China hat zu Friedensgesprächen im Krieg in der Ukraine aufgerufen. Bei seinem Appell forderte Chinas Aussenminister Qin Gang am Dienstag in Peking allerdings gleichzeitig, dass die «legitimen Sicherheitsinteressen aller Parteien respektiert» werden müssten – eine Formulierung, mit der China in der Regel seine Rückendeckung für die russische Position deutlich macht. Der Konflikt sei im Wesentlichen «ein Ausbruch der Probleme» in der Sicherheitsarchitektur in Europa, sagte Qin Gang aus Anlass der laufenden Jahrestagung des Volkskongresses vor der Presse. «China hat die Krise nicht geschaffen. Es ist keine Partei in der Krise und hat keine Waffen an eine der beiden Seiten geliefert», sagte Qin Gang, der den Krieg durchwegs als «Krise» bezeichnete. «Wieso um alles in der Welt sollte China beschuldigt oder sogar sanktioniert oder bedroht werden? Das ist völlig inakzeptabel», sagte Qin Gang und reagierte damit auch auf Warnungen aus den USA und Europa an China, Waffen an Russland zu liefern.
China habe sich in seinem im Februar vorgelegten Positionspapier zum Ukraine-Krieg für die Achtung der Souveränität, das Ende einer Mentalität des Kalten Krieges, einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen ausgesprochen. Das Positionspapier hatte international allerdings vielfach Enttäuschung hervorgerufen, weil es Kritikern zufolge keine ernsthafte Initiative zur Beilegung des Krieges erkennen liess und beispielsweise nicht den Rückzug russischer Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine vorsah.
Es sei bedauerlich, dass Bemühungen für Friedensgespräche wiederholt untergraben würden, sagte Qin Gang. «Es scheint eine unsichtbare Hand zu geben, die auf ein Hinziehen und eine Eskalation des Konflikts dringt und die Ukraine-Krise benutzt, um eine bestimmte geopolitische Agenda voranzutreiben.»
Die «Krise» stehe am Scheideweg. «Entweder die Feindseligkeiten hören auf, Frieden wird wiederhergestellt und der Prozess einer friedlichen Beilegung beginnt – oder mehr Öl wird ins Feuer gegossen und die Krise weitet sich aus und gerät ausser Kontrolle», sagte Qin Gang. «Konflikt, Sanktionen und Druck werden das Problem nicht lösen. Was jetzt gebraucht wird, ist Ruhe, Vernunft und Dialog.»
Er lobte die Beziehungen zwischen China und Russland als «Modell für neue internationale Beziehungen». Manche Länder blickten auf das Verhältnis durch die Brille des Kalten Krieges. Die Beziehungen seien allerdings keine Allianz und auch nicht konfrontativ gegen dritte Parteien gerichtet, beteuerte Qin Gang. «Je turbulenter die Welt ist, umso beständiger sollten die russisch-chinesischen Beziehungen voranschreiten.»