USA, Moldawien, Georgien Darum mischt sich Putin weltweit bei zahlreichen Wahlen ein

Philipp Dahm

28.10.2024

Georgische Präsidentin spricht von Wahlbetrug und ruft zu Protesten auf

Georgische Präsidentin spricht von Wahlbetrug und ruft zu Protesten auf

Nach der Parlamentswahl in Georgien bestreitet Staatspräsidentin Salome Surabischwili den von den Behörden erklärten Sieg der prorussischen Regierungspartei. Sie erkenne das Wahlergebnis nicht an, erklärte Surabischwili, die der proeuropäischen Opposition nahesteht, am Sonntag. «Wir waren nicht nur Zeugen, sondern auch Opfer dessen, was man nur als russische Spezialoperation bezeichnen kann – eine neue Form der hybriden Kriegsführung, die gegen unser Volk und unser Land geführt wird.»

28.10.2024

Moldawien steht vor einer Stichwahl, Georgien vor einer Staatskrise und die USA vor einer historischen Präsidentschaftswahl. Allen Abstimmungen gemein ist, dass dahinter Wladimir Putins Russland steckt.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Geogiens Präsidentin ruft wegen Wahlfälschung für heute, 16 Uhr, zu Demonstrationen auf.
  • Der Kreml als Antreiber: So wurde bei der Abstimmung manipuliert. 
  • Moskau manipuliert auch die US-Wahl: Das FBI hat ein Video als russisch enttarnt, das bewusst Chaos und Zorn schüren soll.
  • In Moldawien hat der Kreml angeblich 39 Millionen Dollar investiert, um die 2,5 Millionen Wählenden auf seinen Kurs zu bringen.

«Wir sind Zeugen und Opfer einer russischen Spezialoperation geworden», sagt Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili am gestrigen Wahlabend in Tiflis, nachdem die Moskau-treue Regierungspartei Georgischer Traum knapp 54 Prozent der Stimmen geholt haben will.

Dass Surabischwili für heute, 16 Uhr MEZ zu einer Demonstration auf der Hauptstadt-Hauptstrasse Rustaweli-Prospekt einlädt, hat Gründe: Ein Video dokumentiert, dass die jüngste Abstimmung in Georgien offenbar auf verschiedenen Wegen manipuliert worden ist.

Das Repertoire reicht dabei von Drohungen ...

... über stumpfe Gewalt ...

... und korrupte Wahlhelfer ...

... bis hin zu deutlich manipulierten Wahlzetteln.

«Wir sind in dieser Wahl um das Recht auf unsere Stimme gebracht worden», klagt Präsidentin Surabischwili. «Gewählt wurde auf russische Art.» Als einzige verbliebene unabhängige Institution des Landes könne sie die Wahl nicht anerkennen. «Das wäre, als würde ich ein russisches Eindringen anerkennen, Georgiens Unterwerfung unter Russland.»

Fake-Video soll in den USA für Chaos sorgen

Wer nun meint, dass die 72-jährige Georgierin dem Kreml hier happige Vorwürfe macht, muss sich aus den USA belehren lassen: Am 25. Oktober machen die Behörden dort öffentlich, dass Russland Fake-Videos in Umlauf bringt, die den gesellschaftlichen Frieden des Landes bedrohen.

Konkret geht es um einen Clip, der vermeintlich zeigt, wie in Bucks County im Swing State Pennsylvania Stimmen für Donald Trump vernichtet werden. Dabei sind jedoch Schauspieler am Werk, sagt das FBI: «Unsere Untersuchung hat ergeben, dass das Video fabriziert worden ist, um zu versuchen, das Vertrauen in die kommenden Wahlen zu untergraben.»

Darren Linvill von der Clemson University schreibt den Clip der russischen Gruppe Storm-1516 zu. «Es ist typisch», erklärt der Experte NBC News. «Den Wahlprozess zu untergraben und Zweifel an der Demokratie und den Institutionen zu säen, ist für die russische Desinformation zentral. Und das ist genau das, was dieses Video erreichen will.»

Moldawien zeigt, mit welchen Bandagen gekämpft wird

Linvill rechnet mit vielen weiteren derartigen Fake-News aus Wladimir Putins Troll-Fabriken: Dass diese insbesondere in den sozialen Netzwerken für Aufruhr sorgen können, wenn das Ergebnis knapp ausfällt, liegt auf der Hand. Sollte Donald Trump zum Beispiel verlieren, könnten solche Falschmeldungen der Funke sein, der seine erhitzten Anhänger zum Explodieren bringt. 

Georgien und die USA sind keine Einzelfälle: Im nahegelegenen Moldawien zeigt sich aktuell ebenfalls, wie lang der Arm Moskaus ist. Dort wurde zwar der EU-Beitritt mit hauchdünner Mehrheit von 11'276 Stimmen in der Verfassung verankert, doch die eigentliche Kardinalfrage ist noch nicht entschieden: Wer wird Präsident*in?

Wahlen in Moldau: EU sieht «beispiellose Einmischung»

Wahlen in Moldau: EU sieht «beispiellose Einmischung»

Beim Referendum in der Republik Moldau hat nach vorläufigen Ergebnissen eine kleine Mehrheit für einen Beitritt zur Europäischen Union gestimmt. Der Anteil der Ja-Stimmen wurde am Montag mit 50,39 Prozent angegeben bei weniger als einem Prozent noch ausstehender Stimmen. Die amtierende EU-freundliche Präsidentin Maia Sandu sprach in einer ersten Reaktion von einer ersten schwierigen Schlacht, die beim Kampf um einen Beitritt gewonnen worden sei.

28.10.2024

In die Stichwahl am 3. November geht die pro-europäische Amtsinhaberin als Favoritin: Im ersten Wahlgang hat Maia Sandu 42,45 Prozent der Stimmen geholt. Generalstaatsanwalt Alexandru Stoianoglo, ihr Gegner von der prorussischen Sozialistischen Partei, kam auf 25,98 Prozent. Putin hat viel Geld invstiert, damit Sandu nicht durchkommt.

39 Millionen Dollar, um 2,5 Millionen zu beeinflussen

Laut moldawischen Medien hat Moskau 39 Millionen Dollar für die Wahl in dem 2,5-Millionen-Einwohner-Land ausgegeben. Mit 15 Millionen Dollar sollen 130'000 Wählende direkt bestochen worden sein und via Telegram dezidierte Wahl-Anweisungen bekommen haben. In 340 solcher Fälle ermittelt nun angeblich die moldawische Polizei.

Rot markiert: die abtrünnige Region Transnistrien in Moldawien.
Rot markiert: die abtrünnige Region Transnistrien in Moldawien.
Commons/Pridnestrovian editor

Dass in Georgien mit seinen 3,7 Millionen Einwohner*innen die Behörden auf ähnliche Weise aktiv werden, ist indes nicht zu erwarten. Premier Irakli Kobachidse ist gleichzeitig Vorsitzender der Kreml-treuen Partei Georgischer Traum. Gegründet hat diese der Milliardär Bidsina Iwanischwili, der enge Verbindungen zu russischen Oligarchen hält.

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Commons/Hennix

Was Moldawien und Georgien gemein haben: Russland besetzt einen Teil des jeweiligen Staatsgebiets. In Moldawien spielt Moskau die Schutzmacht der abtrünnigen Region Transnistrien. In Geogien hält der Kreml seit dem Kaukasuskrieg 2008 die Landesteile Abchasien und Südossetien besetzt.

Was soll das?

Was will Wladimir Putin mit seiner Beeinflussung von Wahlen erreichen? In Moldawien und Georgien sind die territorialen Ansprüche klar: Eine prorussische Regierung soll möglichst wenig Widerstand leisten, damit sich Moskau die besetzen Gebiete in diesen Ländern einverleiben kann. 

Russische Militär-Basen im georgischen Abchasien.
Russische Militär-Basen im georgischen Abchasien.
Commons/Giorgi Balakhadze

Während Abchasien bloss 5,5 Kilometer von der russischen Schwarzmeer-Metropole Sotschi entfernt liegt und an der Küste Platz für Marine-Stützpunkte bietet, sind Südossetien wie auch Transnistrien in Moldawien Hebel, über die Moskau den Druck auf Tiflis beziehungsweise Chisinau ausüben kann.

Der «Schutz» der dort lebenden Bevölkerung kann immer wieder als Casus belli genutzt werden, wenn die jeweilige Regierung nicht spurt. Gleichzeitig wirft der Kreml seinerseits nun dem Westen vor, die Wahlen in Georgien und Moldawien zu manipulieren – ohne allerdings Details zu nennen.

Die Beeinflussung der US-Wahlen soll Chaos im Land stiften: Falls Kamala Harris gewinnt, soll Trump-Anhängern suggeriert werden, sie seien betrogen worden. Die Amerikaner sollen möglichst mit sich selbst beschäftigt sein, um Russland in der Ukraine nicht zu behindern. Sollte Donald Trump gewinnen, hat auch Putin gewonnen, so das Kalkül des Kreml.

In Georgien scheint Moskau auf einem guten Weg zu sein, sofern die Proteste ungehört verhallen. Viktor Orban, der als Freund Putins gilt, hat dem vermeintlichen Wahlsieger Georgischer Traum nicht nur gratuliert. Der aktuelle EU-Ratsvorsitzende fliegt heute auch schon nach Tiflis. Das passt.


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