Vielleicht war sie schüchtern Angeklagte rechtfertigen sich im Vergewaltigungsprozess Pelicot

tgab

24.9.2024

Die Mitangeklagten im Vergewaltigungsfall Pelicot werden dem Gericht in Avignon vorgestellt. Sie sind zwischen 26 und 74 Jahre alt.
Die Mitangeklagten im Vergewaltigungsfall Pelicot werden dem Gericht in Avignon vorgestellt. Sie sind zwischen 26 und 74 Jahre alt.
IMAGO/ABACAPRESS

Fünfzig Mittäter stehen im Vergewaltigungsprozess Pelicot in Avignon vor Gericht. Nun haben die ersten Angeklagten ausgesagt.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Über neun Jahre hinweg hat in Frankreich ein Mann seine Frau immer wieder betäubt und von zahlreichen Männern missbrauchen lassen.
  • Der Ehemann und 50 Mittäter stehen nun wegen Vergewaltigung vor Gericht.
  • Ihre Rechtfertigungsversuche ähneln sich bislang.

Jahrelang hat Dominique Pelicot seine Frau Gisèle betäubt, missbraucht und anderen Männern zur Vergewaltigung überlassen. Das hat er mittlerweile vor Gericht gestanden. Insgesamt 83 Männer wurden auf Videos und Fotos gezählt, wie sie sich an der weggetretenen Frau vergingen. 50 von ihnen wurden identifiziert. Nur 15 von ihnen geben bislang eine Vergewaltigung zu. Auf Vergewaltigung stehen in Frankreich bis zu zwanzig Jahre Gefängnis.

Alle 50 Täter stehen ebenfalls im Vergewaltigungsprozess in Avignon vor Gericht. Einer nach dem anderen werden sie in den kommenden Wochen vorgestellt. Zuerst werden die psychologischen Gutachten verlesen. Dann stellen Verteidiger und Richter ihre Fragen, danach die Anwälte der Klägerin Gisèle Pelicot. Zuletzt wird Dominique Pelicot, der ja immer anwesend war, nach seiner Version der Vorkommnisse gefragt.

Unbescholtene Mitglieder der Gesellschaft

Die psychologischen Gutachten der ersten drei Angeklagten wurden bereits letzte Woche vorgelesen, berichtet Korrespondentin Johanna Adorjàn für den «Tagesanzeiger» direkt aus dem Gerichtssaal. Die Muster ähneln sich demnach: schwere Kindheit, unbescholtene Mitglieder der Gesellschaft – bis sie im Internet das Angebot von Dominique Pelicot entdeckten.

Auch die Rechtfertigungen hätten ähnlich getönt: Man nahm an, die Frau wisse Bescheid, sei vielleicht etwas schüchtern und habe deshalb ein Schlafmittel genommen. Und der Titel der Internetplattform «A son insu» – «Ohne ihr Wissen» sei doch sicher nicht ernst zu nehmen gewesen. Einen Spass unter experimentierfreudigen Eheleuten, habe man angenommen.

Angeklagte fühlten sich vom Ehemann bedroht

Alle drei hätten sich beim Betreten des Schlafzimmers sofort unwohl gefühlt, sagen sie laut Korrespondentin weiter aus. Sie hätten sich aber nicht getraut zu gehen. Der Ehemann habe so einschüchternd auf sie gewirkt, auch wenn er sie nicht direkt bedroht habe.

Die Dauer des Prozesses ist bis zum 20. Dezember 2024 angesetzt. Auf Wunsch von Gisèle Pelicot findet er öffentlich statt. Sie begründete ihre Entscheidung mit einem Slogan der französischen Frauenbewegung der Siebzigerjahre: «La honte doit changer de camp» – «Die Scham muss die Seite wechseln.»