Hohe Impfquote, hohe FallzahlenEngländer können ihre Freiheiten nur noch bedingt geniessen
Von Lukas Meyer
20.8.2021
Seit einem Monat hat England fast alle Corona-Massnahmen aufgehoben. Die Ansteckungen steigen wieder an, ebenso die Spitaleinweisungen – langsamer als früher zwar, Experten sind trotzdem besorgt.
Von Lukas Meyer
20.08.2021, 11:53
20.08.2021, 12:07
Lukas Meyer
Die Zahlen steigen in England seit zwei Wochen wieder. Die 7-Tage-Inzidenz liegt bei über 300, gestern wurden 36'000 Neuinfektionen gemeldet. Dazu kommen fast 100 Todesfälle pro Tag. Auch die Spitaleinweisungen sind im Steigen begriffen, doch im Verhältnis zu den Ansteckungen liegen sie viel tiefer als bei früheren Wellen – dank der hohen Durchimpfung der erwachsenen Bevölkerung.
90 Prozent aller Erwachsenen haben die erste Impfung erhalten, 77 Prozent die zweite. In den Risikogruppen liege die Impfabdeckung bei 95 Prozent. Das mache einen riesigen Unterschied, sagt Expertin Christina Pagel auf CNN.
Dass das Gesundheitssystem nicht überlastet wird, ist wie in der Schweiz eines der Hauptziele der Regierung. Momentan werden 800 Corona-Patienten pro Tag ins Spital eingewiesen. Das erhöhe bereits den Druck, sagt Experte Kit Yates gegenüber CNN.
Sorgenvoller Blick auf Herbst und Winter
«Die Öffnung war alles andere als ein grosser Erfolg», betont Yates. Viele Operationen müssten verschoben werden – momentan warten 5,5 Millionen auf einen Routine-Eingriff.
Gesundheitsexperten sorgen sich angesichts noch immer hoher Infektionszahlen in Grossbritannien auch um den bevorstehenden Herbst und Winter. «Wir wissen wirklich nicht, was passieren wird», sagt etwa der britische Immunologe Peter Openshaw.
Die aktuellen Zahlen seien besorgniserregend, sagte er dem Sender «Times Radio», insbesondere weil derzeit das Wetter noch relativ gut sei und die Schulen noch in den Sommerferien seien. Bisher haben wenige unter 18 eine Impfung bekommen, die Regierung konzentriert sich hier auf Risikopatienten.
Schutzmassnahmen stark gelockert
Vor einem Monat hatte England noch den «Freedom Day» gefeiert. Fast alle Corona-Massnahmen wurden aufgehoben, Masken muss man etwa nur noch an wenigen Orten wie Flughäfen oder Spitälern tragen. Geschäfte und Lokale können selbst entscheiden, welche Schutzmassnahmen sie umsetzen.
Erst lief es nicht schlecht: Die Zahlen sanken sogar, was Experten aber eher auf die Schulferien und das Ende der Fussball-Europameisterschaft zurückführten. Aus ökonomischer Sicht hat sich der Schritt auf jeden Fall gelohnt, so der «Tages-Anzeiger», vor allem der Konsum stieg stark an.