Die notorisch verstopften Freeways von Los Angeles sind für Justin Geistefeldt, Verkehrswissenschaftler an der Ruhr-Universität Bochum, nicht gerade attraktiv, wie er dem «Spiegel» erzählt. Deutschland bleiben solche Zustände durch den passablen öffentlichen Nahverkehr und kompakt gebaute Städte bis anhin erspart. Dennoch unterstützt Geistefeldt ein umstrittenes Projekt in Hessen, das als «Los-Angeles-Highway» bezeichnet wird: den Ausbau der A5 bei Frankfurt, Deutschlands meistbefahrene Strecke, von derzeit sechs oder acht auf zehn Spuren.
Eine von Geistefeldt mitverfasste Machbarkeitsstudie argumentiert, dieser Ausbau sei notwendig, um die bis 2030 erwarteten 200'000 Fahrzeuge täglich zu bewältigen. Allerdings müssten für eine mehr als 50 Meter breite Autobahn mehrere Häuser und Gärten weichen, die heute schon direkt an der Lärmschutzwand stehen.
Kritiker wie Hans Christoph Stoodt von der Bürgerinitiative «Es ist zu laut» halten das Projekt für «verrückt». Stoodt, der in der Nähe der Autobahn lebt, hebt den übermässigen Lärm und die Umweltschäden hervor, die dies verursachen würde. Zudem habe der Ausbau Auswirkungen auf geschützte Trinkwasser- und Vogelschutzgebiete und erhöhe den CO₂-Ausstoss.
Rechtsstreit um Veröffentlichung der Studie
Ein Rechtsstreit führte zur Veröffentlichung der zuvor geheim gehaltenen Machbarkeitsstudie. Die Studie erkennt zwar erhebliche Umwelt- und Wohnprobleme an, stuft diese jedoch nicht als unüberwindbare Hindernisse für den Ausbau ein.
Die Stadt Frankfurt reagierte mit «erheblichem Unverständnis und Verärgerung» und lehnte den Ausbau im Stadtparlament ab. Die Entscheidung liegt jedoch bei der bundeseigenen Autobahn GmbH und dem ausbaufreundlichen Bundesverkehrsministerium.
Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef plant einen neuen Stadtteil für 17'000 Menschen in der Nähe der A5. Breitere Strassen und höhere Lärmschutzwände würden die Luftzirkulation behindern und die Sommerhitze verschärfen.
Lärmmindernde Deckel über der Autobahn
Trotz Bedenken deutet die Studie darauf hin, dass eine zehnspurige A5 den Stadtverkehr entlasten könnte, indem Fahrzeuge auf die Autobahn umgeleitet werden. Historisch gesehen führen jedoch mehr Spuren zu mehr Verkehr, wie eine Londoner Studie zeigt, bei der zusätzliche Spuren schnell ausgelastet waren.
Justin Geistefeldt räumt im «Spiegel» ein, dass zusätzlicher Verkehr unvermeidlich ist. Er betont jedoch die wirtschaftliche Notwendigkeit des A5-Ausbaus und sieht diesen als nachhaltig an, da zukünftige Fahrzeuge elektrisch und leiser sein werden. Lärmmindernde Deckel über der Autobahn könnten zudem den Lärm reduzieren und nutzbare Flächen schaffen.
Der Widerstand der Bürger bleibt jedoch stark. Viele hoffen, dass finanzielle Einschränkungen das Projekt stoppen könnten, da die geschätzten Kosten von 1,1 Milliarden Euro noch nicht einmal die Lärmschutzdeckel einschliessen. Und Hans Christoph Stoodt plädiert dafür, das Geld in den öffentlichen Nahverkehr zu investieren, was den Bedarf für einen Ausbau der A5 verringern würde.
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