Präsidentschaftswahl in Russland: Putin greift nach 5. Amtszeit
Von Freitag bis Sonntag wird der neue Präsident Russlands gewählt, die Wiederwahl von Amtsinhaber Wladimir Putin gilt als sicher. Es wäre seine fünfte Amtszeit. Am Freitagmorgen Ortszeit traten Stimmberechtigte hier im sibirischen Jakutsk an die Wahlurnen.
15.03.2024
Russische Partisanen greifen Belgorod mit Mörsern an: Ihre schon seit drei Tagen andauernde Invasion in der eigenen Heimat verdirbt Wladimir Putin seine sorgsam orchestrierte Wahl-Show.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- In Russland laufen noch bis Sonntag die Präsidentschaftswahlen.
- Das Ergebnis steht schon fest: Wladimir Putin wird den Urnengang haushoch gewinnen.
- Die Wahl ist sorgfältig geplant, doch die Invasion russischer Partisanen im eigenen Land wirft einen Schatten auf Putins Show.
- Die Legion Freiheit Russlands, das Russische Freiwilligenkorps und das Sibirische Bataillon griefen Belgorod und Kursk an.
Wladimir Putins grosse Show hat schon begonnen: Um 8 Uhr haben am heutigen Freitagmorgen auf der Halbinsel Kamtschatka in Russlands Fernen Osten die Wahllokale geöffnet. In der Schweiz war das am Donnerstag um 19 Uhr. Bis Sonntag entscheiden die 112 Millionen Wählenden darüber, wer Präsident wird. Das Ergebnis steht schon fest.
Anfang der Woche prognostiziert das kremlnahe Institut Wziom eine Wahl-Beteiligung von 71 Prozent – und dass Wladimir Putin 82 Prozent einfährt. Das deckt sich mit der Vorhersage des Schweizer Russland-Experten Ulrich Schmid, der bei «blue News» bereits am 25. Februar eine Wahlbeteiligung von mindestens 70 Prozent und einen Putin-Sieg mit mindestens 80 Prozent prophezeite.
Was die Kreml-Leaks über Putin, Propaganda und Manipulation verraten
Ein Whistleblower hat westlichen Medien Kreml-Dokumente zugespielt, die zeigen, wie die Bevölkerung vor der Präsidentschaftswahl Mitte März 2024 manipuliert wird. Was das Ganze mit einer kruden Agentenposse zu tun hat, die in den 80ern spielt, erfährst du im Video.
27.02.2024
Der Kreml hat Hunderte von Millionen Dollar in den Urnengang investiert und sogar das TV-Programm entsprechend beeinflusst – zu sehen in Form der Agentenposse «DDR» auf dem russischen Netflix.
Flüchtende Soldaten und Senioren
Doch ausgerechnet jetzt sind auch andere Bilder im Umlauf. Mal zeigen sie angeblich, wie russische Soldaten in Tjotkino im Oblast Kursk an der Grenze zur Ukraine vor russischen Partisanen fliehen.
Mal zeigen sie alte Mütterchen, die im Oblast Belgorod vor den Kämpfern der Legion Freiheit Russlands, des Russischen Freiwilligenkorps und des Sibirischen Bataillons, die seit dem 12. März Unruhe im Land stiften.
Gleichzeitig gehen die ukrainischen Drohnen-Angriffe auf kritische Infrastruktur in russischem Territorium weiter: Heute Morgen sind drei Drohnen in eine Öl-Raffinerie in der Region Kaluga gestürzt und haben offenbar erheblichen Schaden angerichtet.
Der Ort ist nur 65 Kilometer von Moskau entfernt. Das alles kann Putin nicht gefallen. Doch es kommt noch schlimmer für den Kreml: Die Partisanen erhöhen im Laufe des heutigen Freitags den Druck und greifen Belgorod an.
Angriff auf Belgorod
Nach eigener Aussage haben die Partisanen die Gouverneure von Kursk und Belgorod aufgefordert, die Bevölkerung im Kampfgebiet evakuieren zu lassen. Das hätten diese aber unterlassen, weshalb die Angreifer nun das Internationale Rote Kreuz bitten, Betroffene zu betreuen.
Dass das nötig sein könnte, suggerieren Bilder aus Belgorod: Die Stadt, die rund 30 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt ist, wird offenbar mit Mörsergranaten beschossen. Ein Video zeigt einen Einschlag in der Nähe eines Wahllokals.
Die Partisanen filmen sich beim Abschuss des Mörsers – und betonen, dass sie an diesem Wochenende «ein freies Russland wählen». Diejenigen in Kursk und Belgorod, die nicht durch humanitäre Korridore geflohen seien, sollten in Schutzräumen bleiben, so die Anweisung.
«Man kann Russland nicht besiegen – niemals»
Auf der einen Seite verderben diese Vorgänge Putin zwar die Show: Der Partisanenangriff hat ein Ausmass angenommen, das sich schwerlich unter den Teppich kehren lässt. Auf der anderen Seite ist es kaum vorstellbar, dass die Attacke dazu führt, dass Wählende ihre Meinung ändern: Zu fest sitzt der 71-Jährige im Sattel.
«Putin hat Russland von seinen Knien auferstehen lassen», sagt laut «Reuters» stellvertretend für viele eine Frau namens Ljudmila Petrowa. «Und Russland wird den Westen und die Ukraine besiegen. Man kann Russland nicht besiegen – niemals.»
Der Krieg in der Ukraine hat die Reihen in Russland geschlossen: Putins Zustimmungswerte sind laut dem Levada Centre von 71 Prozent kurz vor der Invasion auf 86 Prozent gestiegen. Auch der Krieg gegen Georgien 2008 und die Annexion der Krim 2014 haben ihm einen Schub gegeben.
Die Attacke der Partisanen wird also zunächst kaum etwas ändern, doch die Aktionen beflecken die weisse Weste, in die sich Putin gerne hüllt: Für ihn kommen die Angriffe deshalb zur Unzeit.