«Weniger Kram, mehr Leben»Mit Swedish Death Cleaning zur neuen Leichtigkeit
Carlotta Henggeler
26.1.2025
Klar Schiff machen auf die schwedische Art: Wie man mit Swedish Death Cleaning das eigene Leben zugleich feiern und ordnen kann.
Teleschau
26.01.2025, 22:12
27.01.2025, 07:41
Carlotta Henggeler
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
«Swedish Death Cleaning» (Döstädning) ist eine Methode, Habseligkeiten zu ordnen und überflüssige Gegenstände loszuwerden, um das Leben zu erleichtern und Erben später zu entlasten.
Die von Margareta Magnusson entwickelte Technik empfiehlt, frühzeitig zu beginnen und das Entrümpeln zu einem kontinuierlichen Prozess zu machen, um dauerhaft Ordnung und Übersicht zu schaffen.
Emotional schwierige Gegenstände sollten zuletzt aussortiert werden, während Stauräume, Kleiderschränke oder Bücherregale ein guter Startpunkt sind; das Ziel ist weniger Ballast und mehr Raum für Wesentliches im Leben.
Mit einem aussagekräftigen Wort versetzte sie Freunde des Downsizings in noch radikalere Entrümpelungs-Laune: Döstädning nannte Margareta Magnusson ihr Buch, in dem sie 2018 ihre persönlichen Erlebnisse und Erkenntnisse mit diesem in Schweden üblichen Prozedere zusammenfasste. «Dö» steht für Tod, während «städning» aufräumen heisst. International wurde «Swedish Death Cleaning» daraus.
Ursprünglich bezeichnet der Begriff den Vorgang, sämtliche Habseligkeiten in Ordnung zu bringen, um den Erben später nicht zu viele Scherereien mit der Auflösung des Hausrats zu bereiten.
Damit kann man aber eigentlich gar nicht früh genug beginnen, kann man doch selbst auch zu Lebzeiten noch erheblich davon profitieren. Wer es richtig anstellt, macht nicht nur ein grosses Aufräum-Projekt, sondern gleich eine Lebenseinstellung daraus.
Unter Minimalisten beliebt
«Swedish Death Cleaning» hat sich zu einem Lifestyle-Terminus unter Minimalismus-Fans entwickelt und ist die englischsprachige Übersetzung von Döstädning (Dö, Schwedisch für Tod, städning, Schwedisch für Aufräumen).
Damit ist tatsächlich intensives Ausmisten in Bezug auf das Lebensende gemeint. Es soll vor allem die Hinterbliebenen schonen. Was spricht dagegen, schon lange vor der Zeit damit anzufangen?
Sobald man denken kann, sollte man mit dem Ausmisten beginnen
«Du solltest damit beginnen, sobald du denken kannst», findet Margareta Magnusson.
Die schwedische Autorin und Künstlerin hat mit ihrem gleichnamigen Buch das «Döstädning» auch ausserhalb ihres Heimatlandes Bekanntheit erlangt. Auf Deutsch ist es 2018 unter dem Titel «Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen» im S. Fischer Verlag erschienen. Die Kunst lässt sich auch auf die aktuellen Dinge anwenden.
Weniger Schnickschnack, mehr Raum zum Leben
Frau Magnusson, nach eigener Auskunft zwischen 80 und 100 Jahre alt, fand für ihren Erfahrungsbericht auch ein interessiertes Publikum unter jenen Leuten, die unter der Last ihres Krams leiden. «Swedish Death Cleaning» verspricht da radikale Abhilfe auf dem Weg des Decluttering und Downsizing – klingt irgendwie chicer als aufräumen und sich verkleinern, meint aber dasselbe.
Entschleunigend, wenn die Weltlage kopfsteht
Dass Aufräumen sich zum Trend-Thema entwickelt hat, liegt nicht nur daran, dass Menschen sich während Lockdowns und Quarantäne-Phasen daheim beschäftigen mussten.
Wenn das Weltgeschehen zunehmend chaotischer und unberechenbarer anmutet, will man wenigstens im eigenen Wirkungsbereich die Kontrolle bewahren. Und wenn es nur der Kleiderschrank ist.
Wer soll einst alles entrümpeln?
Ausserdem besitzen Menschen in einer Überflussgesellschaft meist zu viel Zeug. Das belastet nicht nur den Alltag im Diesseits. «Wer wird sich um all das kümmern, wenn du nicht mehr da bist?», stellt Expertin Magnusson die entscheidende Frage.
Mit dieser Perspektive entrümpelt es sich gleich viel effizienter.
Es geht um eine permanente Art der Organisation
Wer das eigene Chaos beherrschen möchte, sollte Death Cleaning nicht zu einem begrenzten Projekt, sondern zu einer ständigen Disziplin machen. «Es geht nicht um staubsaugen und feucht aufnehmen», betont Magnusson, «sondern um eine permanente Art der Organisation». Die soll zu einem reibungsloseren Alltag verhelfen.
Nicht mit Briefen oder Postkarten starten
Das kann mitunter bedeuten, gegen die eigene Natur anzukämpfen, insbesondere gegen den Sammeltrieb. Dinge zu entsorgen, kann schwerfallen, vor allem wenn persönliche Erinnerungen und Emotionen daran hängen.
Deshalb sollten Death-Cleaning-Einsteiger nicht in der Abteilung Postkarten, Briefe und Fotos mit dem Ausmisten beginnen. Für dieses Level bedarf es einiger Zeit und Erfahrung.
Besser in der Garage oder im Estrich starten
Stauräume bieten sich für den Start an: In der Gerümpelkammer, auf dem Estrich oder in der Garage sammelt sich viel Kram an, der oft kaum oder gar nicht zum Einsatz oder in den Sinn kommt.
Beim Entsorgen hilft eine Leitlinie, nach der in ähnlicher Weise auch Ordnungs-Profi Marie Kondo verfährt: Alles, das nicht geliebt oder benutzt wird, kann verabschiedet werden.
Secondhand-Kleider können gut verkauft werden
Um schneller einen Entrümpelungs-Erfolg zu erleben, rät Margareta Magnusson, mit dem Kleiderschrank anzufangen. Was nicht mehr passt oder noch nie gepasst hat, kann weg, ebenso alles, was sich gefühlt nicht in den Gesamteindruck der Garderobe fügt.
Neben der Freude über einen aufgeräumten Schrank kann sich auch ein kleiner finanzieller Erfolg dabei einstellen, wenn es gelingt, einen Teil der Klamotten noch zu veräussern. Nur das, was am Ende nicht gespendet werden kann, muss weggeworfen werden.
Bücher sind schwierig auszumisten
Eine grössere Herausforderung stellen Bücher dar, Mitbringsel von Reisen oder Geschenke von lieben Menschen. Death Cleaning bedeutet aber nicht, dass alles auf einen Schlag komplett entsorgt werden muss. Wer zum Beispiel mit einer Sammlung ringt, könnte den Rat der erfahrenen Autorin befolgen: Wenige Lieblingsstücke im Regal lassen und den Rest weggeben.
Dabei darf man sich ruhig ein bisschen Abschiedsfeier-Stimmung gönnen und in Erinnerungen schwelgen, die mit einzelnen Dingen verbunden sind. Schliesslich waren sie zu Begleitern auf einem Stück des Lebensweges geworden und standen vielleicht für ein besonderes Erlebnis. Mit dem Verabschieden solcher Gegenstände würdigt man zugleich einen Teil der eigenen Biografie.
Spezielle und schöne Gegenstände verschenken
Es muss auch nicht zwangsläufig alles in den Abfall wandern. Magnusson ermutigt dazu, Dinge zu verschenken … gerade dann, wenn es eine besondere Geschichte dazu gibt. Die wird dann mit weitergegeben. Die Schwedin rät ausserdem, Freunde und Verwandte in das Vorhaben miteinzubeziehen, um einerseits ein bisschen soziale Kontrolle zu schaffen und andererseits auch mal einen hilfreichen Rat zu bekommen.
Was verkauft wurde, kann nicht mehr für Streit sorgen
Bei Einzelstücken, die möglicherweise eines Tages bei mehreren Erbinnen und Erben gleichzeitig Begehr wecken könnten, beschreibt die Autorin in ihrem Buch einen konsequenten Weg aus dem Dilemma: Was noch vorher verkauft wurde, kann nach einem Trauerfall keinen Konflikt mehr hervorrufen.
Eine Kiste voller Erinnerungen macht Sinn
Weniger Überwindung kostet das Einrichten einer Wegwerf-Kiste: Darin kann alles aufbewahrt werden, was allein von ideellem, persönlichem Erinnerungswert ist und wovon man sich nicht trennen mag.
Schreibt man gross «Privat, bitte wegwerfen» auf den Deckel, können Hinterbliebene sie eines Tages ohne Hemmungen entsorgen.
Einen solchen Wegwerf-Ordner empfiehlt sich auch auf der Festplatte oder einem Datenträger einzurichten. Immerhin sammeln wir Fotos und Botschaften zunehmend in digitaler Form. Ein virtuelles Vermächtnis zu ordnen, fällt Erben ausserdem deutlich leichter, wenn irgendwo eine Liste von Online-Konten und entsprechenden Zugängen hinterlegt worden ist.
Gönne dir schöne Erinnerungen zur Belohnung
Death Cleaning muss keine traurige Angelegenheit sein. Magnusson findet es sogar eher erleichternd. Neben dem guten Gefühl, den Lieben im Fall des Falles nicht zu viel aufzubürden, tut man sich mit Übersichtlichkeit und Ordnung im Alltag selbst den grössten Gefallen: weniger Stress mit Sachen, mehr Energie für das Eigentliche im Leben.
Abgesehen von dieser langfristigen Belohnung für die Mühe mit dem Sortieren solltest du nicht die kurzfristige vergessen, sobald du eine Ecke erfolgreich entrümpelt hast. Sich mit einer weiteren Anschaffung etwas Gutes zu tun, wäre ganz offensichtlich kontraproduktiv, daher ...
... gönn dir lieber eine Auszeit bei einem Ausflug und schaff dir neue schöne Erinnerungen, die du nicht irgendwann aufräumen musst.