Kehrtwende in Texas Gericht verbietet schwangerer Frau die Abtreibung

AFP/pfi

9.12.2023

Kate Cox, 31-jährige Mutter von zwei Kindern, darf ihren todkranken Fötus nicht abtreiben lassen.
Kate Cox, 31-jährige Mutter von zwei Kindern, darf ihren todkranken Fötus nicht abtreiben lassen.
Bild: Keystone

Die Schwangerschaft von Kate Cox wird zum Politikum: In einem aufsehenerregenden Fall hat der oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates Texas ihr vorerst eine Abtreibung untersagt.

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  • Beim Fötus von Kate Cox wurde die Chromosomenstörung Trisomie 18 diagnostiziert.
  • Ärzte warnen, dass das Baby der Texanerin tot auf die Welt kommen wird oder nur Minuten, Stunden oder Tage leben wird.
  • Nun wurde ihr vom obersten Gerichtshof in Texas untersagt, ihren nicht lebensfähigen Fötus abzutreiben.

Kate Cox erlebt ein Wechselbad der Gefühle. Das oberste Gericht des US-Bundesstaats Texas setzte am Freitagabend eine Entscheidung erster Instanz aus, die der 31-jährigen Kate Cox einen Schwangerschaftsabbruch erlaubt hatte. Dies war mit Gefahren für ihre Gesundheit begründet worden.

Doch nun griff das oberste Gericht ein. Das ging aus Gerichtsdokumenten hervor, die Cox' Anwälte veröffentlichten. Der erzkonservative Generalstaatsanwalt von Texas, Ken Paxton, war vor den Gerichtshof gezogen, um die Abtreibung zu verhindern.

Die in der 20. Woche schwangere Cox hatte vergangene Woche erfahren, dass ihr Fötus die Chromosomenstörung Trisomie 18 hat. «Alle ihre Ärzte haben ihr gesagt, dass ihr Baby tot auf die Welt kommen wird oder nur Minuten, Stunden oder Tage leben wird», hatte Cox' Anwältin Molly Duane von der Nichtregierungsorganisation Center for Reproductive Rights am Donnerstag bei der Online-Dringlichkeitsanhörung in erster Instanz vor Gericht gesagt. Die Schwangerschaft berge auch grosse gesundheitliche Gefahren für Cox und für die Aussichten der zweifachen Mutter, weitere Kinder zu bekommen.

Keine Abtreibung trotz Gefahr für die Mutter

«Wir hoffen zwar immer noch, dass das Gericht den Antrag des (Bundes-) Staates letztlich ablehnt, und zwar schnell, aber in diesem Fall fürchten wir, dass aufgeschobene Gerechtigkeit verweigerte Gerechtigkeit ist», erklärte Duane nach dem Aussetzen der erstinstanzlichen Entscheidung. «Wir sprechen hier über dringende medizinische Versorgung. Kate ist bereits in der 20. Woche schwanger. Deshalb sollten Menschen nicht vor Gericht um medizinische Versorgung betteln müssen.»

Nach der Aufhebung des seit 1973 geltenden landesweiten Grundrechts auf Schwangerschaftsabbrüche durch den Obersten US-Gerichtshof im Juni 2022 hatte Texas – wie viele andere konservative Bundesstaaten auch – ein striktes Abtreibungsrecht beschlossen. Es verbietet Schwangerschaftsabbrüche selbst bei Inzest und Vergewaltigung und erlaubt sie nur, wenn Leben und Gesundheit der Frau in Gefahr sind.

Ohnmacht gegenüber dem Gericht

Allerdings beklagen Ärzte, dass die Vorgaben nicht eindeutig sind. Sie fürchten hohe Strafen, wenn sie eine Abtreibung vornehmen, die nicht durch das Gesetz gedeckt ist. Kate Cox war nun nach Angaben vom Center for Reproductive Rights mutmasslich die erste Frau in den USA seit der inzwischen aufgehobenen landesweiten Legalisierung von Abtreibungen 1973, die vor Gericht einen Notfall-Schwangerschaftsabbruch beantragte.

Richterin Maya Guerra Gamble gab dem Dringlichkeitsantrag der 31-Jährigen aus der Stadt Dallas am Donnerstag statt. Der oberste Gerichtshof von Texas setzte diese Entscheidung nun aber bis auf Weiteres aus.

Das Abtreibungsrecht ist eines der umstrittensten gesellschaftspolitischen Themen in den USA. Das Urteil des Supreme Court vom Juni 2022 hatte deswegen ein politisches Erdbeben ausgelöst. Die Verfassungsrichter hatten in ihrer höchst umstrittenen Entscheidung das Grundsatzurteil Roe v. Wade aus dem Jahr 1973 aufgehoben, das ein landesweites Grundrecht auf Abtreibungen verankert hatte.

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«Mir wurde klar, wie absurd das Verbot ist»

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