Grosse Überraschung in RumänienProrussischer Rechtsextremer geht in Stichwahl um Präsidentenamt
SDA
25.11.2024 - 04:25
Die erste Wahlrunde in Rumänien endet mit einer grossen Überraschung: Der extrem rechte Tiktok-Wahlkämpfer Calin Georgescu holt mehr Stimmen als der amtierende Regierungschef. Viele sind geschockt.
Keystone-SDA
25.11.2024, 04:25
25.11.2024, 04:35
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Der prorussische Rechtsextremist Calin Georgescu ist überraschend in die Stichwahl um das Amt des Staatsoberhaupts im Nato-Land Rumänien eingezogen.
Der parteilose Populist war mit antiwestlichen Positionen und Kult für die rumänischen Faschisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs aufgefallen.
Von seinen Konkurrenten und den klassischen Medien wurde Georgescu weitgehend ignoriert, dafür ist er sehr erfolgreich auf der Online-Plattform Tiktok unterwegs.
Im ersten Wahlgang landete er vor dem zweitplatzierten Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu von der Sozialdemokratischen Partei.
Die Entscheidung zwischen beiden fällt nun am 8. Dezember – eine Woche nach der Parlamentswahl.
Der prorussische Rechtsextremist Calin Georgescu ist überraschend in die Stichwahl um das Amt des Staatsoberhaupts im Nato-Land Rumänien eingezogen. Der parteilose Populist war mit antiwestlichen Positionen und Kult für die rumänischen Faschisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs aufgefallen. Von seinen Konkurrenten und den klassischen Medien wurde Georgescu weitgehend ignoriert, dafür ist er sehr erfolgreich auf der Online-Plattform Tiktok unterwegs. Im ersten Wahlgang landete er vor dem zweitplatzierten Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu von der Sozialdemokratischen Partei. Die Entscheidung zwischen beiden fällt nun am 8. Dezember – eine Woche nach der Parlamentswahl.
Der östlichste EU-Mitgliedstaat Rumänien hat rund 19 Millionen Einwohner, gilt als eines der ärmsten Länder Europas und grenzt im Norden an die Ukraine, die sich seit bald drei Jahren einer russischen Invasion erwehrt.
Am Wahlabend sagte Georgescu auf einer via Facebook übertragenen Pressekonferenz, das rumänische Volk sei «zum Bewusstsein erwacht» und habe seinen Willen bekundet, «nicht weiter auf Knien, nicht weiter unter Invasion, nicht weiter erniedrigt» zu bleiben. Wirtschaftliche Unsicherheit habe zu diesem Votum geführt. «Heute Abend hat das rumänische Volk «Frieden» gerufen», fügte Georgescu hinzu – wohl mit Blick auf Russlands Angriffskrieg auf die benachbarte Ukraine.
Im ersten Wahlgang erhielt der Extremist nach Angaben des Zentralen Wahlbüros rund 22 Prozent der Stimmen, Ciolacu holte nur etwa 20 Prozent. Nicht berücksichtigt sind dabei die separat ausgewiesenen Stimmen der im Ausland lebenden Rumänen, bei denen Georgescus Anteil sogar fast doppelt so hoch liegt.
Der als Viertplatzierter mit 14 Prozent der Stimmen ausgeschiedene Bewerber George Simion von der rechtsextremen Parlamentspartei AUR kündigte an, Georgescu in der Stichwahl zu unterstützen. Platz drei belegte mit knapp 19 Prozent die Kandidatin der konservativ-liberalen Reformpartei, Elena Lasconi. Sie hat sich bislang für keinen der übrig gebliebenen Kandidaten ausgesprochen.
Bei der Präsidentenwahl im Jahr 2000 hatte es eine ähnliche Situation gegeben: Damals standen sich in der Stichwahl der Sozialdemokrat Ion Iliescu und der Rechtsextremist Corneliu Vadim Tudor gegenüber. Die demokratischen Parteien taten sich zusammen und konnten auch dank kräftiger Unterstützung durch europäische Verbündete einen Extremisten im höchsten Staatsamt verhindern.
In Rumänien bestimmt der Präsident die Aussen- und Verteidigungspolitik und ist an der Kontrolle der Geheimdienste beteiligt. Er hat mehr Macht als der deutsche Bundespräsident und weniger als das Staatsoberhaupt in Frankreich. Das Abschneiden der Kandidaten in der ersten Runde der Präsidentenwahl dürfte auch die Parlamentswahl am 1. Dezember beeinflussen.
Wegen des Vorwurfs der Verherrlichung faschistischer Kriegsverbrechen ermittelt die rumänische Staatsanwaltschaft gegen Georgescu, über den Fortschritt dieser Untersuchungen ist laut rumänischen Medien aber nichts bekannt. Ebenso wie die als «Legionäre» bekannten rumänischen Faschisten rühmt Georgescu häufig die orthodoxe Kirche und benutzt Bibelzitate. Er war früher Mitglied der extrem rechten Parlamentspartei AUR, trat aber im Streit aus.
Der 62-jährige Agrarwissenschaftler und Tiermediziner hatte vor allem auf Tiktok für sich geworben. Kommentatoren in Bukarest meinten am Wahlabend, klassische Medien und etablierte Politiker müssten sich vorwerfen lassen, Georgescus politische Propaganda in sozialen Medien bisher nicht genügend beachtet zu haben. Auch Meinungsforscher hatten seinen Erfolg nicht kommen sehen, selbst Nachwahlbefragungen am Wahlabend liessen das Ergebnis nicht erahnen.
Rumänen stimmen über neuen Präsidenten ab
STORY: Zuletzt war er in den Umfragen führend: der bisherige Ministerpräsident von der sozialdemokratischen PSD am Sonntag bei der Stimmabgabe in Bukarest. Er bewirbt sich in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Rumänien um das Amt und warb für sich selbst. O-Ton Marcel Ciolacu (PSD), Präsidentschaftskandidat / Ministerpräsident: «Ich habe für so viele Siege der Rumänen wie möglich gestimmt, wie zum Beispiel für den letzten Sieg vor einigen Tagen, den vollständigen Beitritt zum Schengen-Raum. Ich habe für Stabilität, für soziale Ausgewogenheit und Gerechtigkeit und nicht zuletzt für Frieden gestimmt. Wir alle wollen ein besseres Leben und wir alle wollen so sein, wie wir Rumänen sind. Und ich bin optimistisch, dass es nach dieser Wahlkampagne so sein wird.» Beobachter rechnen mit einer Stichwahl am 8. Dezember zwischen ihm und dem Rechtspopulisten George Simion von der euroskeptischen Partei AUR. Seine Siegchancen basieren auch auf der Sorge vieler Rumänen mit Blick auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten. Der 38-jährige Simion ist der jüngste Kandidat und gilt als Bewunderer des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Er strebt eine Wiedervereinigung Rumäniens mit seinen Gebieten vor dem Zweiten Weltkrieg an, die heute unter anderem in der Republik Moldau und der Ukraine liegen. Aus diesem Grund besteht für ihn in beide Länder ein Einreiseverbot. Simion spricht sich zudem gegen weitere Militärhilfen für Kiew aus, bezeichnet aber zugleich den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Kriegsverbrecher. Rumänien ist Mitglied in EU und Nato. Abgelöst wird der scheidende Präsident Klaus Iohannis, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf. Er galt als treuer Verbündeter der Ukraine. Zwischen den Wahlgängen zur Präsidentschaft sind die Rumänen Anfang Dezember auch aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen.