Zwischenfälle häufen sich Gefälschte GPS-Signale bringen zivile Flugzeuge in Gefahr

tafi

11.12.2023

Immer häufiger bekommen zivile Flugzeuge falsche GPS-Signale geliefert. Vor allem im Nahen Osten ist das Problem akut.
Immer häufiger bekommen zivile Flugzeuge falsche GPS-Signale geliefert. Vor allem im Nahen Osten ist das Problem akut.
Seattle Aviation Images/ZUMA Wire/dpa

Gestörte oder gefälschte GPS-Signale bringen immer häufiger Flugzeuge in Bedrängnis. Vor allem im Nahen und Mittleren Osten häufen sich die Probleme – mit potenziell folgenschweren Konsequenzen.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Absichtlich gestörte Navigationssignale werden für die zivile Luftfahrt zunehmend zu einem Problem. Betroffen sind vor allem Flüge in der Region Naher und Mittlerer Osten.
  • Die Technik, um GPS-Signale zu fälschen, ist vergleichsweise billig.
  • In der Luftfahrt gibt es bislang keine Sicherheitsvorkehrungen, um falsche GPS-Signale zu erkennen.

Die OPS Group schlägt Alarm. In dem internationalen Verband informieren sich etwa 8000 Piloten, Lotsen und Flugplaner gegenseitig über Sicherheitsrisiken im internationalen Flugbetrieb. Seit einigen Wochen häufen sich Berichte über absichtlich gestörte GPS-Signale. Besonders betroffen ist offenbar die Region Naher und Mittlerer Osten.

Betroffen von den Ausfällen seien vor allem Privatjets und Geschäftsflieger. Aber auch Ferienflieger kann es erwischen. So berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin «Spiegel» von einer Boing 737, die auf dem Weg von Ägypten nach Frankfurt am Main Ziel des sogenannten GPS-Spoofings wurde.

Die Crew habe über der Halbinsel Sinai plötzlich merkwürdige Navigationsdaten bekommen. Da die Werte aber augenscheinlich falsch waren, habe sie die Besatzung ignoriert und den Flug ohne Vorkommnisse sicher fortsetzen können.

Tödliche Gefahr im iranischen Luftraum

So glimpflich muss es aber nicht immer ausgehen. Vor allem im Grenzgebiet zum Iran können GPS-Signalfälschungen zu einer tödlichen Gefahr werden. Flugzeuge, die ohne Freigabe in den iranischen Luftraum eindringen, können ohne weitere Warnung abgeschossen werden.

Vor diesem Hintergrund hatte ein Geschäftsflieger auf dem Weg nach Dubai Glück: Er hatte sich wegen falscher GPS-Signale bis auf wenige Meilen dem iranischen Luftraum genähert. Andere Flieger seien in Tel Aviv abgehoben, aber von Navigationssystem in Beirut verortet worden oder hätten sich beim Anflug auf Kairo angeblich in Tel Aviv befunden.

Dass sich das Problem häuft, in den letzten Wochen habe die OPS Group 70 bis 80 solcher Vorkommnisse dokumentiert, überrascht die Experten nicht. Im «Spiegel» betont Zach Clements, Navigationsexperte an der  University of Texas, dass die Wissenschaft «die Öffentlichkeit seit Langem vor so etwas gewarnt» habe. Bedenklich sei die einfache Verfügbarkeit der dafür erforderlichen Geräte: «Man kann sie für weniger als 500 Dollar kaufen», sagt Clements.

Keine Sicherheitsvorkehrungen in der Avionik

Seit Jahren ist bekannt, dass GPS-Signale gezielt gestört werden können. Entweder werden sie durch Störsender unbrauchbar gemacht, das sogenannte «Jamming». Oder sie werden vom Boden aus gezielt manipuliert, das sogenannte «Spoofing». Clements’ Chef etwa habe vor mehr als zehn Jahren eine italienische Jacht unbemerkt vom Kurs abgebracht – mit Technik in Aktentaschengrösse. In Moskau funken Störsender rund um den Kreml irritierende Signale, in den Frontgebieten der Ukraine ist auf GPS nicht wirklich Verlass.

Dass gefälschte GPS-Signale auch in der zivilen Luftfahrt vorkommen, ist relativ neu. Dabei gehe es, vermutet Experte Clements, wohl darum, Drohnen abzuwehren. Störsender haben Experten vermehrt in  russischen Städten, im Gebiet des Schwarzen Meeres und des Mittelmeers, sowie in Israel, Jordanien und dem Nordirak gefunden. Die sollten für zivile Flugzeuge eigentlich kein Problem sein, weil es an Bord mehrere unabhängige Navigationssysteme gibt. Allerdings kombinieren diese auch GPS-Daten zur besseren Genauigkeit.

«In der Avionik gibt es keine Sicherheitsvorkehrungen, um eine falsche GPS-Position zu erkennen. Dadurch sind die Flugzeuge anfällig für einen vollständigen Verlust der Navigationsfähigkeit», warnt Mark Zee, Gründer der OPS Group. Einzige Massnahme: Die Crew muss das GPS-Signal komplett abschalten. Ohne zu wissen, dass es gefälscht sein könnte, wird das aber kaum jemand machen.