US-Präsident ist vielen zu alt Biden wird 81, aber feiern will das niemand so recht

gbi

20.11.2023

Das Alter von Joe Biden ist ein Dauerthema: Er ist der älteste Präsident, den die USA je hatten. 
Das Alter von Joe Biden ist ein Dauerthema: Er ist der älteste Präsident, den die USA je hatten. 
AP

US-Präsident Joe Biden feiert seinen 81. Geburtstag in aller Stille: Er will dieses heikle Thema unter den Teppich kehren. Was auffällt: Rivale Donald Trump ist fast gleich alt, wird dafür aber kaum kritisiert. Wieso eigentlich?

gbi

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Joe Biden wird am heutigen 20. November 81 Jahre alt. 
  • Sein Alter wird dem US-Präsidenten beim Kampf um seine Wiederwahl 2024 immer wieder als Schwäche ausgelegt.
  • Wie der Amtsinhaber mit dieser Kritik umgehen soll, dazu gibt es unter politischen Strategen unterschiedliche Ansichten.
  • Bemerkenswert ist, dass das Alter von Donald Trump kaum ein Thema ist. Dabei ist Bidens ausrichtsreichster Herausforderer der Republikaner auch schon 77 Jahre alt. 

Bloss keine grosse Feier! Unter dieses Motto hat Joe Biden seinen 81. Geburtstag vom heutigen Montag gestellt. Er will lieber ohne grosses Brimborium feiern, im Kreise der Familie Ende der Woche auf der Insel Nantucket vor der US-Ostküste.

Diese Zurückhaltung hat politische Gründe, denn der amtierende Hausherr im Weissen Haus ist der älteste US-Präsident überhaupt. Und für einen grossen Teil der Bevölkerung ist Biden zu alt, um 2024 für eine zweite Amtszeit anzutreten. Das gilt sogar unter Wähler*innen seiner eigenen Partei, den Demokraten.

Die Suche nach der richtigen Taktitk

Das Alter ist Bidens Achillesferse. Ein leidiges Thema, das er am liebsten abschütteln würde. Doch wie? Dazu gehen die Meinungen auseinander, wie ein Bericht der «New York Times» aufzeigt.

Manche finden, das Weisse Haus müsse das Thema selbstbewusst ansprechen. Schliesslich seien Bidens Alter und Erfahrung ein Vorteil: «Er war erfolgreich dank, nicht trotz seines Alters», erklärt etwa der demokratische Parteistratege Simon Rosenberg. «Wir müssen das mehr betonen, weil es stimmt. (…) Wir können dem Alters-Thema nicht entkommen.»

Andere finden, Biden müsse im Wahlkampf deutlich aktiver auftreten, um die Kritik zum Verstummen zu bringen: mehr Wahlkampfauftritte, mehr Reisen durch das Land.

Wiederum andere dagegen glauben laut dem Bericht, der Präsident müsse noch stärker abgeschirmt und vor dem kritischen Blick der Öffentlichkeit geschützt werden. Er brauche zudem mehr Zeit zur Erholung. Diese Strategie werde hinter vorgehaltener Hand als «Einpacken in Luftpolsterfolie» bezeichnet. Der Amtsinhaber ist berüchtigt dafür, sich in Reden zu verhaspeln, Namen und Daten durcheinanderzubringen.

Der politische Stratege John B. Judis findet, Biden habe in seiner Amtszeit viele Erfolge erzielen können – etwa mit grossen Infrastrukturprojekten und der Senkung der Medikamentenpreise. Aber in seiner Rolle als Staatsoberhaupt wirke er zu tattrig – gerade für jüngere Wähler*innen.

Hier bietet es sich an, den Fokus zu erweitern: Als Amtsinhaber hat Joe Biden die Nominierung der Demokratischen Partei für den Urnengang 2024 so gut wie sicher. Nur: Wen könnten jüngere Wähler*innen denn sonst bevorzugen? Im Vorwahlkampf der Republikaner führt mit weitem Abstand Donald Trump. Auch der Ex-Präsident ist mit 77 Jahren alles andere als ein junger Hüpfer.

Auch Ex-Präsident Donald Trump tritt zur Wiederwahl an – und ist nur vier Jahre jünger als sein Nachfolger Joe Biden. Hier posiert Trump an einer Wahlkampfveranstaltung in Texas für ein Foto. 
Auch Ex-Präsident Donald Trump tritt zur Wiederwahl an – und ist nur vier Jahre jünger als sein Nachfolger Joe Biden. Hier posiert Trump an einer Wahlkampfveranstaltung in Texas für ein Foto. 
Bild: AP

Ein Umstand, aus dem Ron DeSantis Kapital zu schlagen versucht. Der Gouverneur von Florida ist noch Trumps aussichtsreichster Rivale im Vorwahlkampf der Republikaner, und mit 45 Jahren «in der Blüte meines Lebens», wie er selber sagt. Aus seiner Sicht sind sowohl Biden als auch Trump zu alt für das Amt: US-Präsident sei «kein Job für jemanden, der auf die 80 zugeht», sagte DeSantis am Sonntag zu CNN. «Vater Zeit ist nicht zu bezwingen. Donald Trump ist da keine Ausnahme.»

Auch Trump wäre älter als alle Vorgänger

DeSantis erinnert im Gespräch daran, dass Trump bei einem Amtsantritt im Januar 2025 älter wäre, als es Biden bei der Vereidigung 2021 war. Ausserdem sei Trump 2023 nicht mehr zu vergleichen mit dem Kandidaten von 2016: Damals habe Trump noch eine Energie verspürt, alles verändern zu wollen.

«Jetzt klebt er am Teleprompter, verweigert sich öffentlichen Debatten und verspricht dasselbe, was er im Amt nicht erreicht hat.» DeSantis  glaubt: Trump wäre, sollte er wiedergewählt werden, von Tag 1 an eine «lahme Ente». DeSantis’ Wahlkampfteam führt sogar einen Tracker, auf dem alle Versprecher, Patzer und Fehler aufgelistet werden, die sich Donald Trump öffentlich leistet. Denn auch der Ex-Präsident ist dafür anfällig.

Parteiinterner Wahlkampfgegner von Donald Trump: Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida.
Parteiinterner Wahlkampfgegner von Donald Trump: Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida.
Bild: Charlie Neibergall/AP/dpa

Ob Biden oder Trump, beide sind alte Männer. Und wer auch immer gewinnen würde, wäre der älteste Präsident der US-Geschichte. Doch die öffentliche Wahrnehmung ist eine andere.

In einer Umfrage der Nachrichtenagentur AP sagten 77 Prozent der Befragten, Biden sei zu alt für eine weitere vierjährige Amtszeit. Sogar 69 Prozent der demokratischen Wähler*innen äusserten diese Meinung. Trump dagegen hielten nur 51 Prozent der Befragten für zu alt, respektive 28 Prozent der republikanischen Wählenden.

Das Amt führen ist nicht das Gleiche wie ein Wahlkampf

Der Satiriker Bill Maher – dessen Sendung «Real Time» halb Comedyshow, halb politische Diskussionsrunde ist – brachte die Ausgangslage kürzlich wie folgt zusammen: Bei Biden gebe es ein «Dilemma».

Glaube er, der Amtsinhaber könne das Amt weitere vier Jahre ausführen? Absolut. Aber einen Wahlkampf gewinnen? Das sei eine ganz andere Hürde für den 81-Jährigen. «An einem bestimmten Punkt wird aus Wahrnehmung Realität. Was zählt, ist, dass die Wähler*innen glauben, Biden sei zu alt», führt Maher aus.

Trump sei faktisch zwar fast gleich alt wie Biden, doch das spiele in der Wahrnehmung keine Rolle. «Vielleicht, weil er verrückt ist, vielleicht, weil er immer ein glühend heisser Ball aus Wut ist. Was auch immer der Grund ist, er sieht robust aus.» Es sei nun mal so: Menschen würden unterschiedlich altern. Entscheidend sei, wie man dabei wirke. Daher würde Trump ein neuerliches Duell gewinnen, so seine These. 

Wissenschaftlich statt komödiantisch formuliert klingt das so: «Ein grosser Teil von Trumps Anhängerschaft ist bereit, über weitaus bedeutendere Mängel als nur das Alter hinwegzusehen», sagt Melody Crowder-Meyer, Professorin für Politikstudien am Davidson-College in North Carolina, zur Nachrichtenagentur AP. Damit meint sie die 91 Strafprozesse gegen den New Yorker, die vier Anklagen gegen ihn und seine anhaltende Verbreitung von Lügen und Verschwörungstheorien.

Womöglich kann Biden die leidige Altersfrage auch einfach aussitzen. Das zumindest glauben Strategen wie Brian Fallon. Er sagt zur «New York Times», sobald die beiden Kandidaten einmal feststehen, werde die Erzählung sich ändern – und es werde «unmöglich für die Republikaner, das Thema zur Waffe zu machen, wenn ihr eigener Kandidat über 80 wäre in seiner zweiten Amtszeit».

Biden zu Trumps Mugshot: «Hübscher Kerl»

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