Lagebild Ukraine Kiews mutiger Vorstoss über den Dnjepr wird belohnt

Von Philipp Dahm

10.8.2023

Ukraine: Tote bei russischem Angriff auf Saporischschja

Ukraine: Tote bei russischem Angriff auf Saporischschja

Bei einem russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Saporischschja sind am Mittwochabend nach ukrainischen Angaben mehrere Menschen getötet worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilte über Telegram mit, dass drei Menschen bei dem Angriff gestorben seien. Rettungskräfte wären im Einsatz, erklärt er, ohne weitere Details zu nennen.

10.08.2023

Ukrainische Kommandos, die bei Kosatschi Laheri überraschend den Dnjepr überquert haben, sollen Gefangene gemacht und wichtige Karten erbeutet haben. Es sind nicht die einzigen schlechten Nachrichten für Russland.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ukrainische Spezialeinheiten haben bei einem Vorstoss über den Dnjepr offenbar wertvolle Informationen gesammelt und Gefangene gemacht. Ein russischer Major wird vermisst.
  • Im Süden haben ukrainische Truppen bei Robotyne und Urozhaine bescheidene Fortschritte erzielt.
  • Die Frontschnitte bei Bachmut und im Norden sind relativ stabil.
  • Einkaufspreis 10'000 bis 15'000 Euro: Belgischer Waffenhändler verdient mit Leopard-1-Panzern gutes Geld.
  • Bei der Mega-Explosion im russischen Sergijew Possad wurde eine Fabrik für optische Geräte zerstört.

Es ist ein Coup der ukrainischen Streitkräfte: Eine Spezialeinheit fährt in Booten einen Nebenfluss des Dnjepr hinauf. Sie nimmt die Konka bis zur Siedlung Kosatschi Laheri, wo sich die Soldaten an die Arbeit machen.

Sie überwältigen mehrere russische Gegner, von denen einige auf die rechte, westliche Uferseite des Dnjepr gebracht werden. Die Ukrainer erbeuten dabei militärische Karten, nehmen ihren Gefangenen aber auch die Handys ab.

Mit denen rufen sie angeblich Verstärkung, nur um den zu Hilfe eilenden Russen eine Falle zu stellen. Bilder zeigen einen Schützenpanzer, der durch Mörser-Beschuss lahmgelegt wird. Ausserdem wird das Gebiet mit dem Raketenwerfer RM-70 Vampire aus tschechischer Produktion beschossen. Je nach Quelle geschieht das entweder vor dem Überraschungsangriff oder um den Abzug der Spezialeinheit zu decken.

Ob sich die Ukrainer noch in Kosatschi Laheri befinden, was Kosaken-Lager bedeutet, ist unklar. Ausserdem wird der Kommandeur der russischen Truppen vermisst. Moskau verbreitet ein Video jenes Major Tomow, das jedoch alt ist: Angeblich gibt es keinen Kontakt zu dem Offizier. Er soll mit seinen Männern in einen Hinterhalt geraten sein und ist entweder gefangen oder getötet worden.

Kiew erkämpft sich im Süden kleine Erfolge

Es sind nicht die einzigen schlechten Nachrichten für den Kreml. Die ukrainische Armee rückt bei Robotyne langsam, aber stetig weiter vor, nachdem die dortigen Minenfelder teilweise geräumt worden sind.

Auch 80 Kilometer weiter nordöstlich sind die russischen Streitkräfte in der Defensive: Urozhaine wird mittlerweile von drei Seiten angegriffen. Die 35., 36. und 37. Marine-Brigade hat mit Unterstützung der 1. Panzer-Brigade zumindest den nördlichen Teil der Siedlung eingenommen, bestätigen auch prorussische Quellen.

Man muss kein Militärexperte sein, um sich zu erschliessen, dass die Lage für die russischen Truppen in Urozhaine aussichtslos ist.
Man muss kein Militärexperte sein, um sich zu erschliessen, dass die Lage für die russischen Truppen in Urozhaine aussichtslos ist.
Screenshot: YouTube/Military Lab

Moskau hat die Truppen in Urozhaine zwar verstärkt, doch die ukrainische Artillerie macht ihnen das Leben schwer. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die Siedlung am Fluss Mokri Jaly fällt.

Kaum Veränderungen in den weiteren Frontabschnitten

Südlich von Bachmut intensivieren sich die Kämpfe zwischen den Kriegsparteien. Die russische Seite hat angeblich Reserven aus Kreminna und Swatowe nach Klischtschijiwka verlegt, um dort einen Gegenangriff zu starten. Bestätigt wird das durch die Meldung, dass ukrainische Artillerie das Dorf ins Visier genommen hat, das sieben Kilometer von Bachmut entfernt ist.

Kaum Unterschiede: Eine Karte von Bachmut und den südlich gelegenen Orten von pro-ukrainischer Seite ...
Kaum Unterschiede: Eine Karte von Bachmut und den südlich gelegenen Orten von pro-ukrainischer Seite ...
MilitaryLand

Auch in Andriivka, das zehn Kilometer von Bachmut entfernt, und im drei Kilometer weiter südlich liegenden Kurdjumiwka gibt es offenbar heftige Gefechte, melden beide Seiten übereinstimmend. Die russische Armee will dabei ukrainische Vorstösse abgewehrt haben.

... und hier vom pro-russischen Telegram-Kanal Rybar.
... und hier vom pro-russischen Telegram-Kanal Rybar.
Telegram/Rybar

Im nördlichsten Frontabschnitt steckt die russische Armee immer noch vor den Dörfern Synkivka und Petreopavlivka fest, die jeweils rund fünf Kilometer von Kupjansk entfernt sind. Die ukrainischen Streitkräfte haben in einem Waldstück im Norden der Schlüsselstadt offenbar eine Offensive begonnen und Gelände zurückgewonnen.

Waffen-Update

Wie zuerst das deutsche «Handelsblatt» berichtete, hat Rheinmetall in Belgien 50 Leopard-1-Panzer gekauft, die der Konzern für die Ukraine aufbereiten soll. Verkäufer ist das belgische Unternehmen OIP Land Systems, nachdem die Ruag ihre Exemplare des leichten Panzers nicht exportieren durfte. Der CEO Freddy Versluys kann sich über eine frühere Investition freuen, die sich nun satt auszahlt.

Für die belgischen Waffenhändler ist der Verkauf sicher ein gutes Geschäft. Zwar ist nicht klar, was Deutschland für die Leopard 1 gezahlt hat, doch der Einkauf war günstig. OIP Land Systems hat die Panzer zwischen 2014 und 2017 erstanden und 10'000 bis 15'000 Euro pro Exemplar gezahlt.

Für Russland gibt es noch mehr üble Nachrichten: Die Versorgung mit ohnehin knappen Nachtsichtgeräten verschlechtert sich, nachdem eine heftige Explosion die russische Stadt Sergijew Possad erschüttert hat. Dort ist eine Fabrik des staatlichen Rüstungskonzerns Rostec in die Luft geflogen, in dem optische Geräte produziert worden sind.

Anscheinend hat ein Unfall zur Explosion geführt, die eine Person getötet hat. Mindestens 30 Personen musste ins Spital eingeliefert werden: Sechs Menschen müssen intensivmedizinisch behandelt werden. Die örtlichen Behörden ermitteln nun wegen der Verletzung von Sicherheitsbestimmungen.

Russisches Militärdepot bei der Stadt Ulan-Ude.
Russisches Militärdepot bei der Stadt Ulan-Ude.
Military Informant / VK

Nicht nur bei der Produktion hapert es in Russland – auch die Lager leeren sich: Wie die «Moscow Times» berichtet, ist das grösste nationale Depot Vagzhanovo nur noch zu 60 Prozent gefüllt. Während vor dem Krieg auf Satellitenbildern noch 3840 Panzer aus der Sowjet-Zeit zu sehen sind, sind es nun, sollen es im November 2022 nur noch 2600 sein.