Late Night USA«Hört um Gottes Willen auf... » – TV-Komiker rechnet mit Demokraten ab
Von Philipp Dahm
3.6.2019
Bill Mahers Abrechnung im Video.
Bill Maher hat einst Hillary Clinton unterstützt. Wenn einer weiss, warum die Demokraten trotz Trump wie Loser dastehen, dann der Late-Night-Star – und er legt die Finger unbarmherzig in die linke Wunde.
Bill Mahers politische Stossrichtung ist hinlänglich bekannt. Als Al Gore im Jahr 2000 im Rennen gegen George W. Bush nur als Zweiter ins Ziel kam, unterstützte der News-Comedian den Kandidaten der Demokraten. Mit John Kerry stand Maher 2004 erneut auf der Verliererseite – erst Barack Obamas Sieg 2008 hat das geändert. Nach dessen Amtszeit trommelte der TV-Moderator dann für Hillary Clinton – was sich mit der Wahl Donald Trumps 2016 als vergeblich entpuppte.
Sprich: Maher ist links, und Maher weiss, wie man Wahlen nicht für sich entscheidet. Insofern ist er prädestiniert dafür, als Insider jetzt Ross und Reiter zu nennen – und zu erklären, warum die Partei trotz immer neuer Skandale im Weissen Haus politisch nicht besser dasteht. Dazu passt die aktuelle Umfrage, nach der die Demokraten nicht mehr so begeistert auf die Wahl 2018 schauen wie auch schon.
«23 Kandidaten? Das ist ein ‹Avengers›-Film»
«Kein Wunder», sagt der Gastgeber von «Real Time with Bill Maher» auf dem Sender «HBO». «Die Demokraten haben keine der schlechten Angewohnheiten abgelegt, die ihnen an den letzten Wahlen geschadet haben: die Identitätspolitik, die Reinheitstests, die kleinlichen Grabenkämpfe. Gegen Trump zu verlieren, hätte sie eigentlich in einen Zustand der Ernsthaftigkeit aufrütteln müssen, aber das hat es nicht.»
Zur Erklärung: Identitätspolitik spiegelt sich etwa in Republikanern wider, die Wählern suggerieren, der Gegner würde bloss Politik für Gruppen wie Schwarze, Latinos oder Schwule und Lesben machen. Mit Reinheitstests ist eine linke Basis gemeint, die die eigenen Spitzenkandidaten auf ihre linke Einstellung abklopfen und mitunter demontieren.
Maher wird konkret mit seiner Kritik: «23 Kandidaten? Das ist keine Vorwahl, das ist ein ‹Avengers›-Film», schimpft der New Yorker. Diese würden sich vor allem um sich selbst drehen, um den Weg von (dem einst traditionell konservativen US-Bundesstaat) New Hampshire auf den eisernen Thron (aus der Serie «Game of Thrones») zu finden. Deshalb brauche die Partei einen Trainer, der sie auf Vordermann bringt – wie in dem Sportdrama «Moneyball» mit Brad Pitt. Er habe es selbst versucht, sein Bestes gegeben, aber als Coach versagt.
Im gegnerischen Strafraum punkten
Im Rückblick sieht der Zuschauer, wie Maher den Demokraten Adam Schiff überredet, eine Sendung des konservativen Senders «Fox» zu besuchen, um auch deren Zuschauer zu erreichen – auch wenn die Gastgeber kritisch eingestellt seien. Wenn er Coach wäre, würde er es mit Vince Lombardi halten, fährt Maher fort. Der Footballtrainer, der die Weisheit «Gewinnen ist eine Gewohnheit. Verlieren leider auch» prägte, habe einer Hillary Clinton zwei Dinge voraus: Er wisse, wie man siegt – und wo Wisconsin liegt.
Der sicher geglaubte US-Bundesstaat wurde 2016 von den Demokraten falsch eingeschätzt und ging mit knappem Vorsprung an die Republikaner. Deshalb lautet Mahers erste Regel für die Linke: «Geht dorthin, wo die Wählerstimmen sind.» Die Linken müssten auch in «Fokuhila-Stadt» um die Wähler kämpfen, anstatt immer sozialkritisch daherzukommen. Das «National Public Radio» (NPR) werde ohnehin von Liberalen gehört, doch bei «Fox» könnten sie noch punkten.
Man dürfe Trump auch nicht den Bereich «unter der Gürtellinie» überlassen. «Wenn er den Leuten Spitznamen gibt, sollte man es ihm heimzahlen», fordert Maher. Wie das geht, hat der Moderator einige Sendungen zuvor vorgemacht, als er den Präsidenten und Pleitegeier «Brokahontas» nannte – klingt wie «Pocahontas» oder «broke» und «Hunters», in etwa also «Bankrott-Jäger». Mahers zweite Regel lautet: «Keine neuen Kandidaten mehr!»
Der feuchte Traum der Scheidungspaare
Seine dritte Vorgabe: «Stellt euch Twitter!» Es sei schön, dass sich die Partei als «gender fluid» bezeichne, also als durchlässig für alle Geschlechter. «Aber der Grossteil Amerikas denkt, gender fluid das ist, was bei einem feuchten Traum herauskommt.» Und mit «sich stellen» meint Maher nicht «zurückrudern»: «Hört um Gottes Willen auf, euch für alles zu entschuldigen.» Über diese Punkte wisse er mehr als über die eigentlichen Standpunkte der Kandidaten.
«Viertens – prägt euch diese Worte ein: Disziplin bei den Botschaften. Republikaner gewinnen aus zwei Gründen: Teamwork und Betrug. In beidem sind sie wirklich gut. Demokraten schiessen aus dem Hinterhalt aufeinander und zicken sich an. Sie sind wie diese Paare, die sich scheiden lassen, aber trotzdem zur Dinner Party kommen.»
Ein Beispiel für seinen Vorschlag zeigt er im Rückblick, als er in einer Sendung über die Strafzölle sprach. Diese seien die grösste Steuerhöhung seit 1993, doch die Demokraten würden diesen Steilpass nicht annehmen. «Warum können die Demokraten [sich nicht gemeinsam hinstellen] und das Ganze die ‹Trump-Steuer› nennen?»
Millenials riechen Verzweiflung
Ein Argument, das besticht: Die Zeche für den Handelskrieg mit China zahlen schlussendlich die US-Verbraucher, nicht die Regierung. Und Argumente seien nach wie vor gefragt, meint Maher. Auch Millenials hätten haben ein Bedürfnis nach blanker Politik: Ihre Stimmen hole man nicht allein mit Tweets und Emojis.
«Sie riechen Verzweiflung durch ihre Handys», warnt Maher. «Also macht keinen Müll, sondern seid Ihr selbst. Schluss mit solchen Videos: Die Leute wollen Autoritäten als Präsidenten und nicht jemanden, der im Coiffeurstuhl wie ein Zehnjähriger daherkommt.»
Und bitte keine peinlichen Aktionen mehr wie jene, als Steve Cohen im Kongress einen Topf mit frittiertem Huhn mitgebracht hat. So wollte der Kongressabgeordnete verdeutlichen, dass Justizminister William Barr zu feige (chicken) ist, um sich mit Trump anzulegen. Maher schliesst seine Abrechnung mit den Demoraten mit einem Seitenhieb gegen einen Republikaner ab: «Wenn du etwas Ekliges und Schmieriges in eine Kongress-Anhörung einbringen willst, lade Don [Trump] Junior vor.»
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