Ende einer ÄraMerkel verzichtet auf Parteivorsitz – und bleibt nicht mehr ewig Kanzlerin
SDA
29.10.2018 - 12:01
Angela Merkel reagiert auf die schlechten Wahlergebnisse im Bundesland Hessen: Sie will auf den Vorsitz ihrer Partei verzichten und stellt auch das Ende ihrer Kanzlerschaft in Aussicht.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach der laufenden Wahlperiode auch das Kanzleramt abgeben. In der Sitzung des Bundesvorstands ihrer CDU sagte Merkel, dies sei ihre letzte Amtszeit, wie die Nachrichtenagentur AFP am Montag aus Teilnehmerkreisen erfuhr.
Keine Zweitkarriere in der EU
Demnach will Merkel im Anschluss auch keinen Posten in Brüssel übernehmen. Die Legislaturperiode dauert regulär noch bis zum Herbst 2021. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass Merkel auf dem Parteitag der CDU in Hamburg nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren will.
Die Kanzlerin zieht damit offenbar die Konsequenzen aus dem schlechten Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen. Merkel habe vor dem Parteivorstand «bewegende Worte» gesprochen, berichteten Teilnehmer. Die Runde habe Merkel danach mit stehendem Applaus bedacht.
Merkel ist seit 18 Jahren CDU-Chefin. Die Nachfolge an der Parteispitze könnte auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in Hamburg geregelt werden. Für den Vorsitz kandidieren will der frühere CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz. Das erfuhr die dpa aus dem Umfeld von Merz.
Der einstige 62-jährige Rivale Merkels hatte sich in den vergangenen Jahren aus der aktiven Politik zurückgezogen. Er war als damaliger Oppositionsführer 2002 von Merkel aus dem Amt gedrängt worden.
Nachfolger bringen sich in Stellung
Als weitere Kandidaten für Merkels Nachfolge im Parteivorsitz gelten CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn, die bereits ihr Interesse bekundet haben.
Der Vorsitzende des unionsnahen Studentenverbands RCDS, Henrik Wärner, sagte AFP, Merkels Verzicht auf eine weitere Kandidatur zeuge «von grossem Verantwortungsbewusstsein» für Deutschland und die Union. «Wir wünschen uns einen offenen Wettbewerb der besseren Argumente um den Parteivorsitz.»
Die FDP rief Merkel zum Verzicht auch auf das Kanzleramt auf. «Frau Merkel gibt das falsche Amt ab», sagte der Bundesvorsitzende Christian Lindner. Wenn es schon einen Wechsel beim Parteivorsitz gebe, «dann sollte die CDU auch den Weg frei machen für einen neuen Anfang in der Regierung oder eine neue Wahl in Deutschland».
Die AfD wertete die Entscheidung Merkels als «gute Nachricht». Parteichef Jörg Meuthen sagte, es sei nun naheliegend, «dass sie auch ihre Kanzlerschaft in Kürze abgibt».
Zweistellige Verluste
Wie zuvor schon in Bayern fuhr die Union am Sonntag in Hessen zweistellige Verluste ein. Im Laufe des Tages wollen die Parteigremien in Wiesbaden und Berlin über Konsequenzen aus dem Ergebnis beraten.
Bei der Wahl verlor die CDU mit Ministerpräsident Volker Bouffier an der Spitze nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 11,3 Punkte im Vergleich zur Wahl 2013 und kam auf 27,0 Prozent. Die SPD mit Thorsten Schäfer-Gümbel an der Spitze erzielte 19,8 Prozent (minus 10,9). Grosser Wahlgewinner wurden die Grünen mit ebenfalls 19,8 Prozent (plus 8,7).
Dank der hohen Grünen-Zugewinne ist eine Fortsetzung des seit 2013 regierenden schwarz-grünen Bündnisses in Hessen knapp möglich. Daneben kommen auch CDU und SPD sowie SPD, Grüne und FDP rechnerisch auf eine Mehrheit. Der neue Landtag in Hessen muss sich aber erst im Januar konstituieren.
Überraschende Wendung
Merkel hatte erst Ende September – vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen - durchblicken lassen, dass sie beim Parteitag erneut für den Vorsitz antreten wolle. «Ich habe gesagt, ich stehe für diese Legislaturperiode zur Verfügung und ich habe meine Meinung bezüglich der Verbindung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft nicht geändert», sagte sie bei einer Veranstaltung «Augsburger Allgemeinen».
SPD-Chefin Andrea Nahles gab sich mit Blick auf Merkels Schritt zunächst zurückhaltend. «Ich kann momentan nicht den Gremiensitzungen der CDU vorgreifen und möchte das deswegen an dieser Stelle nicht kommentieren», sagte sie.
FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann sagte der dpa: «Wenn die Bundeskanzlerin sagt, dass sie für den Parteivorsitz nicht mehr geeignet ist, dann muss sie sich doch erst recht fragen, ob sie noch für das Kanzleramt geeignet ist.»
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