Vergewaltigungsprozess in AvignonGisèle Pelicot verlässt erstmals den Gerichtssaal
zis/AFP
11.10.2024
Erstmals seit Beginn des Monsterprozesses im Fall Gisèle Pelicot hat die Betroffene den Gerichtssaal verlassen. Auch wurden erstmals Videos der Vergewaltigungen öffentlich gezeigt.
zis/AFP
11.10.2024, 18:24
Sven Ziegler
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Über neun Jahre hinweg hat in Frankreich ein Mann seine Frau immer wieder betäubt und von zahlreichen Männern missbrauchen lassen.
Der Ehemann und 50 Mittäter stehen nun wegen Vergewaltigung vor Gericht.
Mittlerweile zieht sich der Prozess seit über einem Monat hin.
Dutzende Männer sollen sie vergewaltigt haben, unzählige Male soll sie von ihrem Ex-Mann mit Schlafmitteln betäubt und dann missbraucht worden sein. Der Monster-Prozess im französischen Avignon rund um Gisèle Pelicot löst ein weltweites Echo aus.
Mittlerweile zieht sich der Prozess seit über einem Monat hin. Am Mittwoch hat ein Zeuge ausgesagt, dass der Hauptangeklagte Dominique Pelicot ihm dessen damalige Ehefrau im Austausch gegen Gartenarbeit zur Vergewaltigung angeboten habe. Er habe das Angebot ausgeschlagen, da Dominique Pelicot ihm gesagt habe, dass er seine Frau mit Schlafmitteln betäube, sagte der 42-jährige Jérôme B. vor Gericht aus. Er habe Dominique Pelicot geantwortet, «dass das Vergewaltigung ist und ich nicht einverstanden bin.»
Dominique Pelicot hatte auf seinem Rechner auch einen Ordner mit dem Namen Jérôme B. angelegt, doch fanden die Ermittler darin keine Fotos oder Videos, da es nie zu einem Treffen kam. «Er bittet mich, Gartenarbeit zu machen, und im Gegenzug bietet er mir seine Frau an», schilderte B. die Kommunikation mit dem Hauptangeklagten. «Ich biete ihm einen Samstagmorgen an, er sagt nein, weil er ihr eine Tablette gibt, um sie zum Einschlafen zu bringen.»
Videos öffentlich gezeigt
Bei den Ermittlungen sind die Behörden auf über 4000 Fotos und Videos der Vergewaltigungen gestossen. Diese sind vergangene Woche erstmals öffentlich gezeigt worden – auf ausdrücklichen Wunsch von Gisèle Pelicot. In der Verhandlung am vergangenen Freitag wurden vor Medienvertretern wie auch schockierten Zuschauern neun Videos sowie einige Fotos der Taten präsentiert.
Die Präsentation des schockierenden Beweismaterials dauerte fast eine Stunde. Den Zuschauern im Gerichtssaal sowie in einem zusätzlichen Zuschauerraum stockte merklich der Atem, als ihnen vorgeführt wurde, wie Gisèle Pelicot auf dem heimischen Ehebett in Mazan von unterschiedlichen Männern missbraucht wurde. Die Aufnahmen zeigten die sieben von insgesamt 51 Angeklagten in dem Prozess.
Gisèle Pelicot schaute während der Präsentation der Videos und Fotos die meiste Zeit auf ihr Handy, ihr Ex-Mann auf der Anklagebank schirmte seine Augen ab oder schaute weg. Von den betroffenen Mitangeklagten schauten manche hin, andere wandten ihren Blick auf den Boden.
Erstmals Saal verlassen
Die Mitangeklagten wiesen anschliessend den Vorwurf der Vergewaltigung erneut zurück. Während einige Angeklagte in dem Prozess argumentieren, sie hätten gedacht, es handele sich um ein gemeinsames Sex-Spiel des Ehepaars und die Frau stelle sich nur schlafend, bezeichnete sich einer der diese Woche befragten Angeklagten selbst als «Opfer» von Dominique Pelicot und betonte, aus Angst vor ihm gehandelt zu haben.
Doch auf für Gisèle Pelicot sind die Schilderungen nicht einfach zu ertragen. Diesen Mittwoch verliess sie laut Medienberichten erstmals den Gerichtssaal, als einer der Angeklagten schilderte, wie genau er auf Pelicot aufmerksam wurde. So sei er über eine Online-Plattform auf das Inserat von Dominique Pelicot gestossen.
Als sich der Mann beschwert habe, dass es auf der Plattform «zu wenig Auswahl» gegeben habe und er bei der anschliessenden Vergewaltigung «wohl ein bisschen zu wenig nachgedacht» habe, sei Gisèle Pelicot in Begleitung eines Psychologen aus dem Saal gegangen, berichtet etwa «France Info». Ihrem Anwalt habe sie noch gesagt: «Von allem, was ich bis jetzt gesehen und gehört habe … diesen Mann kann ich nicht ausstehen.»