Trump, Johnson und Co. Populisten stehen im Kampf gegen Corona schlecht da

AP/tsha

27.7.2020

Donald Trump, Boris Johnson und Andres Manuel Lopez Obrador (von links) machen im Kampf gegen Corona bislang keine gute Figur.
Donald Trump, Boris Johnson und Andres Manuel Lopez Obrador (von links) machen im Kampf gegen Corona bislang keine gute Figur.
Bild: Keystone

Fakten leugnen, Unruhe stiften, die Massen begeistern – das sind charakteristische Verhaltensweisen populistischer Führungspersonen. Aber wie sich zeigt, taugt dieses Drehbuch im Kampf gegen Covid-19 wenig.

Die Staaten mit den meisten Covid-19-Todesfällen sind nicht zwangsläufig die ärmsten, die reichsten oder die am dichtesten besiedelten auf der Welt. Aber sie haben eines gemeinsam: Sie werden von populistischen Politikern gelenkt, die gegen den Strich handeln.

Populismus in der Politik bedeutet das Verfolgen eines Kurses, der populär beim allgemeinen Volk ist, egal, was Fakten besagen und Experten denken. US-Präsident Donald Trump, Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson, Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro, Indiens Regierungschef Narendra Modi und Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador sind alle in demokratischen Ländern an die Macht gekommen und fordern die alte Ordnung heraus, indem sie soziale Wohltaten für die Massen versprechen und das Establishment ablehnen.

Aber wenn es um die Bekämpfung einer neuer Krankheit wie Covid-19 geht, schneiden Populisten mit ihrer Unruhe stiftenden Politik im Vergleich zu liberalen demokratischen Modellen schlecht ab, sei es in europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich und Island oder Südkorea und Japan in Asien. «Dies ist eine Krise der öffentlichen Gesundheit, deren Lösung Erfahrung und Wissenschaft erfordert. Populisten haben naturgemäss eine Abneigung gegen Experten und die Wissenschaft, die als Teil des Establishments betrachtet werden», sagt Michael Shifter, Präsident der Denkfabrik Inter-American Dialogue in Washington.



Brasilien und die USA verfügten zwar selbst über einen Reichtum an Erfahrungen, so Shifter. «Aber das Problem ist, dass populistische Politik es sehr schwer macht, rationale politische Massnahmen durchzuführen, die das Problem wirklich lösen - oder zumindest die Krise wirkungsvoller handhaben.»

«Preis von Inkompetenz»

Die USA, Brasilien, Grossbritannien und Mexiko werden alle von Politikern gelenkt, die Wissenschaftler mit Skepsis betrachten und und die Corona-Pandemie zumindest anfangs heruntergespielt haben. Diese vier Staaten allein machen nach Statistiken der US-amerikanischen Johns Hopkins University zusammen die Hälfte der weltweit mehr als 620'000 Todesfälle aus.

Die Pandemie und die Wirtschaftskrise als Folge zeigten den hohen «Preis von Inkompetenz» auf, sagt Politikwissenschaftler Thomas Wright von der Denkfabrik Brookings Institution in Washington. Covid-19 treffe «jeden Schwachpunkt, den Populisten haben» und diskreditiere ein Kernstück ihres politischen Angebots an die Wähler. «Sie rufen im Prinzip zur Störung auf, um den Staat zu attackieren, und zu Misstrauen gegenüber den Institutionen. Und in objektiver Realität widerlegt das Virus das alles», so Wright.

«Denn weil du eine funktionierende Bürokratie brauchst, musst du Vertrauen in Zahlen haben, und du musst auf eine wissenschaftliche Weise antworten. Andernfalls werden mehr Menschen sterben und mehr infiziert werden.»



Trump in den USA und Bolsonaro in Brasilien haben wiederholt die Krankheit verharmlost, sich mit Wissenschaftlern und Gesundheitsbeamten gestritten oder sie übergangen, und beide haben Behandlungsmittel propagiert, für deren Wirksamkeit es keinerlei Beweise gibt. Anstatt eine schlüssige Anti-Covid-Strategie zu verfolgen, haben sie häufig die Verantwortung an staatliche und örtliche Führungspersonen abgegeben.

Johnson liess sich kostbare Zeit damit, Grossbritannien abzuschotten, als die Krankheit auf dem europäischen Kontinent wütete. Er wurde dann im Kampf gegen die Pandemie viel entschlossener, nachdem er selbst ernst an Covid-19 erkrankte.

Modi in Indien ging zwar entschieden gegen das Virus vor, was Kontaktbeschränkungen und Schliessungen betrifft. Aber er stellte zugleich Fakten in den eigenen Statistiken seiner Regierung infrage, kontrollierte den Informationsfluss und warb wiederholt für homöopathische und Volksheilmittel.

«Mit Lügen lässt sich die Pandemie nicht bekämpfen»

Neben dem Bezweifeln akzeptierter Fakten ist es auch eine   charakteristische Verhaltungsweise populistischer Führungspersonen, entlang ethnischen und nationalen Linien zu spalten, um die eigene Macht zu festigen. Ein weiteres Markenzeichen sind ein bombastischer Führungsstil und Parolen, die die Mengen begeistern sollen.

Als die Pandemie Brasilien erfasste, nannte Bolsonaro sie verharmlosend eine «kleine Grippe» und erklärte, dass die Kosten von Ausgangssperren schwerer wiegen würden als die Krankheit selbst. Und seine Regierung liess einem grossen Teil der Arbeiter im Land monatliche Bargeldzahlungen zukommen, wobei sie sicherstellte, dass die Empfänger wussten, wem sie zu danken hatten - ähnlich wie Trump, der seine Unterschrift auf 1'200-Dollar-Schecks an Covid-Hilfen für einen grossen Teil der Bevölkerung drucken liess. Sich von den Mengen lobhudeln zu lassen, Macht zu projizieren - das sind Shifter zufolge typische Verhaltensweisen aus dem Drehbuch einer populistischen Führungsperson.



In Mexiko, wo mittlerweile 41'000 Covid-Kranke gestorben sind, badete López Obrador noch wochenlang in der Menge, nachdem Ende Februar die erste Corona-Infektion registriert worden war. Er zeigte den Menschen ein Amulett, das ihn, wie er sagte, sicher mache, und erst im Juli trug er erstmals öffentlich eine Gesichtsmaske.

Im grössten Teil Europas ist die Lage ganz anders: Die Krankheit ebbt ab, wenn sie auch noch nicht besiegt ist. So betonte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel unlängst vor dem Europaparlament, das Virus habe «dem Fakten leugnenden Populismus» seine Grenzen aufgezeigt. «Mit Lüge und Desinformation lässt sich die Pandemie nicht bekämpfen, ebenso wenig wie mit Hass und Hetze», sagte sie. «In einer Demokratie braucht es Wahrheit und Transparenz.»

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