USATrumps Anwälte wollen das Wahlergebnis immer noch kippen
SDA
19.11.2020 - 16:18
Mehr als zwei Wochen sind seit der US-Präsidentenwahl vergangen, doch noch immer gibt der unterlegene Amtsinhaber Donald Trump nicht auf. Im Gegenteil: Er verschärft seinen juristischen Kampf noch.
Mit einer Klage wollen Donald Trumps Anwälte nun das Ergebnis der Präsidentenwahl im Bundesstaat Pennsylvania aushebeln lassen. In Wisconsin wird es eine Neuauszählung der Stimmen in zwei Bezirken geben. Ob das Trump hilft, ist zu bezweifeln: In Georgia schrumpfte sein Rückstand auf den siegreichen Herausforderer Joe Biden nach einer Prüfung nur von 14'000 auf 12'000 Stimmen.
Die Ergebnisse in einzelnen Bundesstaaten sind der Schlüssel zum Sieg bei einer Präsidentenwahl. Das Staatsoberhaupt wird nicht vom Volk direkt gewählt, sondern von Wahlleuten, die ihre Stimmen gemäss den Ergebnissen in ihrem Bundesstaat abgeben (mehr zum US-Wahlsystem lesen Sie hier).
Der Demokrat Joe Biden hat nach Berechnungen von Medien 306 Wahlleute hinter sich, für die Wahl zum Präsidenten benötigt er 270. Trump kommt auf 232 Wahlleute. Pennsylvania ist ein besonders wertvoller Bundesstaat mit 20 Wahlleuten, Georgia bringt 16 Stimmen und Wisconsin zehn.
In Pennsylvania fordert die Trump-Seite unter der Regie seines langjährigen persönlichen Anwalts und Vertrauten Rudy Giuliani in einer schon zum zweiten Mal überarbeiteten Klage, das Wahlergebnis in dem Bundesstaat komplett nicht zu bestätigen. Stattdessen solle das örtliche Parlament – in dem Republikaner die Mehrheit haben – die Wahlleute ernennen.
Das Ziel ist klar: Diese ernannten Wahlleute sollen dann nicht für den Wahlsieger Biden stimmen, sondern für den unterlegenen Trump. Dem Amtsinhaber würde das die Unterstützung von 20 Wahlleuten sichern, die ihm laut Wahlergebnis nicht zustehen.
Vorwürfe über Vorwürfe
Der für die Republikaner angetretene Trump behauptet schon seit dem Wahltag am 3. November, dass ihm der Sieg durch Betrug genommen worden sei. Handfeste Belege für Wahlfälschung in grossem Stile lieferte er nach wie vor nicht. Zwischenzeitlich verbreitete er Gerüchte weiter, dass die bei der Stimmauszählung verwendete Software für ihn abgegebene Stimmen dem Herausforderer Biden zugeschrieben habe.
Auch prangert er angeblich gefälschte Stimmzettel aus der Briefwahl an. Seine Anwälte mussten in verschiedenen Bundesstaaten bereits mehr als zwei Dutzend Niederlagen einstecken. Sie versuchen es aber weiter.
Trump kündigte am Donnerstag für den späteren Tagesverlauf eine Pressekonferenz seiner Anwälte an, die einen «sehr klaren und realisierbaren Weg zum Sieg» aufzeigen würden. Im Gegensatz dazu räumen immer mehr ranghohe Republikaner ein, dass Biden am 20. Januar 2021 als nächster Präsident vereidigt werde. Die Spitze der Partei hält aber nach wie vor zu Trump.
Selbst wenn die Klagen nicht funktionieren sollten, gelingt es Trump bereits, dass eine Mehrheit der republikanischen Wähler die Rechtmässigkeit von Bidens Erfolg sowie seiner Präsidentschaft anzweifelt. Laut einer Umfrage glaubten 70 Prozent von ihnen inzwischen, dass Biden durch Betrug gewonnen habe, berichtete der Nachrichtensender CNN.
Im nördlichen Bundesstaat Wisconsin wird es auf Antrag der Trump-Seite eine Neuauszählung in zwei grossen Bezirken geben, wie die Wahlkommission nach kontroversen Beratungen in der Nacht zum Donnerstag entschied. In beiden Bezirken ist Biden haushoch überlegen. Im Dane County liegt er vor Trump mit über 260'185 zu 78'800 Stimmen, im Milwaukee County mit 317'270 zu 134'357 Stimmen.
Trumps Wahlkampfteam musste dafür drei Millionen Dollar überweisen. Die Kosten einer Neuauszählung würden nur vom Staat getragen werden, wenn der Vorsprung weniger als 0,25 Prozent betragen hätte – er liegt aber bei 0,62 Prozent. Der Präsident überschüttet seine Anhänger nach wie vor mit Spendenaufrufen.
Georgia ist ausgezählt
Abgeschlossen ist inzwischen die manuelle Überprüfung der Stimmen in Georgia. Dort lag Biden vor Beginn der Neuauszählung mit rund 14'000 Stimmen vorn. Bei der Kontrolle sei festgestellt worden, dass mehrere Tausend Stimmen nicht in die Ergebnisse eingeflossen seien, sagte der für die Durchführung von Wahlen zuständige Staatssekretär Brad Raffensperger bei CNN.
Ursache seien Fehler von Mitarbeitern in zwei von Republikanern beherrschten Bezirken gewesen. Mit ihnen sei Bidens Vorsprung auf rund 12'000 Stimmen geschrumpft. Raffensperger betonte zugleich: «Wir haben keine Anzeichen von weit verbreitetem Betrug gesehen.» Dem Sender Fox News zufolge waren 5600 ausgezählte Stimmen nicht in die Rechnung aufgenommen worden.
In dem Bundesstaat wird sich auch entscheiden, wie viel Spielraum Biden zur Durchsetzung seiner Politik als Präsident haben wird. Anfang Januar gibt es Stichwahlen zu zwei Senatssitzen, die über die Mehrheit im Senat entscheiden werden. Die Republikaner haben aktuell 50 Sitze in der Kammer, die Demokraten 48.
Wenn es den Demokraten gelingen sollte, beide Stichwahlen zu gewinnen, könnte Vizepräsidentin Kamala Harris bei einem Patt von 50 zu 50 Stimmen auf ihrer Seite eingreifen – und ihnen damit letztlich eine Mehrheit liefern. Der Präsident braucht die Zustimmung des Senats unter anderem für die Besetzung von Regierungsposten.
Angesichts der Bedeutung der beiden Stichwahlen wurden in den vergangenen zwei Wochen bereits mehr als 125 Millionen Dollar (rund 106 Millionen Euro) in den Wahlkampf gesteckt, wie die «New York Times» berichtete. Für die Republikaner will Vizepräsident Mike Pence auf Tour in dem Bundesstaat gehen.