayer, dpa