Leos für die UkrainePolen droht den Deutschen mit Alleingang im «Panzer-Krimi»
Von Philipp Dahm
19.1.2023
Kurz erklärt: Der Leopard-Panzer ist seit Jahrzehnten im Einsatz
Kurz erklärt: Der Leopard-Panzer ist seit Jahrzehnten im Einsatz
19.01.2023
Olaf Scholz beharrt drauf, der Ukraine nur dann Panzer zu liefern, wenn die USA mitziehen. Doch Warschau hat das Warten satt: Notfalls werde Polen auch ohne Berlins Segen «das Richtige tun».
Von Philipp Dahm
19.01.2023, 13:36
Philipp Dahm
«Es gibt Zeiten, in denen man nicht zögern und vergleichen sollte», sagt Wolodymyr Selenskyj in seiner WEF-Videoansprache am 18. Januar. Der ukrainische Präsident findet, es sei die «falsche Strategie», «zu sagen: ‹Ich werde Panzer geben, wenn jemand anderes auch Panzer gibt›».
Was er meint, zeigt sich auf dem Schlachtfeld nahe Bachmut. «T-72 sind alte Panzer», erklärt der ukrainische Freiwillige Bogdan der BBC. «Er funktioniert. Er erledigt den Job.» «Aber ein Leopard wäre besser», sagt sein Kamerad Wolodymyr kichernd.
«Leoparden, Challenger, Abrams – jeder ausländische Panzer ist gut für uns», sagt Bogdan. «Ich denke, wir brauchen mindestens 300. Und wir brauchen sie jetzt.» Die Panzer des Gegners seien besser. «Sie sind vollkommen modernisiert.»
«Der Abrams-Panzer ist ein sehr kompliziertes Gerät»
Es ist also kein Wunder, dass Selenskyj am WEF Olaf Scholz kritisiert. Der deutsche Kanzler will nur unter einer Bedingung Panzer liefern: Nur wenn Washington auch Panzer liefert, will der 64-Jährige grünes Licht für den Export des Leopard 2 geben. Doch Washington winkt ab: Der amerikanische M1 Abrams ist aufwendig, was Ausbildung und Wartung angeht.
«Der Abrams-Panzer ist ein sehr kompliziertes Gerät», zitiert die «Süddeutsche Zeitung» Colin Kahl, Verteidigungsstaatssekretär im Pentagon. «Er ist teuer, es ist schwer, daran zu trainieren. Er hat ein Düsentriebwerk. Ich glaube, es verbraucht etwa drei Gallonen Kerosin pro Meile. Es ist nicht das am einfachsten zu wartende System. Es ist vielleicht das richtige System, vielleicht auch nicht.»
Vielleicht macht es mehr Sinn, auf den Panzer zu setzen, der 48 Prozent der europäischen Panzerflotten stellt: Rund 3600 Exemplare des Leopard 2 hat Krauss-Maffei Wegmann gebaut und in diverse Länder verkauft. Wenn diese Staaten die Panzer erneut exportieren wollen, muss Berlin das absegnen.
Koalition pro Panzer-Export
Polen bildet beim Panzer-Export die Speerspitze. Das zeigt sich wieder in Davos, wo Premier Mateusz Morawiecki berichtet, in Europa in Kürze bis zu 100 Panzer für die Ukraine akquirieren zu können. «Wir haben 14 Leopard angeboten, und nun warten wir auf Leoparden aus Dänemark, Finnland und Deutschland sowie Panzer aus anderen EU-Ländern.»
«Es gibt bereits fünf Länder, die bereit für einen Export sind», sagt Dmytro Kuleba, «aber sie warten darauf, dass sich die Probleme mit Deutschland klären.» Der ukrainische Aussenminister wisse von «mindestens drei weiteren Staaten», die erst helfen wollen, wenn sie hundertprozentig sicher seien, dass Berlin sagt: «Wir unterstützen das.»
Tatsächlich arbeitet Warschau daran, möglichst viele Länder in der Panzerfrage an Bord zu holen, um Scholz' Bedenken zu zerstreuen. «Die Koalition verbündeter Länder, in deren Rahmen diese Massnahmen umgesetzt werden sollen, funktioniert eigentlich schon», erklärt Pawel Schroth «Radio Plus».
Premier: Polen wird «das Richtige tun»
Finnland, Dänemark und Grossbritannien stünden bereit, so der Leiter des Büros des polnischen Präsidenten und führt aus: «Daher können wir von einer breiten Koalition sprechen, und die deutsche Politik sollte dies berücksichtigen.» Und dennoch beharrt der Kanzler darauf, nur dann zu liefern, wenn die USA mitziehen.
Polens Premier Morawiecki reisst deswegen der Geduldsfaden: Der Panzer-Export sei «entscheidend» für die Ukraine und sein Land werde «das Richtige tun», zitiert ihn «Bild». «Die Einwilligung ist hier zweitrangig», fährt der 54-Jährige fort. «Diese Einwilligung werden wir entweder zeitnah einholen oder selbst vornehmen.»
Der «Panzer-Krimi», wie die «Bild» es nennt, droht zu eskalieren. Richten muss es nun Lloyd Austin. Der US-Verteidigungsminister trifft derzeit in Berlin seinen neuen Amtskollegen Boris Pistorius. Er werde «Druck auf die Deutschen» ausüben, sagte eine anonyme Quelle zu «CNN». «Wir sind sehr optimistisch, dass wir in dieser Frage bis Ende der Woche Fortschritte machen.»
Das wäre ganz im Sinne von Wolodymyr Selenskyj. «Die Belieferung mit westlichen Kampfpanzern muss einer nächsten Invasion mit russischen Kampfpanzern zuvorkommen», fordert er in Davos.