Rüstung läuft auf Hochtouren Russland-Experte: «Der Westen unterschätzt Putin»

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9.8.2023

Ukrainische Soldaten stehen in Schützengräben nördlich von Kiew. Der Krieg in der Ukraine hat sich zu einem brutalen Abnutzungskrieg entwickelt.
Ukrainische Soldaten stehen in Schützengräben nördlich von Kiew. Der Krieg in der Ukraine hat sich zu einem brutalen Abnutzungskrieg entwickelt.
Bild: Keystone/AP/Vadim Ghirda

Abgesänge auf Wladimir Putin und sein Regime sind immer wieder zu hören. Russland-Kenner Alexander Gabujew weist solche Erzählungen aber klar zurück. Er wirft dem Westen vor, den Kreml-Chef zu unterschätzen.

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  • Der Politologe und Russland-Kenner Alexander Gabujew wirft der westlichen Staatengemeinschaft vor, den russischen Präsidenten Putin zu unterschätzen und ein falsches Bild von ihm zu zeichnen.
  • Das russische Regime sei nicht am Ende, sagt Gabujew. Vielmehr habe sich Russland angepasst und unter anderem die Wirtschaft auf militärische Nachfrage umgestellt.
  • Der Kreml kann die Kriegswirtschaft über Exporte nach China finanzieren und verfügt zudem über Reserven, auf die der Westen keinen Zugriff hat.

Schon lange nicht mehr hat der Westen eine Einheit gezeigt wie derzeit bei der Unterstützung der Ukraine, die von Russland brutal überfallen wurde. Einig ist man sich von Warschau bis Washington auch darin, dass der russische Präsident Wladimir Putin einen schweren strategischen Fehler begangen hat — und sein Regime bald am Ende sein wird.

Der renommierte Russland-Experte Alexander Gabujew hat solchen Überlegungen nun vehement widersprochen. Im Interview mit dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» wirft er Politiker*innen im Westen vor, in der Öffentlichkeit ein falsches Bild zu zeichnen und dabei Putin und sein Regime systematisch zu unterschätzen.

«Man stellt sich auf einen langen, schlimmen Konflikt ein»

Gemeint ist damit das Feiern der eigenen Sanktionen und die Hoffnung, Putins Regime stehe vor dem Ende. Vielmehr jedoch halte er an seinen Maximalplänen fest, so der Experte.

Gleichwohl betont Gabujew, dass informell eine ganz andere Sichtweise herrsche: «Man stellt sich auf einen langen, schlimmen Konflikt ein. Aber das sagen westliche Offizielle nur im Privaten, um die Ukraine nicht zu entmutigen.»

Alexander Gabujew hat seine Karriere als Journalist bekommen, leitet als Experte für Sicherheitspolitik das Carnegie Russia Eurasia Center, das auch in der Politikberatung tätig ist.

Gefragt nach dem gescheiterten Aufstand der Wagner-Truppe unter Jewgenij Prigosich, vermutet Gabujew, der Söldner-Chef werde entweder in Putins Plänen noch gebraucht, oder er könne nicht getötet werden, weil er zu viel wisse: «Bevor man einen Prigoschin eliminiert, muss man wissen, welche Informationen er wo versteckt.»

Zwar habe die Ukraine im Krieg bereits beachtliche Erfolge gefeiert, sagt Gabujew. Gleichwohl hätten sich die Angreifer auf die neue Situation eingestellt: «Die Russen haben sich auf den Schlachtfeldern eingegraben.» Und schliesslich habe Putin im Vergleich mit der Ukraine die viermal grössere Bevölkerung im Rücken: «Es geht um Soldaten, Waffen und Geld.»

Rüstungsindustrie läuft auf Hochtouren

Putin spielt diesen Vorteil aus. Ein neues Gesetz erlaube es dem Kreml-Herrscher, «so viele Männer zu rekrutieren, wie er will», sagt Gabujew. Zudem werde Russlands Wirtschaft derzeit ganz auf «militärische Nachfrage umgestellt». Die Rüstungsindustrie laufe auf Hochtouren.

Finanziert wird Russlands Kriegswirtschaft Gabujew zufolge insbesondere über Exporte nach China. Und schliesslich konnte der Westen rund die Hälfte des russischen Geldes nicht einfrieren, da es entweder in Gold investiert wurde – oder eben in chinesische Yuan.

Daher glaubt auch Gabujew an einen jahrelangen Abnutzungskrieg und plädiert trotz seiner Kritik am Westen, die Unterstützung der Ukraine aufrechtzuerhalten: «Russlands Ressourcen sind kleiner als die eines vereinten Westens.»

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