Lage spitzt sich zu Trumps nächster Krisenherd: Türkei reagiert scharf auf US-Sanktionen

2.8.2018

Der Fall des US-Pastors Brunson stellt die Beziehungen zwischen Ankara und Washington auf eine harte Probe. Die türkische Regierung reagiert empört auf die Sanktionen und hat dabei sogar Teile der Opposition hinter sich.

Nach den US-Sanktionen gegen zwei türkische Minister wegen eines in der Türkei festgehaltenen amerikanischen Pastors verschärft Ankara den Ton gegen Washington.

Der von den Sanktionen betroffene Innenminister Süleyman Soylu forderte Washington an diesem Donnerstag mit der Erklärung heraus, die Türkei werde den als Putschverschwörer gesuchten islamischen Prediger Fethullah Gülen aus den USA «holen».

Die USA hatten am Mittwochabend Sanktionen gegen den türkischen Justizminister Abdülhamit Gül und Innenminister Soylu verhängt, weil sie «führende Rollen» im Fall des US-Pastors Andrew Brunson gespielt hätten. Durch die Sanktionen werden mögliche Vermögen der Minister in den USA eingefroren, ausserdem dürfen US-Bürger keine Geschäfte mit ihnen machen.

Donald Trump und Recep Tayyip Erdogan beim Nato-Gipfel in Brüssel. Die Fronten zwischen Washington und Ankara sind verhärtet. Foto: Pablo Martinez Monsivais/AP
Donald Trump und Recep Tayyip Erdogan beim Nato-Gipfel in Brüssel. Die Fronten zwischen Washington und Ankara sind verhärtet. Foto: Pablo Martinez Monsivais/AP
Source: Pablo Martinez Monsivais

Kurz nach der Entscheidung hatte der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu mit Vergeltung gedroht, liess aber zunächst offen, wie diese aussehen könnte. Die Sanktionen liessen das türkische Regierungslager und Teile der Opposition zusammenrücken.

Erdogan wies Medienberichte über Absprachen zurück

Brunson war im Oktober 2016 - wenige Monate nach dem Putschversuch in der Türkei - in Izmir festgenommen und im darauffolgenden Dezember wegen Terrorvorwürfen verhaftet worden. Vergangene Woche wandelte ein Gericht die Untersuchungshaft des 50-Jährigen wegen gesundheitlicher Probleme in Hausarrest um. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wies anschliessend Medienberichte über etwaige Absprachen zwischen den USA und der Türkei zum Fall Brunson zurück.

Die Staatsanwaltschaft im westtürkischen Izmir wirft Brunson unter anderem Verbindungen zu Fethullah Gülen vor. Der in den USA lebende Kopf der Gülen-Bewegung (Fetö) ist nach Ansicht der Türkei Drahtzieher des Putschversuchs vom Juli 2016.

Andrew Craig Brunson (M), Pastor aus den USA, verlässt ein Gefängnis ausserhalb von Izmir. Foto: DHA/AP
Andrew Craig Brunson (M), Pastor aus den USA, verlässt ein Gefängnis ausserhalb von Izmir. Foto: DHA/AP
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Soylu schrieb am Donnerstagmorgen auf Twitter, dass man sich aus den USA holen werde, was der Türkei gehöre. «Wir haben in Amerika einen Besitz: Fetö. Den werden wir nicht dort lassen. Wir werden ihn holen!»

Konflikt könnte angeschlagene türkische Wirtschaft treffen

Wegen der Sanktionen stellten sich Teile der türkischen Opposition hinter die Regierungsallianz aus islamisch-konservativer AKP und ultranationalistischer MHP. Am Donnerstagmorgen veröffentlichten AKP, MHP, die Mitte-Links Partei CHP und die nationalkonservative Iyi-Partei gemeinsam im Parlament eine Stellungnahme, in der sie die Sanktionen scharf kritisierten. Sie erklärten sich solidarisch mit allen Schritten, die die Regierung ergreifen werde.

Die Minister seien in beispielloser Weise angegriffen worden, hiess es darin laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Wer diese Entscheidung getroffen habe, könne «äusserst ernste Probleme» zwischen den USA und der Türkei schaffen. Eine Sprecherin der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP im Parlament sagte der Deutschen Presse-Agentur, die AKP habe die HDP-Führung nicht gefragt, ob diese die Stellungnahme unterstützen wolle.

Der Konflikt könnte auch die bereits angeschlagene türkische Wirtschaft treffen. Nach Verhängung der US-Sanktionen war die Lira abgestürzt und am Donnerstag weiter auf Talfahrt. Der US-Dollar stieg im Verhältnis zur Lira zwischenzeitlich auf 5,09 Lira Der Euro-Kurs erreichte einen Rekordwert von 5,9 Lira.

Nach dem Putschversuch wurden während des zwei Jahre andauernden Ausnahmezustands Zehntausende angebliche Gülen-Anhänger inhaftiert. Auch nach Ende des Notstands, der am 19. Juli ausgelaufen war, gingen die Verhaftungen in der Türkei weiter. Am Donnerstag ordnete ein Gericht in Ankara nach Anadolu-Angabe die Festnahme von 27 hochrangigen Marinesoldaten an. Den Soldaten wird demnach vorgeworfen, mit Imamen der Gülen-Bewegung kommuniziert zu haben.

Andrew Craig Brunson wird zu seinem Haus im türkischen Izmir eskortiert. Foto: Emre Tazegul/AP
Andrew Craig Brunson wird zu seinem Haus im türkischen Izmir eskortiert. Foto: Emre Tazegul/AP
Source: Emre Tazegul
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