Kolumne am MittagIhr Vorgänger legte sich quer, nun aber ist sie Chefin im kaputten Paradies
Von Lukas Meyer
26.7.2021
Sie gewann die Wahl, doch ihr Vorgänger wollte nicht weichen: Nach einer monatelangen Blockade kann Fiame Naomi Mata'afa nun ihr Amt als Premierministerin von Samoa antreten.
Von Lukas Meyer
26.07.2021, 11:45
Lukas Meyer
Seit 1962 ist Samoa unabhängig. Nun hat das Land zum ersten Mal eine Frau an der Spitze der Regierung: Fiame Naomi Mata'afa kann ihr Amt antreten – endlich.
Die Wahl hatte bereits im April stattgefunden. Doch der amtierende Premierminister Tuilaepa Sailele Malielegaoi wollte das Wahlergebnis nicht anerkennen und blieb auf seinem Posten. Nun hat ein Gericht endgültig entschieden, dass Mata'afa die Wahl gewonnen hat.
Malielegaoi war seit 23 Jahren an der Macht – einer seiner Vorgänger war Mata'afa Mulinu'u II., der Vater von Fiame Naomi Mata'afa. Ihre Mutter war als Mitglied des samoanischen Parlaments ebenfalls in der Politik, und die Tochter stieg denn auch früh ein und übernahm den Sitz der Mutter. 1991 war Mata'afa die erste Ministerin des Landes und von 2016 bis 2020 stellvertretende Premierministerin.
Nach einem Streit mit Malielegaoi trat die heute 64-Jährige aus der seit 40 Jahren regierenden Human Rights Protection Party aus. Mit weiteren Abtrünnigen gründete Mata'afa die Partei Fa'atuatua i le Atua Samoa ua Tasi (FAST), was so viel bedeutet wie «Glaube an den einen Gott von Samoa».
Die Wahlen vom April 2021 gewann sie knapp, ihre Partei errang 26 der 51 Parlamentssitze. Als Mata'afa sich daraufhin im Mai vereidigen lassen wollte, warf Malielegaoi sie aus dem Parlament. Die Zeremonie wurde schliesslich im Garten vor dem Gebäude unter einem Zelt durchgeführt – ein Gericht entschied nun, dass das rechtmässig war.
Nach der monatelangen Blockade kann Mata'afa nun loslegen. Am Dienstag soll ihr Kabinett offiziell mit der Arbeit beginnen – sie erwartet eine reibungslose Übergabe durch die aus dem Amt scheidende Regierung. Das Parlament soll bei nächster Gelegenheit ein provisorisches Budget verabschieden.
Ein wichtiges Projekt ihres Vorgängers will sie auf Eis legen, wie «Swissinfo» berichtet: Mithilfe von China sollte ein grosser Hafen gebaut werden. Doch das 100-Millionen-Projekt sei unverhältnismässig für ein kleines Land, das bereits viele Schulden habe, vor allem bei China, findet Mata'afa.
Ein Videoporträt von Fiame Naomi Mata'afa.
Youtube/The Coconet TV
Samoa liegt mitten im Pazifik, zwischen Neuseeland und Hawaii. Der östliche Teil der Inseln gehört als Amerikanisch-Samoa zu den USA. Der westliche Teil war kurze Zeit eine deutsche Kolonie, danach wurde er von Neuseeland verwaltet, erst als Völkerbundmandat, später als Treuhandgebiet.
1962 erlangte Samoa als erstes Land in Polynesien die Unabhängigkeit und wurde bald Mitglied des Commonwealth – was sich etwa im Nationalsport zeigt: Rugby. Das Land mit 200'000 Einwohnern war seit 1991 bei allen Weltmeisterschaften dabei.
Neben der Landwirtschaft und Fischerei ist Tourismus wichtig für die Wirtschaft Samoas. Allerdings liegt die Arbeitslosenquote bei 60 bis 70 Prozent, und viele junge Samoaner verlassen das Land, um im Ausland zu arbeiten.
Nach Hilda Heine von den Marshallinseln ist Mata'afa erst die zweite Frau, die in der Pazifikregion eine Regierung anführt. «Sie war schon vorher ein grosses Vorbild für die Frauen in Samoa, und jetzt hat sie noch eine gläserne Decke durchbrochen», schätzt eine Expertin auf BBC ihre Leistung ein.
«Wir wollen dieses Land wieder zu diesem besonderen Ort machen, von dem unsere Vorfahren träumten, als sie vor fast 60 Jahren nach der Unabhängigkeit griffen», verspricht Mata'afa.
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.