Fatale Fehler Russland schickt eine komplette Elitebrigade in den Tod

Von Andreas Fischer

14.2.2023

Russland mit wohl grössten Verlusten seit erster Kriegswoche

Russland mit wohl grössten Verlusten seit erster Kriegswoche

Russland verliert in der Ukraine nach britischen Angaben so viele Soldaten wie seit den Anfangstagen des Angriffskriegs nicht mehr. «In den vergangenen zwei Wochen hat Russland wahrscheinlich die höchste Verlustrate seit der ersten Woche des Einmarsches in die Ukraine erlitten», erklärte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag unter Berufung auf Statistiken des ukrainischen Generalstabs.

13.02.2023

Die russische Offensive im Donbas gerät mancherorts ins Stocken, weil die Armeeführung teils haarsträubende Fehler macht. Das Resultat sind so hohe Verluste wie seit Kriegsbeginn nicht mehr.

Von Andreas Fischer

Russlands Offensive im Donbas läuft, behauptet Russland. Dass sie aber wirklich vorankommt, daran bestehen Zweifel. Fakt ist, dass die russische Armee an der gesamten Frontlinie im Osten der Ukraine die militärischen Aktivitäten seit einigen Tagen deutlich erhöht hat. Während die Angreifer weiter auf Bachmut vorrücken, beissen sie sich weiter südlich immer wieder die Zähne am Widerstand der Ukraine aus.

Die Verluste in der russischen Armee sind so hoch wie seit den ersten Tagen des Angriffskrieges vor knapp einem Jahr nicht mehr. «In den vergangenen zwei Wochen hat Russland wahrscheinlich die höchste Verlustrate seit der ersten Woche des Einmarsches in die Ukraine erlitten», erklärte das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Geheimdienst-Update.

Im Durchschnitt habe es in den vergangenen sieben Tagen 824 russische Tote oder Verletzte täglich gegeben – mehr als vier Mal so viel wie im Juni und Juli 2022. London beruft sich bei den Zahlen auf Statistiken des ukrainischen Generalstabs. Man könne die Methodologie zwar nicht im Detail prüfen, gehe aber davon aus, dass der «von den Daten illustrierte Trend wohl zutreffend ist».

Russlands Sturm auf Wuhledar wird ein einziges Versagen

Berichte aus Wuhledar in der Region Donezk scheinen die Einschätzung des britischen Geheimdienstes zu bestätigen. Beim Versuch, die kleine, aber strategisch bedeutende Kohlebergbau-Stadt einzunehmen, soll Russlands Armee eine ganze Elitebrigade verloren haben, meldet das Magazin «Politico» unter Berufung auf Oleksiy Dmytrashkivskyi, dem Sprecher der ukrainischen Streitkräfte in der Region.

Laut Dmytrashkivskyi sei die 155. Marinebrigade bei dem Versuch, Wuhledar zu stürmen, praktisch aufgerieben worden: «Eine grosse Anzahl feindlicher Kräfte, einschliesslich des Kommandostabs, wurde vernichtet.»

Täglich seien 150 bis 300 Infanteristen gefallen, insgesamt seien etwa 5000 Soldaten getötet, verwundet oder gefangen genommen worden. Darüber hinaus, so Dmytrashkivskyi, habe Russland in der vergangenen Woche etwa 130 Einheiten an Ausrüstung verloren, darunter 36 Panzer.

Die Panzer sind zerstört, die Soldaten tot: Bei ihren Angriffen auf Wuhledar hat Russlands Armee zuletzt heftige Verluste erlitten.
Die Panzer sind zerstört, die Soldaten tot: Bei ihren Angriffen auf Wuhledar hat Russlands Armee zuletzt heftige Verluste erlitten.
AP

Immer wieder dieselben Fehler

Eine Niederlage in Wuhledar würde die russischen Offensivbemühungen schwächen, schätzt die US-Denkfabrik «Institute for the Study of War». Für Russland sei es enorm wichtig, die Stadt einzunehmen, um die ukrainischen Versorgungslinien zu unterbrechen. Können die Ukrainer Wuhledar hingegen weiterhin halten, würden sie über eine potenzielle Startrampe für eine künftige Gegenoffensive in Richtung Süden verfügen.

Derzeit sieht es nicht danach aus, dass Russland in Wuhledar erfolgreich sein wird. Von ihrer Position in der Stadt aus können die ukrainischen Kräfte in die russischen Linien blicken und waren bislang in der Lage, eine Umzingelung von Wuhledar zu verhindern.

Dazu tragen auch eklatante Fehler der russischen Angreifer bei, die Kolonnen mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen immer wieder auf Routen losschicken, die von den Verteidigern leicht unter Beschuss genommen werden können, wie virale Filmaufnahmen belegen.

«Dank unserer Kämpfer und unserer Antipanzer-Ausrüstung waren die russischen Versuche nicht erfolgreich», sagt Maxym, Vizekommandeur eines ukrainischen Marineinfanterie-Bataillons, der Nachrichtenagentur AP. Ein Kommandeur einer ukrainischen Aufklärungseinheit berichtet, dass russische Soldaten direkt durch verminte Felder geschickt werden. «Sie räumen die Minen von unseren Feldern, indem sie ihre eigenen Leute benutzen.»

Kein Vertrauen in die Kommandeure

Für einen prominenten, dem Kreml nahestehenden Militärblogger sind die Berichte von den jüngsten Verlusten in Wuhledar der Beleg, dass die russische Offensive zur Eroberung der Stadt ihren Höhepunkt überschritten habe. Dass sie nicht von Erfolg gekrönt war, sei vor allem der inkompetenten russischen Militärführung zuzuschreiben.

Während des gesamten Kriegsverlaufs hätten die Kommandeure immer wieder dieselben Fehler gemacht. Die jüngsten Vorfälle zeigen, dass die russische Armee nicht in der Lage sei, eine Offensive entlang der gesamten Donezk-Front durchzuführen.

Russland baut nach britischer Einschätzung weiterhin seine Verteidigungsstellungen in besetzten Regionen im Süden der Ukraine aus. Vor allem im Gebiet Saporischschja seien zuletzt Defensivanlagen verstärkt worden, teilte das Verteidigungsministerium in London am Montag mit.

Ukrainische Erfolge hätten schwere Folgen für die russische Position, hiess es weiter. Sollten die ukrainischen Truppen die Front in Saporischschja durchbrechen, würde die russische Landbrücke zwischen Russland und der annektierten Krim bedroht. Ein ukrainischer Erfolg im ostukrainischen Gebiet Luhansk hingegen würde das russische Kriegsziel einer «Befreiung» des Donbass gefährden.

Mit Material von dpa und AP.

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