Noch nicht geschlagen Die erdrückende Übermacht der Russen zeigt Wirkung

uri

25.7.2022

Russische Soldaten feuern am 22. Juli 2022 einen Mörser vom Typ Die 2S4 Tjulpan ab. Es handelt sich um den weltweit grössten im Einsatz befindlichen Mörser.
Russische Soldaten feuern am 22. Juli 2022 einen Mörser vom Typ Die 2S4 Tjulpan ab. Es handelt sich um den weltweit grössten im Einsatz befindlichen Mörser.
Bild:  Russisches Verteidigungsministerium via AP

«Gemeinsam zum Sieg!» So bedankte sich der ukrainische Präsident zuletzt für Waffenlieferungen aus dem Westen. Dennoch können auch Erfolgsmeldungen nicht über die Stärke der Russen hinwegtäuschen. 

uri

Die britischen Geheimdienste melden am Montag, die russischen Truppen in der Ukraine stünden vor einem Dilemma: Ob sie ihr Material für das weitere Vorrücken im Donbass einsetzen wollten – oder zur Verteidigung gegen ukrainische Angriffe im Westen des Landes.

Neben dokumentierten Personalproblemen habe Moskau auch Schwierigkeiten bei der Instandsetzung von Tausenden beschädigten Fahrzeugen, beobachten die Briten. So sei erst am 18. Juli eine Instandhaltung in der Oblast Belgorord, rund 10 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, entdeckt worden, in der allein 300 Fahrzeuge – darunter auch grosse Panzer – auf ihre Reparatur warteten.

Bereits vergangene Woche berichtete London, dass ukrainische Gegenangriffe im von Russland besetzten Gebiet Cherson die Nachschubrouten Moskaus gefährdeten. So sei die einzige Strassenbrücke über den Fluss Dnipro in der Stadt Cherson geschlossen worden, nachdem die ukrainischen Truppen sie mit Himars-Raketenwerfern schwer beschädigt hatten. 

Trotz solcher – aus ukrainischer Sicht – positiven Nachrichten lässt sich die russische Kriegsmaschine aber nicht ausbremsen, berichtet die NZZ. Derzeit bombardiere Russlands Artillerie und Luftwaffe verstärkt Gelände und ukrainische Städte, um erneute Bodenoffensiven vorzubereiten. Zudem habe die Lieferung schwerer Waffen aus dem Westen bislang nur wenig am militärischen Ungleichgewicht zwischen der Ukraine und Russland geändert.

Russische Überlegenheit bei Artillerie- und Luftangriffen

Das zeigten auch Zahlen der amerikanischen NGO Acled, die das Kampfgeschehen in der Ukraine erfassen und dokumentieren. Demnach wurden bis zum 15. Juli 5393 russische Artillerie- oder Raketenangriffe und 737 Luft- oder Drohnenangriffe gezählt. Die Ukraine kam in dieser Zeit lediglich auf 2243 Attacken.

Zudem würden die Russen nach wissenschaftlichen Schätzungen aus Grossbritannien derzeit mehr als dreimal so viel 152-mm-Granaten täglich verfeuern wie die Ukrainer – nämlich 20'000.

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Nicht viel anders sieht das Verhältnis nach Ansicht des US-Experten Henry Schlottman bei selbstfahrenden und gezogenen Haubitzen aus. Die russisschen Truppen in der Ukraine hätten mindestens dreimal mehr von diesen Waffen im Einsatz, zitiert ihn die NZZ. Bei den Mehrfachraketenwerfern sei das Verhältnis sogar noch deutlicher, die Russen kämen auf 400 bis 600 Stück dieser Waffensysteme. Das sei das Fünffache von dem, was Kiew zur Verfügung habe.

Gewaltiger logistischer Aufwand

Um diese Materialüberlegenheit in der Ukraine zu gewährleisten, muss Russland laut der NZZ freilich einen gewaltigen logistischen Aufwand betreiben. Laut Schlottman würden allein für die Waffensysteme einer taktischen Bataillonsgruppe für drei bis fünf Tage mindestens 39 Lastwagenladungen mit Munition unterschiedlicher Kaliber benötigt.

Nicht minder eindrucksvoll sind andere Zahlen: Es brauche zudem für eine solche Einheit, die aus rund 600 Mann bestehe, weitere 70'000 Liter Benzin und mindestens drei Tonnen Verpflegung. Insgesamt müssten für die paar Tage an der Front 51 Lastwagen in Bewegung gesetzt werden.

Ukraine greift russische Depots gezielt an

Die Ukraine greift mit den inzwischen von den USA gelieferten Himars-Mehrfachraketenwerfern und anderen westlichen Waffensystemen zwar gezielt die Naschubdepots der russischen Armee an – und erzielt hierbei auch Erfolge. Als Reaktion verlegen die Russen ihre Depots nun aber verstärkt ins Hinterland, berichtet die NZZ. Das wiederum habe zur Folge, dass die Transporte länger ins Zielgebiet an der Front brauchten und deshalb zu leichteren Zielen würden.

Eine russische Su-25 fliegt am 23. Juli 2022 einen Angriff über der Ukraine. 
Eine russische Su-25 fliegt am 23. Juli 2022 einen Angriff über der Ukraine. 
Bild: Russisches Verteidigungsministerium via AP

Allerdings habe Russland bereits auf dieses Risiko reagiert. Truppen und Material würden nun verstärkt an die Südfront verlegt. Laut einem Befehl von Verteidigungsminister Sergei Schoigu sollten westliche Mehrfachraketenwerfer und Panzerhaubitzen zudem verstärkt gezielt angegriffen werden.

In den letzten zwei Wochen berichtete Russland immer wieder davon, man habe Himars-Systeme und andere westliche Waffen vernichtet. Unabhängig bestätigen liessen sich nicht all diese Meldungen.

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