Late Night USA«Trump wird den gesamten Wahlkampf vor Gericht stehen»
Von Philipp Dahm
23.11.2023
Donald Trump liegt in einer Umfrage erstmals zwei Prozent vor Joe Biden. Allerdings würde er einen Wahlkampf ums Weisse Haus vor allem aus einem Gericht heraus führen müssen, so «Late Night with Seth Meyers».
Von Philipp Dahm
23.11.2023, 19:38
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Im «NBC News Poll» liegt Donald Trump mit 46 Prozent Zustimmung erstmals vor Joe Biden, der auf 44 Prozent kommt.
Frust in den eigenen Reihen: Selbst in seiner Partei stellen dem Amtsinhaber derzeit 21 Prozent ein schlechtes Zeugnis aus.
Seth Meyers erinnert daran, dass 2012 ein Jahr vor der Wahl ein Mitt Romney auch knapp vor einem Barack Obama lag.
Er kann eigentlich erzählen, was er will: Donald Trump habe seine Basis deutlich fester im Griff als sein Konkurrent, so Meyers.
Zwei Verhandlungen Trumps starten im März oder April und Anfang August: Sie werden Monate dauern.
Trump muss anwesend sein und wird während des Wahlkampfs oft im Gericht sitzen.
«Ausgesprochen unbegründet»: Der 77-Jährige ist mit einem Befangenheitsantrag gegen den Richter im Betrugsprozess in New York gescheitert.
Das politische Amerika bleibt widersprüchlich. «Einerseits feiern Demokraten eine Siegesserie, wenn es um echte Wahlen von Kentucky über Ohio bis Virginia geht», sagt Seth Meyers in seiner «Late Night»-Show. «Doch auf der anderen Seite scheinen Umfragen zu belegen, dass die Wähler von Joe Biden derzeit nicht gerade begeistert sind.»
Die Wahl ist zwar erst in einem Jahr – am 5. November 2024 –, gibt der 49-Jährige zu bedenken. Doch dann folgt ab Minute 1 ein Clip, der Demokraten beunruhigen könnte: Da ist MSNBC-Journalist Steve Kornacki zu sehen, der für seine Wahlberichterstattung bekannt ist. «Donald Trump haben wir bei 46 Prozent [Zustimmung]. Biden: 44 Prozent», erklärt er.
Das ist deshalb bemerkenswert, weil der New Yorker Biden in der «NBC News»-Umfrage zuvor noch nie geschlagen hat. Das gilt auch für die Zeit, in der Trump selbst im Weissen Haus sass. «Wisst ihr was? Ich kriege keine Panik», kommentiert Meyers. Früher hätte er sich noch mit [dem Antidepressivum] Xanax beholfen und seine Fingernägel malträtiert.
Er sorge sich nicht wegen einer möglichen zweiten Amtszeit Donald Trumps, der «ein Möchtegern-Diktator ist, der zwei Amtsenthebungsverfahren hatte, der einen versuchten Staatsstreich orchestriert hat, der viermal angeklagt ist, der seine politischen Gegner ‹Ungeziefer› nennt und tanzt wie ein Vater bei einem Konzert von [US-Sängerin] SZA.»
Frust in Bidens eigener Partei
Beruhigend für alle, die es mit Biden halten, sei jedoch, dass ein Jahr vor dem Urnengang solche Umfragen gar nicht so unüblich seien, fährt Meyers fort: «Vor der Wahl 2012 lag Barack Obama in einigen Umfragen hinter Mitt Romney zurück.» Doch Bidens «grosses Problem» sei die Frustration in seiner eigenen Partei.
Erneuter Auftritt von Steve Kornacki bei Minute 3:23: Im «NBC News Poll» attestieren 91 Prozent der Republikaner dem US-Präsidenten eine schlechte Arbeit. Das ist nicht überraschend. Doch bei den Unabhängigen sind es ebenfalls 63 Prozent – und sogar unter den Demokraten ist mit 21 Prozent gut jeder Fünfte unzufrieden. Laut Kornacki hat sich dieser Wert zuletzt verdreifacht.
Derlei Probleme habe Trump mit seiner Basis nicht, weiss Meyers: Der kann alles erzählen. Wer zu seinen Wahlkampfveranstaltungen gehe, tue das nicht, um etwas über Politik zu hören. «Sie gehen, um zu hören, wie er über Windmühlen und Berühmtheiten redet und schlechte Witze macht, während er seinen Anzug durchschwitzt.»
«Trump wird den gesamten Wahlkampf vor Gericht stehen»
Unter demokratischen Präsidenten sei es normal, dass ihre Stammwähler irgendwann in der Amtszeit mal genervt vom Mann in Weissen Haus waren – nur Obama sei da eine Ausnahme. Dieses Standing habe Biden nicht. Und dass er gegen Trump antritt, gilt als ausgemacht: Der habe wiederum 2020 das Amt mit einer Zustimmung von 34 Prozent verlassen – ein Minus-Rekord. Seit 2018 hätten die Republikaner zudem keine Wahl gewonnen.
Für den Herausforderer werde es weiterhin schwer, weil der während des gesamten Wahlkampfs wahrscheinlich wegen verschiedener Anklagen im Gerichtssaal sitzen wird, erklärt der Late-Night-Host. Im Clip ab Minute 6:14 erfahren wir, dass im März oder spätestens April die Verhandlungen wegen Wahlbetrugs sein werden und dass in Georgia ein Prozessauftakt für Anfang August beantragt worden ist.
«Wir werden monatelange Prozesse sehen», glaubt Analystin Maggie Haberman. «Ich denke, die Leute haben nicht realisiert, wie es aussehen wird, wenn der wahrscheinlich Nominierte der Republikaner jeden Tag im Gericht sitzt. Man muss daran teilnehmen. Im Grunde heisst das, dass Trump den gesamten Wahlkampf vor Gericht stehen wird.»
«Er sitzt da und sieht den ganzen Tag finster aus»
Wie Trump vor dem Richter so ist, haben wir beim Betrugsprozess in New York bereits gesehen, meint Meyers. «Er kann nicht gut damit umgehen. Er sitzt da und sieht den ganzen Tag finster aus – wie eine Dschungelkatze im Zoo. Und damit meine ich nicht die schicken Natur-Reservate wie in San Diego oder der [New Yorker] Bronx. Ich rede von einem Zoo in einem Kaff in New Jersey, wo Kinder auf der Schulreise gegen das Glas schlagen.»
Der Clip ab Minute 8:03 reicht nach, dass Trump den Prozess in New Yor platzen lassen wollte, doch sein Befangenheitsantrag gegen das Gericht wurde abgelehnt: Er sei «ausgesprochen unbegründet». «Trump kriegt diese einfache Tatsache nicht in seinen Kopf: Vielleicht kann man ein- oder zweimal Voreingenommenheit anprangern, aber nicht buchstäblich jedes Mal, wenn du irgendwas irgendwo verlierst», kommentiert der Moderator.
Und: «Trump mosert jedes Mal, wenn er verliert, weil alle Vorurteile gegen ihn haben. Er ist wie das Kind, mit dem du in der Schule an der Konsole gespielt hast und der darauf beharrt, dass du ihn bei FIFA nur geschlagen hast, weil der Controller kaputt ist. Und er hält daran fest, obwohl du ihm 20 verschiedene Controller gibst.»