KriegskasseJetzt brechen Russlands Öl- und Gas-Einnahmen doch ein
smi
11.3.2023
Im ersten Jahr der Invasion in die Ukraine profitierte Russland von hohen Rohstoff-Preisen. Doch inzwischen hat der Westen neue Lieferanten gefunden. Die Öl- und Gas-Tarife sinken. 2023 brechen Moskau die Einnahmen weg.
smi
11.03.2023, 17:43
13.03.2023, 08:32
smi
Die Konstellation war schlicht perfekt: Russlands Angriff auf die Ukraine liess die Rohstoff-Preise explodieren, die Kriegskasse des Kremls füllte sich, obwohl sich einer seiner wichtigsten Abnehmer, Europa, mehr und mehr von ihm abwandte. Die «NZZ» zitiert eine Analyse der Weltbank, wonach der Wert der russischen Exporte 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 15,6 Prozent angestiegen sind. Der Krieg finanzierte sich quasi selber, indem er Unsicherheit schuf, die Russland zu Geld machte.
Doch nun kommt die Geldmaschine des Kreml ins Stottern. Der weltweite Handel mit Öl und Gas ist umsortiert, die Preise sinken und es sieht in den ersten Monaten des Jahres 2023 danach aus, als ob Moskau das schlechtere Ende in der Hand hält.
Der finnische Thinktank «Centre for Research on Energy and Clean Air» (Crea) führt seit dem Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine den Russia Fossil Tracker. Dieser präsentiert einen laufenden Zähler, der die russischen Einnahmen für Erdöl, Erdgas und Kohle anzeigt. 304 Milliarden Euro sind es seit dem 24. Februar 2022, Stand am 11. März 2023. 140 Milliarden stammen von Ländern der EU. Ungefähr zweieinhalb Minuten dauert es, bis der Zählerstand um eine Million Euro angestiegen ist. 600 Millionen sind es pro Tag. Es fliesst also immer noch sehr viel Geld nach Russland.
Doch was die Statistik auch offenlegt: Die Gesamtmenge der exportierten Rohstoffe sinkt und liegt mittlerweile unter dem Wert vor der Invasion – die abgebildete Zeitreihe beginnt am 1. Januar 2022 und nicht erst am Tag der Invasion. Damals lag der Tagesdurchschnitt zwischen 750 und 800 Millionen Euro. Auf dem Höhepunkt der Preis-Rallye floss mehr als eine Milliarde Euro täglich auf russische Konten.
Die USA haben den Kauf von russischem Gas und Öl schnell gestoppt. Europa braucht länger, um sich davon loszusagen. Noch immer beziehen Länder der EU Gas aus Russland. China, Indien und die Türkei importieren hingegen mehr als vor Beginn der Invasion, wie eine aus Daten des Russia Fossil Trackers erstelle Grafik der «NZZ» zeigt. Insgesamt machen sie die weggefallenen Exporte nach Europa aber nicht wett.
Schlimmer noch für Russland: Die sinkenden Preise für fossile Energieträger und der Preisdeckel für russisches Öl lassen die Einnahmen einbrechen. Stiegen die Erlöse in den ersten Monaten des russischen Angriffskriegs steil an, so sinken sie seit vergangenem Herbst und liegen seit Anfang 2023 auch unter dem Niveau von Januar 2022.
Trotzdem geht Putin das Geld so schnell nicht aus. Das zeigt der Zähler des Russia Fossil Tracker, dessen Stand allein während des Verfassens dieses Texts um rund 8 Millionen Euro gestiegen ist. Klar scheint zum jetzigen Zeitpunkt aber auch: Wenn die Rohstoffe importierender Länder ihre neuen Bezugsquellen gefunden haben und generell die Unsicherheit am Markt für diese Güter sinkt, schwinden die Einkünfte Russlands.