Late Night USA Trump erklärt das Führerprinzip und «belegt den Sommer mit Strafzoll»

Von Philipp Dahm

7.6.2019

Überall und nirgendwer: Donald Trump weilt in Europa, aber via Twitter bekämpft er auch in den USA seine Feinde.
Überall und nirgendwer: Donald Trump weilt in Europa, aber via Twitter bekämpft er auch in den USA seine Feinde.
Screenshot: YouTube

Donald Trump kämpft an allen Fronten. In Europa hat er erkannt, wie wichtig ein Führer ist. Und an der Heimatfront watscht er – natürlich via Twitter – das «Psycho-Wrack» Bette Midler ab.

«Heute ist der Tag, an dem wir die Nazis geschlagen haben. Ein für alle Mal – bis neulich.» «The Late Show with Stephen Colbert» erinnert an den D-Day, vielleicht aber auch an eine Wahl im Dezember 2016 und zeigt dann Bilder einer Pressekonferenz mit Donald Trump und Emmanuel Macron.

Colbert und der Zauber des Banalen

Ab Minute 0:59 sagt Trump dieses über die Normandie: «Es ist ein besonderer Ort. Es ist ein erstaunlicher Ort. Es ist irgendwo, wenn man an Orte mit grosser Bedeutung denkt, sicherlich einer an der Spitze. Für einige ist es die Spitze.» Ah, so schön: Das geht den Franzosen sicherlich runter wie Öl mit griechischem Feuer! Falls sie Trump verstehen.

Weiter weiss Donald Trump, dass Frankreich ja mehrere interessante Orte habe. Das greift Colbert genüsslich auf: Er imitiert Trump und preist «die Buckligen-Kirche» (Notre-Dame), «den alten Penis-Turm» von Gustave Eiffel, «den Platz, an dem die nackten Ladys tanzen» (Moulin Rouge), «die Arbeiter in den Gipfeli-Mienen», «ihr berühmtes Toast-Museum» (French Toast) und «natürlich die Akademie des Zungenkusses (engl. French kiss).

Dann folgt eine Sternstunde der Banalität, als Donald Trump davon berichtet, wie ihm in Frankreich ein Licht aufgegangen sei. «Sie haben sie die Führer genannt. Sie haben uns geführt. Sie haben uns erzählt, was passiert, und wann.» Und als wäre das nicht schon komisch genug, bekundet der Präsident auf die Nachfrage, ob er Frankreich heute wieder zur Seite stehen würde: «Es ist sehr traurig, aber ich wäre absolut total da.»

Donald Trump, der Mann mit der etwas lang ausgefallenen blauen Krawatte, und Emmauel Macron Auge in Auge mit der Presse.
Donald Trump, der Mann mit der etwas lang ausgefallenen blauen Krawatte, und Emmauel Macron Auge in Auge mit der Presse.
Screenshot: YouTube

Colbert hat noch ein Wort zu der Fünf-Prozent-Strafzolldrohung gegen Mexiko übrig, die Montag Realität werden könnte. Das würde jeder zu spüren kriegen, warnt der Moderator und zählt die vier Top-Importprodukte auf: Bier, Avocados, Tomaten und Tequila: «Trump belegt den Sommer mit Strafzoll», fasst er zusammen. Die Abgabe wäre so daneben, dass laut «CNN» einige Republikaner bereits mit dem Gedanken an Rebellion flirteten.

Flirtet mit Kamera, Integrität und Trump: Stephen Colbert.
Flirtet mit Kamera, Integrität und Trump: Stephen Colbert.
Screenshot: YouTube

«Flirten, wirklich?», kokettiert Colbert – nicht, dass dies in einer «Liebelei mit Integrität» ende, dass dem «Regieren schöne Augen» gemacht würden oder dass man bei der Weihnachtsfeier besoffen abstürze und die Verfassung verteidige. Mitch McConnell, republikanischer Mehrheitsführer im Senat, erteilte jedweder Hoffnung einer internen Absetzung Trumps eine Absage.

Mitch McConnel hat Colbert mit einem Alias-Namen passend zum Foto versehen: «Der Mann, der gerade einen Artikel über seine versteckten Freuden-Zonen geschrieben hat».
Mitch McConnel hat Colbert mit einem Alias-Namen passend zum Foto versehen: «Der Mann, der gerade einen Artikel über seine versteckten Freuden-Zonen geschrieben hat».
Screenshot: YouTube

Der Präsident kann so ein Vorgehen natürlich nicht goutieren – noch in Europa äusserte er sich dazu: «Viele Leute, darunter auch Senatoren, haben, wenn es um Zölle geht, keine Ahnung, wovon sie sprechen. Sie haben keine, absolut keine Idee. Wenn du das Geld, das Produkt und das Ding hast, das alle wollen, bist du in der Lage, mit Zöllen gut durchzukommen.»

Kimmel will Krieg – Trump verweigert

«Apropos Monster», beginnt der Monolog bei «Jimmy Kimmel Live», «Präsident Trump ist gerade in Europa. Er hat die letzten drei Tage in London verbracht und ist jetzt auf seinem irischen Golfplatz. Das ist kein Scherz.»

Was der Moderator unterschlägt: Eigentlich wollte der New Yorker dort auch den irischen Premier treffen, der das jedoch als unpassend dankend abgelehnt hat. Ab 0:43 Minute zeigt der «ABC»-Star, wie Trump dann an der D-Day-Feier wiederholt hat, was vor 75 Jahren Franklin D. Roosevelt sagte – ein Schulkind hätte das ganze wohl ähnlich feierlich vorgetragen.

Ein Vortrag zum Sterben – FDR verdreht nur die Augen ob der Rezitation seiner Worte.
Ein Vortrag zum Sterben – FDR verdreht nur die Augen ob der Rezitation seiner Worte.
Screenshot: YouTube

Einen Vortrag gehalten hat Donald Trump auch Bette Midler. Die Schauspielerin und der Geschäftsmann werden in diesem Leben sicherlich keine Freunde mehr: Am 4. Juni bezeichnete Trump sie auf Twitter als «abgewrackten Psycho», die «total erfundene» Dinge über, wie Trump schreibt, «euren tollen Präsidenten» unters Volk bringe. «Eine kranke Betrügerin», so endet das präsidiale Bullying – als hätte Trump nach einem abendlichen Dinner mit Prinz Charles nichts Besseres zu tun.

Gut, dass es Jimmy Kimmel gibt: Dieser uncharmante Trump-Tweet wurde gelöscht. Aus Gründen ...
Gut, dass es Jimmy Kimmel gibt: Dieser uncharmante Trump-Tweet wurde gelöscht. Aus Gründen ...
Screenshot: YouTube

Der Zickenkrieg mit Bette Midler gehe schon seit Jahren, so Kimmel. Seit 1993 beharkten sich die beiden, erzählt Kimmel ab Minuten 2:36 – und es folgt fabelhaft fabrizierte Hexenjagd, die «alles» erklärt. Ab 5:26 beleuchtet Kimmel noch das Interview Trumps mit dem britischen TV-Tunichtgut Piers Morgan, in dem er sagt, er sei nie ein Fan des Vietnamkrieges gewesen, für den er sich wegen eines Überbeines habe untauglich schreiben lassen. 

Nicht etwa wegen der damaligen Asienpolitik der USA. Der Grund: «Ich habe gehört, es ist ein schrecklicher Krieg, es war sehr weit weg, und niemand hat damals je von diesem Land gehört.» Dass er nach einem Treffen mit Prinz Charles, das auf 15 Minuten abgesetzt war und 90 Minuten dauerte, gesagt hat, der Royal sei «echt in den Klimawandel verliebt», ist da nur noch eine Randnotiz.

Apropos Krieg und Heldentum

Dass Trump und Senator John McCain feindlich miteinander verbunden waren, ist bekannt. Kein Winder, denn der verstorbene Republikaner hat beispielsweise in Vietnam gedient und sich ausgezeichnet. Bei einem Manöver der US Navy wurde unlängst gar ein Schiff vor dem obersten Befehlshaber versteckt, weil es sich um die USS John McCain handelte.

Der amerikanische Talkshow-Moderator Chip Franklin hat jenen Zwist für eine schöne TV-Spitze genutzt, als er McCains Konterfei vor sein Gesicht hielt – die Chance sei bei «Fox» nun mal gross, dass der Präsident den Nackenschlag auch mitbekomme.

Late Night USA – Amerika verstehen

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten die wohl beste Navigationshilfe: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und sie dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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