Ein Schuldspruch und seine Folgen «Lock her up»? Will Trump nie gesagt haben

Philipp Dahm

3.6.2024

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Donald Trump ist dem umstrittenen sozialen Netzwerk TikTok beigetreten und hat binnen weniger Stunden 1,3 Millionen Follower gewonnen. Die App könnte dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten dabei helfen, vor allem Jugendliche zu erreichen, da sie in dieser Altersgruppe besonders beliebt ist.

03.06.2024

Erste Umfragen nach Donald Trumps Schuldspruch sind eine «Warnung» an seine Partei. Gleichzeitig holen Geister der Vergangenheit den 77-Jährigen ein. Und es gibt Sorge, falls der Ex-Präsident ins Gefängnis muss.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die jüngsten Umfragen zeigen, wie gespalten das Volk auf den Schuldspruch von Donald Trump reagiert.
  • «Lock her up» war ein Dauerbrenner bei Trumps Wahlkampf-Veranstaltungen – nun will er diese Worte gegen Hillary Clinton nie gesagt haben.
  • Einst wetterte Trump gegen Demokraten, die verurteilten Verbrechern das Wahlrecht zurückgeben wollten. Nun wird er womöglich selbst nicht abstimmen dürfen.
  • Es werden Krawalle befürchtet für den Fall, dass Trump ins Gefängnis muss. Auch von Geheimnisverrat ist in dem Zusammenhang die Rede.
  • Trump hat erzählt, wie Gattin Melania mit der Sache umgeht.

Der Schuldspruch im Schweigegeld-Prozess gegen Donald Trump schlägt hohe Wellen. Hier fünf Geschichten zum Thema.

Erste Umfragen zeigen: Es ist kompliziert

Die amerikanische Öffentlichkeit scheint noch nicht so genau zu wissen, was sie mit dem Urteil anfangen soll. Einer Umfrage von Ipsos für ABC News zufolge halten 47 Prozent den Prozess gegen den Ex-Präsidenten für politisch motiviert. 38 Prozent sehen es hingegen anders.

Doch gleichzeitig sagt die Hälfte der Befragten, der Schuldspruch in 34 Fällen sei gerechtfertigt. Und 49 Prozent denken, Trump solle nun aus dem Rennen aussteigen. Doch seinen Beliebtheitswert betrifft das kaum: Nach 33 Prozent Zustimmung im März kommt er nun auf 32 Prozent.

Donald Trump am 1. Mai bei einer Wahlkampf-Veranstaltung in Freeland, Michigan.
Donald Trump am 1. Mai bei einer Wahlkampf-Veranstaltung in Freeland, Michigan.
KEYSTONE

Auch The Morning Consult hat eine Umfrage durchgeführt, nach der Joe Biden im direkten Vergleich mit 45 Prozent einen Punkt vor Trump liegt. In dieser Erhebung fordern 49 Prozent der unabhängig registrierten Wähler, der Republikaner solle nicht zur Wahl antreten. Insgesamt sind demnach 54 Prozent aller Wählenden mit dem Schulspruch einverstanden.

US-Wahlen 2024 im Fokus

Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten. Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.

Im Weissen Haus wurde Kokain gefunden.
Patrick Semansky/AP/dpa

Auch CBS News hat das Volk befragen lassen: 56 Prozent halten den Prozess für fair, während 44 Prozent die Verhandlung unfair fanden. Bei demokratischen Wählenden glauben 96 Prozent an einen korrekten Prozess, bei den republikanischen sind es 14 Prozent – und bei den unabhängigen 54 Prozent. Als unfair bewerteten das Verfahren 4 Prozent der Demokraten, 46 Prozent der unabhängigen- und 85 Prozent der republikanischen Wählenden.

«Forbes» wertet die verschiedenen Umfrage-Ergebnisse als «Zeichen der Warnung für die Republikaner».

«Lock her up»? Hat Trump nie gesagt, sagt er

In seinem Wahlkampf gegen Hillary Clinton 2016, aber auch vier Jahre später im Rennen mit Joe Biden hat Donald Trump immer wieder gefordert, man müssen die ehemalige First Lady der USA einsperren. Auch die «Biden crime family» hat er immer wieder öffentlich ins Visier genommen.

Davon will der New Yorker jetzt nichts mehr wissen. Von Fox News darauf angesprochen, fabuliert Trump, «Lock her up» hätte bloss seine Anhängerschaft skandiert. «Ich hätte es machen können, aber ich hatte das Gefühl, das wäre eine schreckliche Sache. Und dann passiert mir das.» Bald darauf wiederholt er: «Ich habe nicht gesagt ‹Sperrt sie ein›.»

Er habe «ziemlich» offen immer der Menge gesagt, sie solle sich entspannen. «Denken sie darüber nach: Man sperrt die Frau eines US-Präsidenten ein.» Doch so zurückhaltend war Trump in Wahrheit nie: Oben stehendes Video zeigt deutlich auf, dass «Lock her up» 2016 wie 2020 ein Fixpunkt seines Wahlkampfes war.

Wahlrecht-Forderung wird zum Bumerang

Nach dem New Yorker Prozess stolpert Trump über Aussagen von 2016: Der damalige Präsidentschaftskandidat wollte Leuten das Wahlrecht entziehen, die einer Straftat schuldig gesprochen worden sind.

Anlass war eine Initiative des früheren Gouverneurs von Virginia, der entlassenen Häftlingen ihr Wahlrecht zurückgeben wollte. Hinzu kommt, dass jener Terry McAuliffe ein Freund von Hillary Clinton ist. Für Trump war das Betrug, weil die Demokraten wüssten, dass Verbrecher sie wählen würden.

Trump und Hillary Clinton am 9. Oktober 2016 beim TV-Duell in St. Louis, Missouri.
Trump und Hillary Clinton am 9. Oktober 2016 beim TV-Duell in St. Louis, Missouri.
KEYSTONE

«Hillary Clinton zählt auf ihren Freund Terry McAuliffe, um die Stimmen sowohl von Gesetzeshütern als auch von Opfern von Verbrechen zu mindern», zitiert ihn MSNBC. «Sie lassen Leute in eurer Virginia-Wahl abstimmen, die nicht wählen sollten. Traurig. So traurig.»

Angst vor Krawallen und Geheimnisverrat

Trump droht im «Fox News»-Interview indirekt mit einem Aufstand, falls er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werde. Die sei für ihn okay, sagt er einerseits. Und andererseits: «Ich denke nicht, dass die Öffentlichkeit das hinnehmen würde.» Und weiter: «An einem bestimmten Punkt wird es kippen.»

Wer schuld ist? «Das wurde alles von Biden und seinen Leuten gemacht», so Trump. «Das wurde von Washington gemacht. Niemand hat je so etwas gesehen.» Michael Cohen, Trumps früherer Anwalt, der als Kronzeuge im jüngsten Prozess aufgetreten ist, rechnet aber nicht damit, dass der Richter am 11. Juli den Ex-Präsidenten zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Cohen sagt, eine Gefängnisstrafe würde ihm Angst machen. «Nicht seinetwegen oder wegen seiner Sicherheit. Er wird vom Secret Service beschützt. Ich sorge mich um sie, um alle von uns, um unsere Familien, um das amerikanische Volk.»

Der Grund: Trump werde weiterhin Informationen über die nationale Sicherheit erhalten. Dabei sei bekannt, dass er kein Geheimnis für sich behalten könne. «Meine Sorge ist, dass er im Gefängnis diese Geheimnisse verraten könnte»,  sagt Cohen. «Und er wird es tun, weil es ihm egal ist. Wenn sich Amerika gegen ihn wendet, will er sehen, dass Amerika bis auf die Grundmauern abbrennt.»

Und was ist mit Melania?

«Ich habe eine wundervolle Frau, die sich die ganze Zeit diesen Kram anhören muss», wischt Trump bei Fox News die Frage beiseite – und ausgerechnet Trump, der König der Spitznamen, beschwert sich dann über die «schlüpfrigen» Bezeichnungen, die er verpasst bekommt. Und er dürfe sich nicht einmal verteidigen – wegen der gag order des Richters.

Late-Night-Host Jimmy Kimmel etwa nannte ihn zuletzt «Don Whoreleone» – ein Zusammenzug aus Don Corleone aus «Der Pate» und dem Wort whore, das für Prostituierte steht. Aber was ist denn nun mit Melania, haken die Fox-News-Moderatoren nach. «Ich denke, es ist sehr hart für sie, aber es geht ihr gut. Sie muss diesen ganzen Müll lesen.»

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