Moskau warnt vor «Konsequenzen» bei Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens
Russland hat Finnland und Schweden erneut vor den «Konsequenzen» eines möglichen Nato-Beitritts gewarnt. Bislang arbeiten die beiden Länder zwar mit dem Verteidigungsbündnis eng zusammen, sind aber keine Mitglieder.
15.04.2022
Finnland macht mit seinem Nato-Beitritt ernst, Schweden könnte folgen und die EU ringt um ein sechstes Sanktionspaket gegen Moskau: Der russische Einmarsch in die Ukraine verändert die Sicherheitslage in Europa.
Finnland: Oberste Politiker für Nato-Beitritt
Der finnische Präsident Sauli Niinistö und Ministerpräsidentin Sanna Marin haben sich für einen «unverzüglichen» Nato-Beitritt ihres Landes ausgesprochen. In einer gemeinsamen Erklärung befürworteten sie am Donnerstag eine finnische Mitgliedschaft in der westlichen Militärallianz. Dies würde Finnlands Sicherheit und zugleich das gesamte Bündnis stärken, erklärten die beiden Politiker.
Der Schritt stellt eine Zeitenwende in der Geschichte des bündnisfreien Landes dar. Es wird damit gerechnet, dass sich das nördlichste Land der EU in den kommenden Tagen – voraussichtlich am Sonntag – zu einem formellen Beitrittsantrag entschliesst. Mit der mehr als 1300 Kilometer langen Grenze Finnlands zu Russland würde sich auch die direkte Grenze zwischen Russland und den Nato-Staaten beachtlich verlängern.
Kreml reagiert mit Warnung
Russland hat postwendend reagiert und angesichts des angestrebten Beitritts Finnlands zur Nato vor Folgen für die Sicherheit in Europa gewarnt. Der Schritt werde für die Stabilität und Sicherheit in Europa nicht förderlich sein, erklärte der Kreml am Donnerstag. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, Russlands Reaktion werde davon abhängen, welche konkreten Schritte das Militärbündnis unternehmen werde, um seine Infrastruktur den russischen Grenzen anzunähern. Der russische Präsident Wladimir Putin habe bereits angeordnet, Schritte auszuarbeiten, um die Verteidigung seines Landes im Westen in Reaktion auf eine Nato-Erweiterung näher an die russischen Grenzen heran zu verstärken.
Schweden: Die Nato-Debatte intensiviert sich
Die finnische Bekanntgabe erhöht nun den Druck auf Schweden, bald eine Entscheidung hinsichtlich einer Nato-Mitgliedschaft zu treffen. Am Freitag wird dort eine eigene sicherheitspolitische Analyse erwartet, am Sonntag wollen die regierenden Sozialdemokraten einen Beschluss zu ihrer eigenen Position in der Angelegenheit fällen. Am Dienstag und Mittwoch nächster Woche ist der finnische Präsident Sauli Niinistö schliesslich beim schwedischen König Carl XVI. Gustaf in Stockholm zu Besuch.
In der schwedischen Bevölkerung gab es zuletzt einen deutlichen Meinungsumschwung hin zu einem Nato-Beitritt. Dieselbe Entwicklung zeigte sich im Nachbarland Finnland: In einer Umfrage des finnischen Radiosenders Yle hatten sich zuletzt 76 Prozent der Befragten für eine Nato-Mitgliedschaft ausgesprochen.
EU: Ölembargo gegen Russland bis Jahresende
Die EU-Kommission hat den Mitgliedsländern wegen des russischen Angriffskriegs einen schrittweisen Importstopp für russisches Öl und Ölprodukte vorgeschlagen, der für die meisten Länder bis zum Jahresende in Kraft treten soll. In Verhandlungen, die nun seit einer Woche andauern, erzielten die EU-Länder noch keine Einigung über ein Ölembargo gegen Russland. Damit das Sanktionspaket umgesetzt werden kann, müssen alle Länder zustimmen. Doch einige Staaten könnten ausscheren (siehe unten).
Eine erste Reaktion gab es inzwischen aus Moskau: Russland hat gegen die Firma Gazprom Germania und andere ehemalige Tochterunternehmen seines staatlichen Gaskonzerns Sanktionen verhängt. Mit insgesamt 31 Firmen dürften keine Geschäfte mehr gemacht werden.
Ungarn: Blockade des EU-Sanktionspakets
Ungarn ist stark von russischem Öl abhängig und blockiert bisher einen Beschluss der EU-Staaten über ein Ölembargo, für den Einstimmigkeit notwendig wäre. «Die ungarische Regierung wird das Ölembargo unterstützen, wenn es uns nicht betrifft», erklärte Aussenminister Peter Szijjarto auf Facebook. Frankreich hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne und bemüht sich um einen Kompromiss zu neuen Sanktionen.
Ungarn fordert für sich deutlich längere Übergangsfristen und finanzielle Hilfen für die Umstellung der Versorgung. Konkret geht es um den Bau einer neuen Pipeline, über die Ungarn von Kroatien aus mit Öl versorgt werden soll. Als Kompromiss schlägt die Kommission vor, Ungarn und der Slowakei bis Ende 2024 sowie Tschechien bis Mitte 2024 Zeit einzuräumen, um den Importstopp für Öl vollständig umzusetzen.
Bulgarien: Ein Veto ist möglich
Auch Bulgarien fordert – als viertes Land neben Ungarn, der Slowakei und Tschechien – eine Ausnahme vom Ölembargo der EU. Andernfalls werde Bulgarien sein Veto einlegen, sagte der Vize-Ministerpräsident Assen Wassilew am Sonntagabend dem Sender BNT.
Eine Ausnahme sei notwendig, weil die bulgarische Raffinerie Burgas Zeit für die Ausweitung ihrer Entschwefelung benötige, sollte sie nur noch nicht-russisches Öl verarbeiten. Burgas ist die einzige Raffinerie in Bulgarien und die grösste auf dem Balkan. Die Hälfte des dort verarbeiteten Öls kommt derzeit noch aus Russland.
Mit Infomaterial von dpa und AFP