Late Night USA So reagiert Steven Colbert auf die Razzia in Trumps Anwesen

Von Philipp Dahm

10.8.2022

Steven Colbert scheint Freude zu haben. Was ist bloss los?
Steven Colbert scheint Freude zu haben. Was ist bloss los?
YouTube/Late Show with Steven Colbert

Die Nachricht von der FBI-Durchsuchung von Donald Trumps Anwesen in Florida ist Balsam auf der Sele des TV-Satirikers Steven Colbert. In seiner «Late Night»-Show erklärt er die Aktion – und spart nicht an Häme.

Von Philipp Dahm

«Draussen mag es heiss sein, aber hier drinnen ist gerade Weihnachten», tönt Steven Colbert. Das ist ja eine schöne Bescherung, und was ist der Grund dafür? «Wir alle haben das Geschenk bekommen, das wir haben wollten: FBI-Agenten haben das Mar-a-Lago durchsucht.»

Dass Donald Trump und der Gastgeber der «Late Show» in diesem Leben keine Freunde mehr werden, ist bekannt. Kein Wunder also, dass Colbert den Moment leidlich auskostet.

Intimfeinde: Colbert freut sich darüber, dass die Behörden gegen Donald Trump vorgehen.
Intimfeinde: Colbert freut sich darüber, dass die Behörden gegen Donald Trump vorgehen.
YouTube/Late Show with Steven Colbert

Er habe Mitleid mit den Agenten, die die «Büros und Privaträume» des Ex-Präsidenten durchstöbern mussten: «Sir, ich bin fertig mit der Durchsuchung des Zimmers, mit den leeren McChicken-Körben. Wohin als Nächstes? Bitte nicht das Badezimmer. Bitte nicht das Badezimmer!»

Nur warum die Bundesagenten das Mar-a-Lago in Florida nun eigentlich unter die Lupe genommen haben, ist nicht bekannt. «Denken Sie mal darüber nach: Wir sprechen über den früheren Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Das FBI durchsucht sein Haus, und ich so: ‹Mh, ich frage mich, welches seiner Verbrechen sie untersuchen?›»

Die Rache der Bibliothekare

Andererseits ist der Anlass zumindest zu erahnen, denn angestossen hat den Einsatz die National Archives and Record Administration: «Es stimmt: Die Bibliothekare bringen ihn zu Fall», freut sich Colbert. «Sie sind organisiert, sie wissen, wo alles ist, und du weisst nie, woher sie kommen – weil sie so leise sind.»

Late Night USA – Amerika verstehen
Blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

Im Januar habe die Behörde festgestellt, dass Trump 15 Kisten mit Dokumenten aus dem Weissen Haus mitgenommen hat, die per Gesetz dem Staat gehören. Darunter sollen auch die Korrespondenz mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un sowie Erinnerungsstücke sein. «Erinnerungsstücke wie die Eier von Ted Cruz», witzelt Colbert.

Eric Trump kann darüber nicht lachen, wie der Ausschnitt ab Minute 3:24 suggeriert: Der 38-Jährige spricht bei Fox News über die Sache. «Sie finden wahrscheinlich eine Notiz von mir, wie stolz ich auf ihn bin und was für einen guten Job er als Präsident macht.»

Achtung, Papa, ich bin im selben Raum

Zeit für Colberts Eric-Trump-Parodie: «Hey, FBI! Habt ihr die Notiz gefunden, dass ich so stolz auf ihn bin? Habt ihr auch eine gefunden, dass er so stolz auf mich ist? Sucht weiter! Die Wahrheit ist irgendwo da draussen.» Der Moderator tippt sein Herz und flüstert: «Und hier.»

Im Herzen liegt die Wahrheit, weiss Eric, äh, Steven Colbert.
Im Herzen liegt die Wahrheit, weiss Eric, äh, Steven Colbert.
YouTube/Late Show with Steven Colbert

Wie haben die Trumps von dem Einsatz erfahren? Eric berichtet ab Minute 4:20, er sei in dem Moment bei seinem Dad gewesen: «Tatsächlich war ich derjenige, der am Morgen den Anruf bekommen hat. Ich habe meinen Vater angerufen und ihn wissen lassen, dass es passiert ist.» 

«Du warst also am Morgen, als es passierte, mit deinem Vater zusammen», rekapituliert Colbert. «Du wurdest angerufen, dass es passiert. Dann hast du ihn angerufen, um ihm zu sagen, was los ist? Aus demselben Raum?» Der Gastgeber mimt erneut den Eric: «Die Voicemail geht an, er nimmt nicht ab ... Dad, ich bin's. Ich bin's, hier drüben! Dad, ich bin's, dein Sohn. Nicht der, den du magst. Der andere. Ich habe schreckliche Nachrichten: Ich bin mit dir im selben Raum.»

«Kein Präsident war so kriminell wie du!»

Vom FBI-Einsatz hat Trump höchstpersönlich berichtet: «Es sind dunkle Zeiten für unsere Nation», schreibt der 78-Jährige auf seiner Plattform Truth Social. Mar-a-Lago sei «belagert, durchsucht und besetzt» worden. «Etwas Ähnliches ist noch nie einem Präsidenten der Vereinigten Staaten widerfahren.»

Eric Trump (links oben) spricht über seinen Vater (darunter) bei Fox News. Zum Safe sagte er dem Sender übrigens auch, dass die Familie dort gar nichts drin hätte.
Eric Trump (links oben) spricht über seinen Vater (darunter) bei Fox News. Zum Safe sagte er dem Sender übrigens auch, dass die Familie dort gar nichts drin hätte.
YouTube/Late Show with Steven Colbert

«Natürlich ist das noch keinem passiert», erregt sich Colbert. «Kein Präsident war so kriminell wie du!» Sogar den Safe haben die FBI-Agenten geknackt, was Trump so kommentiert: «Wo ist der Unterschied zwischen dem und Watergate, als Agenten beim Democratic National Committee eingebrochen sind?»

Colbert weiss die Antworten. «Erstens: Watergate war Dick Nixon, der das Gesetz gebrochen hat. Jetzt ist das Gesetz bei Dick eingebrochen.» Dick ist hier wohl eher nicht Richard Nixons Kosename, sondern Jargon für das Wort Schwanz.

Dark Brandon schlägt zurück

«Zweitens: Watergate war ein illegaler Einbruch politischer Söldner, die ‹The Plummers› genannt wurden. Das war das FBI mit einem rechtmässigen Durchsuchungsbeschluss, den ein Richter wegen hinreichenden Verdachts unterschrieben hat. Ihr mögt es vielleicht nicht, aber so arbeitet die Regierung nun mal.»

Deswegen höre man ja auch nicht Notrufe wie: «Hilfe, ich wurde ausgeraubt. Die [Eidgenössische Steuerverwaltung] zieht mir monatlich kleine Beträge von allen meinen Lohnzahlungen ab.» Des einen Leid, des anderen Freud: Joe Biden schwebe auf einer Erfolgswelle, nachdem sein jüngstes Klima- und Gesundheitsgesetz verabschiedet worden ist.

Die Benzinpreise würden wieder sinken, der Top-Terrorist Al-Zawahiri sei liquidiert worden und zuletzt habe Trumps Nachfolger ein Gesetz unterschrieben, das die Halbleiter-Produktion in den USA ankurbeln soll. Deshalb gibt es ein neues Meme vom Mann aus dem Weissen Haus: Dark Brandon.

Das Ganze ist eine Abwandlung der Phrase «Let's Go Brandon», die eigentlich «Fuck Joe Biden» bedeutet. Die Demokraten haben also den Spiess umgedreht. Nach den jüngsten Erfolgen müsse es nun heissen: «Joe Biden fucks you.» Findet zumindest Colbert. Nichts könne ihn stoppen – bloss sein Veston, wie der Clip ab Minute 9:09 zeigt.